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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

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des Nächsten.
Umstände deines Nächsten zu verbeßern, so ver-
dient der einfältige, aber treue und fleißige Tag-
löhner weit mehr Achtung denn du. Denn dieser
schaft doch etwas Gutes in der Welt und ist ein
brauchbares, nüzliches Glied der menschlichen Ge-
sellschaft, aber alle deine großen Einsichten sind ein
todtes Kapital, und für die übrige menschliche Ge-
sellschaft ist es eben so viel, als ob du gar nicht in
der Welt wärest, eben so gut, als wenn niemand
auf Erden deinen Nahmen wüste.

So unumgänglich nöthig ist es, daß wir
uns bemühen brauchbare, nützliche Menschen zu
seyn, wenn wir den Nahmen rechtschaffener Chri-
sten verdienen wollen. Und über diese Forderung
des Apostels, welche die Forderung der gesunden
Vernunft selbst ist, werden wir uns um so viel
weniger wundern, wenn wir bedenken, daß wir
durch nichts so sehr der Gottheit ähnlich werden,
als durch eifriges Bestreben die Glückseeligkeit und
das wahre Vergnügen anderer Menschen zu beför-
dern. Gutes thun, Geschöpfe glücklich machen,
ist dieienige Eigenschaft in Gott, die unter allen
seinen verehrungswürdigen Eigenschaften die lie-
benswürdigste ist. Gott ist die Liebe, das wohl-
thätigste Wesen, der alle seine Macht, Weisheit
und Güte anwendet, unzählbare Millionen Ge-
schöpfe glücklich zu machen. Ein iedes vernünftige
Geschöpfe, das ihm gefallen will, vom höchsten
Seraph bis zum niedrigsten Menschen muß diese
seine wohlthätigen, erhabenen Absichten befördern
helfen. Ein liebloser Mensch, der unthätig für
das Wohl seiner Mitbrüder ist, oder der wohl gar

andere
N

des Nächſten.
Umſtände deines Nächſten zu verbeßern, ſo ver-
dient der einfältige, aber treue und fleißige Tag-
löhner weit mehr Achtung denn du. Denn dieſer
ſchaft doch etwas Gutes in der Welt und iſt ein
brauchbares, nüzliches Glied der menſchlichen Ge-
ſellſchaft, aber alle deine großen Einſichten ſind ein
todtes Kapital, und für die übrige menſchliche Ge-
ſellſchaft iſt es eben ſo viel, als ob du gar nicht in
der Welt wäreſt, eben ſo gut, als wenn niemand
auf Erden deinen Nahmen wüſte.

So unumgänglich nöthig iſt es, daß wir
uns bemühen brauchbare, nützliche Menſchen zu
ſeyn, wenn wir den Nahmen rechtſchaffener Chri-
ſten verdienen wollen. Und über dieſe Forderung
des Apoſtels, welche die Forderung der geſunden
Vernunft ſelbſt iſt, werden wir uns um ſo viel
weniger wundern, wenn wir bedenken, daß wir
durch nichts ſo ſehr der Gottheit ähnlich werden,
als durch eifriges Beſtreben die Glückſeeligkeit und
das wahre Vergnügen anderer Menſchen zu beför-
dern. Gutes thun, Geſchöpfe glücklich machen,
iſt dieienige Eigenſchaft in Gott, die unter allen
ſeinen verehrungswürdigen Eigenſchaften die lie-
benswürdigſte iſt. Gott iſt die Liebe, das wohl-
thätigſte Weſen, der alle ſeine Macht, Weisheit
und Güte anwendet, unzählbare Millionen Ge-
ſchöpfe glücklich zu machen. Ein iedes vernünftige
Geſchöpfe, das ihm gefallen will, vom höchſten
Seraph bis zum niedrigſten Menſchen muß dieſe
ſeine wohlthätigen, erhabenen Abſichten befördern
helfen. Ein liebloſer Menſch, der unthätig für
das Wohl ſeiner Mitbrüder iſt, oder der wohl gar

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[193/0205] des Nächſten. Umſtände deines Nächſten zu verbeßern, ſo ver- dient der einfältige, aber treue und fleißige Tag- löhner weit mehr Achtung denn du. Denn dieſer ſchaft doch etwas Gutes in der Welt und iſt ein brauchbares, nüzliches Glied der menſchlichen Ge- ſellſchaft, aber alle deine großen Einſichten ſind ein todtes Kapital, und für die übrige menſchliche Ge- ſellſchaft iſt es eben ſo viel, als ob du gar nicht in der Welt wäreſt, eben ſo gut, als wenn niemand auf Erden deinen Nahmen wüſte. So unumgänglich nöthig iſt es, daß wir uns bemühen brauchbare, nützliche Menſchen zu ſeyn, wenn wir den Nahmen rechtſchaffener Chri- ſten verdienen wollen. Und über dieſe Forderung des Apoſtels, welche die Forderung der geſunden Vernunft ſelbſt iſt, werden wir uns um ſo viel weniger wundern, wenn wir bedenken, daß wir durch nichts ſo ſehr der Gottheit ähnlich werden, als durch eifriges Beſtreben die Glückſeeligkeit und das wahre Vergnügen anderer Menſchen zu beför- dern. Gutes thun, Geſchöpfe glücklich machen, iſt dieienige Eigenſchaft in Gott, die unter allen ſeinen verehrungswürdigen Eigenſchaften die lie- benswürdigſte iſt. Gott iſt die Liebe, das wohl- thätigſte Weſen, der alle ſeine Macht, Weisheit und Güte anwendet, unzählbare Millionen Ge- ſchöpfe glücklich zu machen. Ein iedes vernünftige Geſchöpfe, das ihm gefallen will, vom höchſten Seraph bis zum niedrigſten Menſchen muß dieſe ſeine wohlthätigen, erhabenen Abſichten befördern helfen. Ein liebloſer Menſch, der unthätig für das Wohl ſeiner Mitbrüder iſt, oder der wohl gar andere N

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Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/205>, abgerufen am 24.11.2024.