Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Eilfte Betr. Von der wahren Liebe Sorgen, ganz ungehindert das Lob seines Gottesverherrlichen, von dem großen, unermäßlichen Plan des göttlichen Reiches nach und nach immer mehr verstehen, und bey einem ieden neuen Zu- wachs von Erkenntnis ein neues Vergnügen em- pfinden wird. Wenn er auch Leiden und Wider- wärtigkeiten erdulten muß, so wird dennoch dadurch seine Liebe gegen Gott nicht geschwächt. Muste doch, (so denkt er) muste doch mein Erlöser ähn- liche und noch weit schmerzhaftere Leiden, als die meinigen sind, erdulten. Nun ist er längst in sei- ne ewige Herrlichkeit eingegangen, und er will auch mich einstens an dieser seiner Freude Theil nehmen laßen. Wie sollte ich nicht alle Widerwärtigkeiten auf Erden, und den Tod selbst, mit Freuden er- dulten, da mir die glänzende Ehre zu Theil wer- den soll, unter den glücklichen Bürgern seines Reichs eine Stelle zu erhalten? Sterben wir mit, so werden wir mit leben; dulten wir mit, so wer- den wir mit herrschen. 2 Tim. 2, 11. 12. Glück- seelig, wer in seinem Gewißen überzeugt ist, daß er mit guter Hofnung und Freude ienem großen Weltgerichte entgegen sehen kan! Diese Beruhi- gung ist weit mehr werth, als die Schätze einer ganzen Welt. Aber ist es nicht möglich, daß man ängstliche da
Eilfte Betr. Von der wahren Liebe Sorgen, ganz ungehindert das Lob ſeines Gottesverherrlichen, von dem großen, unermäßlichen Plan des göttlichen Reiches nach und nach immer mehr verſtehen, und bey einem ieden neuen Zu- wachs von Erkenntnis ein neues Vergnügen em- pfinden wird. Wenn er auch Leiden und Wider- wärtigkeiten erdulten muß, ſo wird dennoch dadurch ſeine Liebe gegen Gott nicht geſchwächt. Muſte doch, (ſo denkt er) muſte doch mein Erlöſer ähn- liche und noch weit ſchmerzhaftere Leiden, als die meinigen ſind, erdulten. Nun iſt er längſt in ſei- ne ewige Herrlichkeit eingegangen, und er will auch mich einſtens an dieſer ſeiner Freude Theil nehmen laßen. Wie ſollte ich nicht alle Widerwärtigkeiten auf Erden, und den Tod ſelbſt, mit Freuden er- dulten, da mir die glänzende Ehre zu Theil wer- den ſoll, unter den glücklichen Bürgern ſeines Reichs eine Stelle zu erhalten? Sterben wir mit, ſo werden wir mit leben; dulten wir mit, ſo wer- den wir mit herrſchen. 2 Tim. 2, 11. 12. Glück- ſeelig, wer in ſeinem Gewißen überzeugt iſt, daß er mit guter Hofnung und Freude ienem großen Weltgerichte entgegen ſehen kan! Dieſe Beruhi- gung iſt weit mehr werth, als die Schätze einer ganzen Welt. Aber iſt es nicht möglich, daß man ängſtliche da
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Eilfte Betr. Von der wahren Liebe
Sorgen, ganz ungehindert das Lob ſeines Gottes
verherrlichen, von dem großen, unermäßlichen
Plan des göttlichen Reiches nach und nach immer
mehr verſtehen, und bey einem ieden neuen Zu-
wachs von Erkenntnis ein neues Vergnügen em-
pfinden wird. Wenn er auch Leiden und Wider-
wärtigkeiten erdulten muß, ſo wird dennoch dadurch
ſeine Liebe gegen Gott nicht geſchwächt. Muſte
doch, (ſo denkt er) muſte doch mein Erlöſer ähn-
liche und noch weit ſchmerzhaftere Leiden, als die
meinigen ſind, erdulten. Nun iſt er längſt in ſei-
ne ewige Herrlichkeit eingegangen, und er will auch
mich einſtens an dieſer ſeiner Freude Theil nehmen
laßen. Wie ſollte ich nicht alle Widerwärtigkeiten
auf Erden, und den Tod ſelbſt, mit Freuden er-
dulten, da mir die glänzende Ehre zu Theil wer-
den ſoll, unter den glücklichen Bürgern ſeines Reichs
eine Stelle zu erhalten? Sterben wir mit, ſo
werden wir mit leben; dulten wir mit, ſo wer-
den wir mit herrſchen. 2 Tim. 2, 11. 12. Glück-
ſeelig, wer in ſeinem Gewißen überzeugt iſt, daß
er mit guter Hofnung und Freude ienem großen
Weltgerichte entgegen ſehen kan! Dieſe Beruhi-
gung iſt weit mehr werth, als die Schätze einer
ganzen Welt.
Aber iſt es nicht möglich, daß man ängſtliche
Furcht vor Gott, und dennoch auch aufrichtige
Liebe zu ihm haben kan? Nein, ſagt Johannes,
beydes kan unmöglich mit einander beſtehen. Man
muß nur merken, daß der Apoſtel nicht von derie-
nigen Hochachtung und Ehrfurcht redet, da man
ſich vor der erhabenen Maieſtät Gottes demüthiget;
da
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