Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Neunte Betr. Jesus Christus der gröste striren wir, was uns morgen nicht mehr gefällt,und wovon wir vielleicht das Gegentheil mit eben so viel Gewißheit behaupten zu können, uns ein- bilden. Und gleichwohl -- muß uns so äußerst viel daran gelegen seyn, mit vollkommenster Ueber- zeugung zu wißen, daß Gott ganz gewiß auf unse- re Wohlfarth bedacht ist, daß er uns nach dem Tode dieses Leibes nicht in unser erstes nichts ver- wandeln, daß er uns vielmehr ewig, ewig glück- lich machen werde. Das ist unser gröster Trost auf Erden. Wären diese und andere dergleichen Wahrheiten noch zweifelhaft, so würde mir oft das Leben zur Last, die Welt eine Hölle werden. Sind sie aber gewiß, so stürme alles auf mich los; mein Muth wird unerschüttert bleiben: denn ein- mahl muß mir es noch wohl ergehen, wenn ich mich nicht selbst elend mache, und mein ewiges Glück verscherze. Aber ist denn auch das alles ge- wiß, was man von Himmel und Seeligkeit zu sa- gen pflegt? Ja, so gewiß ist es, als Jesus ge- storben und auferstanden ist. Jesus hat es gesagt, und das gilt bey mir mehr, als wenn alle Weise auf Erden, mir das Gegentheil demonstriren woll- ten. Auf ihn kan ich mich verlaßen, weil er alles, was er lehrte, so vollkommen genau und zuversicht- lich wuste, als wir die Dinge erkennen, die wir vor unsern Augen sehen. Er war von Ewigkeit her bey Gott, seinem Vater, als sein gebohrner Sohn, der selbst an dem einzigen, allerhöchsten göttlichen Wesen Antheil hat, war in des Vaters Schoos, sein Vertrautester, dem alle Geheimniße und Rathschlüße der Gottheit auf das vollkommen- ste
Neunte Betr. Jeſus Chriſtus der gröſte ſtriren wir, was uns morgen nicht mehr gefällt,und wovon wir vielleicht das Gegentheil mit eben ſo viel Gewißheit behaupten zu können, uns ein- bilden. Und gleichwohl — muß uns ſo äußerſt viel daran gelegen ſeyn, mit vollkommenſter Ueber- zeugung zu wißen, daß Gott ganz gewiß auf unſe- re Wohlfarth bedacht iſt, daß er uns nach dem Tode dieſes Leibes nicht in unſer erſtes nichts ver- wandeln, daß er uns vielmehr ewig, ewig glück- lich machen werde. Das iſt unſer gröſter Troſt auf Erden. Wären dieſe und andere dergleichen Wahrheiten noch zweifelhaft, ſo würde mir oft das Leben zur Laſt, die Welt eine Hölle werden. Sind ſie aber gewiß, ſo ſtürme alles auf mich los; mein Muth wird unerſchüttert bleiben: denn ein- mahl muß mir es noch wohl ergehen, wenn ich mich nicht ſelbſt elend mache, und mein ewiges Glück verſcherze. Aber iſt denn auch das alles ge- wiß, was man von Himmel und Seeligkeit zu ſa- gen pflegt? Ja, ſo gewiß iſt es, als Jeſus ge- ſtorben und auferſtanden iſt. Jeſus hat es geſagt, und das gilt bey mir mehr, als wenn alle Weiſe auf Erden, mir das Gegentheil demonſtriren woll- ten. Auf ihn kan ich mich verlaßen, weil er alles, was er lehrte, ſo vollkommen genau und zuverſicht- lich wuſte, als wir die Dinge erkennen, die wir vor unſern Augen ſehen. Er war von Ewigkeit her bey Gott, ſeinem Vater, als ſein gebohrner Sohn, der ſelbſt an dem einzigen, allerhöchſten göttlichen Weſen Antheil hat, war in des Vaters Schoos, ſein Vertrauteſter, dem alle Geheimniße und Rathſchlüße der Gottheit auf das vollkommen- ſte
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Neunte Betr. Jeſus Chriſtus der gröſte
ſtriren wir, was uns morgen nicht mehr gefällt,
und wovon wir vielleicht das Gegentheil mit eben
ſo viel Gewißheit behaupten zu können, uns ein-
bilden. Und gleichwohl — muß uns ſo äußerſt
viel daran gelegen ſeyn, mit vollkommenſter Ueber-
zeugung zu wißen, daß Gott ganz gewiß auf unſe-
re Wohlfarth bedacht iſt, daß er uns nach dem
Tode dieſes Leibes nicht in unſer erſtes nichts ver-
wandeln, daß er uns vielmehr ewig, ewig glück-
lich machen werde. Das iſt unſer gröſter Troſt
auf Erden. Wären dieſe und andere dergleichen
Wahrheiten noch zweifelhaft, ſo würde mir oft
das Leben zur Laſt, die Welt eine Hölle werden.
Sind ſie aber gewiß, ſo ſtürme alles auf mich los;
mein Muth wird unerſchüttert bleiben: denn ein-
mahl muß mir es noch wohl ergehen, wenn ich
mich nicht ſelbſt elend mache, und mein ewiges
Glück verſcherze. Aber iſt denn auch das alles ge-
wiß, was man von Himmel und Seeligkeit zu ſa-
gen pflegt? Ja, ſo gewiß iſt es, als Jeſus ge-
ſtorben und auferſtanden iſt. Jeſus hat es geſagt,
und das gilt bey mir mehr, als wenn alle Weiſe
auf Erden, mir das Gegentheil demonſtriren woll-
ten. Auf ihn kan ich mich verlaßen, weil er alles,
was er lehrte, ſo vollkommen genau und zuverſicht-
lich wuſte, als wir die Dinge erkennen, die wir
vor unſern Augen ſehen. Er war von Ewigkeit
her bey Gott, ſeinem Vater, als ſein gebohrner
Sohn, der ſelbſt an dem einzigen, allerhöchſten
göttlichen Weſen Antheil hat, war in des Vaters
Schoos, ſein Vertrauteſter, dem alle Geheimniße
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Zitationshilfe: | Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/142>, abgerufen am 18.07.2024. |