Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Siebene Betr. Von JEsu Christo Prophet? Welch eine ansehnliche Person stellt nichtder Hohepriester vor? Und welche Pracht bey dem öffentlichen Gottesdienste? Alle diese glänzen- den Anstalten vermißen wir bey der christlichen Re- ligion. Hier ist kein prächtiger Tempel, wie der zu Jerusalem, kein Priesterthum, keine Opfer. Der Stifter selbst, Jesus Christus, lebte in Dürftigkeit und Niedrigkeit auf Erden, und mu- ste sogar öffentlich eines schimpflichen Todes ster- ben. Wie sollten wir denn unsere väterliche iüdi- sche Religion mit einer andern vertauschen, die ie- ner in allem Betracht so weit nachstehen muß? So dachten diese Leute, wie aus dem Innhalt des Briefes deutlich zu schließen ist. Und in diesen Vorstellungen wurden sie nicht nur von ihren ehe- maligen Glaubensgenoßen, den unglaubigen Juden bevestiget, sondern sie wurden auch durch Verfol- gungen von allerhand Art noch geneigter zum Ab- fall vom Christenthum gemacht. Der Apostel widerlegt diese irrigen Vorurthei- an-
Siebene Betr. Von JEſu Chriſto Prophet? Welch eine anſehnliche Perſon ſtellt nichtder Hoheprieſter vor? Und welche Pracht bey dem öffentlichen Gottesdienſte? Alle dieſe glänzen- den Anſtalten vermißen wir bey der chriſtlichen Re- ligion. Hier iſt kein prächtiger Tempel, wie der zu Jeruſalem, kein Prieſterthum, keine Opfer. Der Stifter ſelbſt, Jeſus Chriſtus, lebte in Dürftigkeit und Niedrigkeit auf Erden, und mu- ſte ſogar öffentlich eines ſchimpflichen Todes ſter- ben. Wie ſollten wir denn unſere väterliche iüdi- ſche Religion mit einer andern vertauſchen, die ie- ner in allem Betracht ſo weit nachſtehen muß? So dachten dieſe Leute, wie aus dem Innhalt des Briefes deutlich zu ſchließen iſt. Und in dieſen Vorſtellungen wurden ſie nicht nur von ihren ehe- maligen Glaubensgenoßen, den unglaubigen Juden beveſtiget, ſondern ſie wurden auch durch Verfol- gungen von allerhand Art noch geneigter zum Ab- fall vom Chriſtenthum gemacht. Der Apoſtel widerlegt dieſe irrigen Vorurthei- an-
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Siebene Betr. Von JEſu Chriſto
Prophet? Welch eine anſehnliche Perſon ſtellt nicht
der Hoheprieſter vor? Und welche Pracht bey
dem öffentlichen Gottesdienſte? Alle dieſe glänzen-
den Anſtalten vermißen wir bey der chriſtlichen Re-
ligion. Hier iſt kein prächtiger Tempel, wie der
zu Jeruſalem, kein Prieſterthum, keine Opfer.
Der Stifter ſelbſt, Jeſus Chriſtus, lebte in
Dürftigkeit und Niedrigkeit auf Erden, und mu-
ſte ſogar öffentlich eines ſchimpflichen Todes ſter-
ben. Wie ſollten wir denn unſere väterliche iüdi-
ſche Religion mit einer andern vertauſchen, die ie-
ner in allem Betracht ſo weit nachſtehen muß?
So dachten dieſe Leute, wie aus dem Innhalt des
Briefes deutlich zu ſchließen iſt. Und in dieſen
Vorſtellungen wurden ſie nicht nur von ihren ehe-
maligen Glaubensgenoßen, den unglaubigen Juden
beveſtiget, ſondern ſie wurden auch durch Verfol-
gungen von allerhand Art noch geneigter zum Ab-
fall vom Chriſtenthum gemacht.
Der Apoſtel widerlegt dieſe irrigen Vorurthei-
le mit den ſtärkſten Gründen. Er zeigt in dieſem
ganzen Brief, daß Jeſus Chriſtus, der Stifter
der chriſtlichen Religion über alle dieienigen Per-
ſonen, von welchen ſich der Jude eine ſo prächtige
Vorſtellung machte, unendlich erhaben ſey; daß er
allen Glanz der Engel, alle Wunder Moſis, und
alle Vorzüge der iüdiſchen Prieſter und Hohenprie-
ſter augenſcheinlich übertreffe. Inſonderheit be-
weißt er Kap. 1. ausführlich, daß Chriſtus weit
höher als alle Engel, ia ſo gar ihr Herr und
Schöpfer ſey, ſo wie die ganze Welt durch ihn ge-
macht iſt. Da es ihnen aber noch immer hätte
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