Wenden wir uns nach Beseitigung dieser Vorfragen zur Entwickelung der Eintheilung des Begriffs des Häßlichen, so haben wir oben schon die Stelle, die er in der Metaphysik des Schönen einnimmt, im Allgemeinen angegeben. Wir haben gesagt, daß er zwischen dem Begriff des Schönen an sich und dem des Komischen die negative Mitte ausmache. Diese Stellung weicht von derjenigen ab, welche das Häßliche gar nicht als ein besonderes Moment der Idee des Schönen, sondern nur als eine untergeordnete Nebenbestimmung theils des Erhabenen in der Form des Furchtbaren und Gräßlichen, theils des Komischen in der Form des Possirlichen und Niedrig¬ komischen behandelt. Viele der heutigen Aesthetiker nämlich nehmen das Komische als den Gegensatz des Erhabenen und wollen das Absolutschöne als die Einheit des Erhabenen und Komischen betrachtet wissen. Das Komische aber steht nicht blos dem Erhabenen, es steht dem einfach Schönen überhaupt entgegen oder richtiger vielmehr, es steht ihnen nicht ent¬ gegen, sondern es ist die Aufheiterung des Häßlichen in's Schöne. Das Häßliche steht dem Schönen entgegen; es widerspricht ihm, während das Komische zugleich schön sein kann, schön nicht im Sinn des einfachen, positiv Schönen, wohl aber im Sinn der ästhetischen Harmonie, der Rückkehr aus dem Widerspruch in die Einheit. Im Komischen ist ein Häßliches als Negation des Schönen mitgesetzt, die es jedoch wiederum negirt. Ohne einen Widerspruch, der durch einen Schein aufgelöst wird, weil er selber nur ein Schein ist, kann das Komische nicht gedacht werden. Aristoteles und nach ihm Cicero habe diesen Zusammenhang bereits so auf¬ gefaßt (16). Der Begriff des Erhabenen ist auch nicht von
Eintheilung.
Wenden wir uns nach Beſeitigung dieſer Vorfragen zur Entwickelung der Eintheilung des Begriffs des Häßlichen, ſo haben wir oben ſchon die Stelle, die er in der Metaphyſik des Schönen einnimmt, im Allgemeinen angegeben. Wir haben geſagt, daß er zwiſchen dem Begriff des Schönen an ſich und dem des Komiſchen die negative Mitte ausmache. Dieſe Stellung weicht von derjenigen ab, welche das Häßliche gar nicht als ein beſonderes Moment der Idee des Schönen, ſondern nur als eine untergeordnete Nebenbeſtimmung theils des Erhabenen in der Form des Furchtbaren und Gräßlichen, theils des Komiſchen in der Form des Poſſirlichen und Niedrig¬ komiſchen behandelt. Viele der heutigen Aeſthetiker nämlich nehmen das Komiſche als den Gegenſatz des Erhabenen und wollen das Abſolutſchöne als die Einheit des Erhabenen und Komiſchen betrachtet wiſſen. Das Komiſche aber ſteht nicht blos dem Erhabenen, es ſteht dem einfach Schönen überhaupt entgegen oder richtiger vielmehr, es ſteht ihnen nicht ent¬ gegen, ſondern es iſt die Aufheiterung des Häßlichen in's Schöne. Das Häßliche ſteht dem Schönen entgegen; es widerſpricht ihm, während das Komiſche zugleich ſchön ſein kann, ſchön nicht im Sinn des einfachen, poſitiv Schönen, wohl aber im Sinn der äſthetiſchen Harmonie, der Rückkehr aus dem Widerſpruch in die Einheit. Im Komiſchen iſt ein Häßliches als Negation des Schönen mitgeſetzt, die es jedoch wiederum negirt. Ohne einen Widerſpruch, der durch einen Schein aufgelöſt wird, weil er ſelber nur ein Schein iſt, kann das Komiſche nicht gedacht werden. Ariſtoteles und nach ihm Cicero habe dieſen Zuſammenhang bereits ſo auf¬ gefaßt (16). Der Begriff des Erhabenen iſt auch nicht von
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0075"n="53"/></div><divn="2"><head><hirendition="#b">Eintheilung.</hi><lb/></head><p>Wenden wir uns nach Beſeitigung dieſer Vorfragen<lb/>
zur Entwickelung der Eintheilung des Begriffs des Häßlichen,<lb/>ſo haben wir oben ſchon die Stelle, die er in der Metaphyſik<lb/>
des Schönen einnimmt, im Allgemeinen angegeben. Wir<lb/>
haben geſagt, daß er zwiſchen dem Begriff des Schönen an<lb/>ſich und dem des Komiſchen die negative Mitte ausmache.<lb/>
Dieſe Stellung weicht von derjenigen ab, welche das Häßliche<lb/>
gar nicht als ein beſonderes Moment der Idee des Schönen,<lb/>ſondern nur als eine untergeordnete Nebenbeſtimmung theils<lb/>
des Erhabenen in der Form des Furchtbaren und Gräßlichen,<lb/>
theils des Komiſchen in der Form des Poſſirlichen und Niedrig¬<lb/>
komiſchen behandelt. Viele der heutigen Aeſthetiker nämlich<lb/>
nehmen das Komiſche als den Gegenſatz des Erhabenen und<lb/>
wollen das Abſolutſchöne als die Einheit des Erhabenen und<lb/>
Komiſchen betrachtet wiſſen. Das Komiſche aber ſteht nicht<lb/>
blos dem Erhabenen, es ſteht dem einfach Schönen überhaupt<lb/>
entgegen oder richtiger vielmehr, es ſteht ihnen nicht ent¬<lb/>
gegen, ſondern es iſt die Aufheiterung des Häßlichen in's<lb/>
Schöne. Das Häßliche ſteht dem Schönen entgegen; es<lb/>
widerſpricht ihm, während das Komiſche zugleich ſchön ſein<lb/>
kann, ſchön nicht im Sinn des einfachen, poſitiv Schönen,<lb/>
wohl aber im Sinn der äſthetiſchen Harmonie, der Rückkehr<lb/>
aus dem Widerſpruch in die Einheit. Im Komiſchen iſt ein<lb/>
Häßliches als Negation des Schönen mitgeſetzt, die es jedoch<lb/>
wiederum negirt. Ohne einen Widerſpruch, der durch einen<lb/>
Schein aufgelöſt wird, weil er ſelber nur ein Schein iſt,<lb/>
kann das Komiſche nicht gedacht werden. <hirendition="#g">Ariſtoteles</hi> und<lb/>
nach ihm <hirendition="#g">Cicero</hi> habe dieſen Zuſammenhang bereits ſo auf¬<lb/>
gefaßt (16). Der Begriff des Erhabenen iſt auch nicht von<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[53/0075]
Eintheilung.
Wenden wir uns nach Beſeitigung dieſer Vorfragen
zur Entwickelung der Eintheilung des Begriffs des Häßlichen,
ſo haben wir oben ſchon die Stelle, die er in der Metaphyſik
des Schönen einnimmt, im Allgemeinen angegeben. Wir
haben geſagt, daß er zwiſchen dem Begriff des Schönen an
ſich und dem des Komiſchen die negative Mitte ausmache.
Dieſe Stellung weicht von derjenigen ab, welche das Häßliche
gar nicht als ein beſonderes Moment der Idee des Schönen,
ſondern nur als eine untergeordnete Nebenbeſtimmung theils
des Erhabenen in der Form des Furchtbaren und Gräßlichen,
theils des Komiſchen in der Form des Poſſirlichen und Niedrig¬
komiſchen behandelt. Viele der heutigen Aeſthetiker nämlich
nehmen das Komiſche als den Gegenſatz des Erhabenen und
wollen das Abſolutſchöne als die Einheit des Erhabenen und
Komiſchen betrachtet wiſſen. Das Komiſche aber ſteht nicht
blos dem Erhabenen, es ſteht dem einfach Schönen überhaupt
entgegen oder richtiger vielmehr, es ſteht ihnen nicht ent¬
gegen, ſondern es iſt die Aufheiterung des Häßlichen in's
Schöne. Das Häßliche ſteht dem Schönen entgegen; es
widerſpricht ihm, während das Komiſche zugleich ſchön ſein
kann, ſchön nicht im Sinn des einfachen, poſitiv Schönen,
wohl aber im Sinn der äſthetiſchen Harmonie, der Rückkehr
aus dem Widerſpruch in die Einheit. Im Komiſchen iſt ein
Häßliches als Negation des Schönen mitgeſetzt, die es jedoch
wiederum negirt. Ohne einen Widerſpruch, der durch einen
Schein aufgelöſt wird, weil er ſelber nur ein Schein iſt,
kann das Komiſche nicht gedacht werden. Ariſtoteles und
nach ihm Cicero habe dieſen Zuſammenhang bereits ſo auf¬
gefaßt (16). Der Begriff des Erhabenen iſt auch nicht von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/75>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.