Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

wenn er die Charakteristik der verschiedenen Nationen durch
Einmischung ihrer gewöhnlichsten Phrasen outrirt. Aber die
Sprachmengerei wird komisch, sobald sie einen innern Wider¬
spruch auszudrücken dient, wie in des Gryphius Horri¬
biliscribrifrax
, oder sobald sie den lächerlichen Versuch
macht, aus zwei Sprachen eine ganz neue selbstständige
andere willkürlich erschaffen zu wollen, wie dies im soge¬
nannten Macaronischen geschehen ist (34). Aber eben
dies zeigt, in seiner Geschichte, daß es nur da mit rechtem
Glück hervorgebracht werden kann, wo die Sprachen eine
gewisse Verwandschaft haben, wie die Italienische mit der
Lateinischen. Aus diesem Grunde ist es, daß Theophilo
Folengo
immer der größte Macoronische Dichter bleiben
wird. -- Die Sprachmengerei der Epistolae obscurorum
virorum
ist nicht Macaronisch, sondern eigentlich nur,
was man einen Germanismus im Lateinischen zu nennen
pflegt, vulgo Küchenlatein.


11 *

wenn er die Charakteriſtik der verſchiedenen Nationen durch
Einmiſchung ihrer gewöhnlichſten Phraſen outrirt. Aber die
Sprachmengerei wird komiſch, ſobald ſie einen innern Wider¬
ſpruch auszudrücken dient, wie in des Gryphius Horri¬
biliſcribrifrax
, oder ſobald ſie den lächerlichen Verſuch
macht, aus zwei Sprachen eine ganz neue ſelbſtſtändige
andere willkürlich erſchaffen zu wollen, wie dies im ſoge¬
nannten Macaroniſchen geſchehen iſt (34). Aber eben
dies zeigt, in ſeiner Geſchichte, daß es nur da mit rechtem
Glück hervorgebracht werden kann, wo die Sprachen eine
gewiſſe Verwandſchaft haben, wie die Italieniſche mit der
Lateiniſchen. Aus dieſem Grunde iſt es, daß Theophilo
Folengo
immer der größte Macoroniſche Dichter bleiben
wird. — Die Sprachmengerei der Epiſtolae obscurorum
virorum
iſt nicht Macaroniſch, ſondern eigentlich nur,
was man einen Germanismus im Lateiniſchen zu nennen
pflegt, vulgo Küchenlatein.


11 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0185" n="163"/>
wenn er die Charakteri&#x017F;tik der ver&#x017F;chiedenen Nationen durch<lb/>
Einmi&#x017F;chung ihrer gewöhnlich&#x017F;ten Phra&#x017F;en outrirt. Aber die<lb/>
Sprachmengerei wird komi&#x017F;ch, &#x017F;obald &#x017F;ie einen innern Wider¬<lb/>
&#x017F;pruch auszudrücken dient, wie in des <hi rendition="#g">Gryphius Horri¬<lb/>
bili&#x017F;cribrifrax</hi>, oder &#x017F;obald &#x017F;ie den lächerlichen Ver&#x017F;uch<lb/>
macht, aus zwei Sprachen eine ganz neue &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;tändige<lb/>
andere willkürlich er&#x017F;chaffen zu wollen, wie dies im &#x017F;oge¬<lb/>
nannten <hi rendition="#g">Macaroni&#x017F;chen</hi> ge&#x017F;chehen i&#x017F;t (34). Aber eben<lb/>
dies zeigt, in &#x017F;einer Ge&#x017F;chichte, daß es nur da mit rechtem<lb/>
Glück hervorgebracht werden kann, wo die Sprachen eine<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Verwand&#x017F;chaft haben, wie die Italieni&#x017F;che mit der<lb/>
Lateini&#x017F;chen. Aus die&#x017F;em Grunde i&#x017F;t es, daß <hi rendition="#g">Theophilo<lb/>
Folengo</hi> immer der größte Macoroni&#x017F;che Dichter bleiben<lb/>
wird. &#x2014; Die Sprachmengerei der <hi rendition="#aq">Epi&#x017F;tolae obscurorum<lb/>
virorum</hi> i&#x017F;t nicht Macaroni&#x017F;ch, &#x017F;ondern eigentlich nur,<lb/>
was man einen Germanismus im Lateini&#x017F;chen zu nennen<lb/>
pflegt, <hi rendition="#aq">vulgo</hi> Küchenlatein.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <fw place="bottom" type="sig">11 *<lb/></fw>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0185] wenn er die Charakteriſtik der verſchiedenen Nationen durch Einmiſchung ihrer gewöhnlichſten Phraſen outrirt. Aber die Sprachmengerei wird komiſch, ſobald ſie einen innern Wider¬ ſpruch auszudrücken dient, wie in des Gryphius Horri¬ biliſcribrifrax, oder ſobald ſie den lächerlichen Verſuch macht, aus zwei Sprachen eine ganz neue ſelbſtſtändige andere willkürlich erſchaffen zu wollen, wie dies im ſoge¬ nannten Macaroniſchen geſchehen iſt (34). Aber eben dies zeigt, in ſeiner Geſchichte, daß es nur da mit rechtem Glück hervorgebracht werden kann, wo die Sprachen eine gewiſſe Verwandſchaft haben, wie die Italieniſche mit der Lateiniſchen. Aus dieſem Grunde iſt es, daß Theophilo Folengo immer der größte Macoroniſche Dichter bleiben wird. — Die Sprachmengerei der Epiſtolae obscurorum virorum iſt nicht Macaroniſch, ſondern eigentlich nur, was man einen Germanismus im Lateiniſchen zu nennen pflegt, vulgo Küchenlatein. 11 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/185
Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/185>, abgerufen am 24.11.2024.