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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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Metamorphosen aus. Es ist versucht worden, zu zeigen,
wie das Häßliche an dem Schönen seine positive Vor¬
aussetzung hat, dasselbe verzerrt, statt des Erhabenen
das Gemeine, statt des Gefälligen das Widrige, statt
des Ideales die Caricatur erzeugt. Alle Künste und
alle Epochen der Kunst bei den verschiedensten Völkern
sind hierbei herangezogen, die Entwicklung der Begriffe
durch passende Beispiele zu erläutern, die auch noch für
künftige Bearbeiter dieses schwierigen Theils der Aesthetik
Stoff und Anhaltspuncte darbieten werden. Ich hoffe,
mit dieser Arbeit, deren Unvollkommenheiten ich selber
am Besten zu kennen glaube, einem bisher sehr fühl¬
baren Mangel abzuhelfen, da der Begriff des Häßlichen
bisher nur theils zerstreut und nebenbei, theils in einer
großen Allgemeinheit abgehandelt worden ist, welche
ihn bereits in Gefahr brachte, in sehr einseitigen Be¬
stimmungen fixirt zu werden.

Wenn der wohlwollende Leser, der sich wirklich
unterrichten will, dies Alles nun auch zugibt, soll,
könnte man fragen, ein so unangenehmer, abscheulicher
Gegenstand so gründlich untersucht werden? Unzweifel¬
haft, denn die Wissenschaft hat einmal seit einiger Zeit
dies Problem immer von Neuem berührt und so verlangt

Metamorphoſen aus. Es iſt verſucht worden, zu zeigen,
wie das Häßliche an dem Schönen ſeine poſitive Vor¬
ausſetzung hat, daſſelbe verzerrt, ſtatt des Erhabenen
das Gemeine, ſtatt des Gefälligen das Widrige, ſtatt
des Ideales die Caricatur erzeugt. Alle Künſte und
alle Epochen der Kunſt bei den verſchiedenſten Völkern
ſind hierbei herangezogen, die Entwicklung der Begriffe
durch paſſende Beiſpiele zu erläutern, die auch noch für
künftige Bearbeiter dieſes ſchwierigen Theils der Aeſthetik
Stoff und Anhaltspuncte darbieten werden. Ich hoffe,
mit dieſer Arbeit, deren Unvollkommenheiten ich ſelber
am Beſten zu kennen glaube, einem bisher ſehr fühl¬
baren Mangel abzuhelfen, da der Begriff des Häßlichen
bisher nur theils zerſtreut und nebenbei, theils in einer
großen Allgemeinheit abgehandelt worden iſt, welche
ihn bereits in Gefahr brachte, in ſehr einſeitigen Be¬
ſtimmungen fixirt zu werden.

Wenn der wohlwollende Leſer, der ſich wirklich
unterrichten will, dies Alles nun auch zugibt, ſoll,
könnte man fragen, ein ſo unangenehmer, abſcheulicher
Gegenſtand ſo gründlich unterſucht werden? Unzweifel¬
haft, denn die Wiſſenſchaft hat einmal ſeit einiger Zeit
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[V/0013] Metamorphoſen aus. Es iſt verſucht worden, zu zeigen, wie das Häßliche an dem Schönen ſeine poſitive Vor¬ ausſetzung hat, daſſelbe verzerrt, ſtatt des Erhabenen das Gemeine, ſtatt des Gefälligen das Widrige, ſtatt des Ideales die Caricatur erzeugt. Alle Künſte und alle Epochen der Kunſt bei den verſchiedenſten Völkern ſind hierbei herangezogen, die Entwicklung der Begriffe durch paſſende Beiſpiele zu erläutern, die auch noch für künftige Bearbeiter dieſes ſchwierigen Theils der Aeſthetik Stoff und Anhaltspuncte darbieten werden. Ich hoffe, mit dieſer Arbeit, deren Unvollkommenheiten ich ſelber am Beſten zu kennen glaube, einem bisher ſehr fühl¬ baren Mangel abzuhelfen, da der Begriff des Häßlichen bisher nur theils zerſtreut und nebenbei, theils in einer großen Allgemeinheit abgehandelt worden iſt, welche ihn bereits in Gefahr brachte, in ſehr einſeitigen Be¬ ſtimmungen fixirt zu werden. Wenn der wohlwollende Leſer, der ſich wirklich unterrichten will, dies Alles nun auch zugibt, ſoll, könnte man fragen, ein ſo unangenehmer, abſcheulicher Gegenſtand ſo gründlich unterſucht werden? Unzweifel¬ haft, denn die Wiſſenſchaft hat einmal ſeit einiger Zeit dies Problem immer von Neuem berührt und ſo verlangt

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. V. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/13>, abgerufen am 19.04.2024.