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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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an den Wänden, funkelnde Kronleuchter an den
Decken, und gar der Fußboden glänzt, wo nicht
bunte Webematten gebreitet sind, wie Glas und
Edelholz. Bauernbursche gehen aus und ein, singen,
pfeifen, poltern, rauchen Tabak und sind in Alpen-
tracht von den derben Nägelschuhen bis hinauf zum
spitzen Hahnenfederhut. Letztlich stehe ich in einer
großen Stube; sitzen ein par bäuerliche Männer
am Schreibtisch, ein par andere stehen daneben,
laden ihre großen Pfeifen mit Tabak, halten
baierische Geldnoten über eine brennende Kerze und
zünden sich damit das Rauchzeug an.

"Will mit dem Andreas Hofer sprechen," sage
ich. Da steht ein Mann in Hemdärmeln mit einem
großmächtigen Vollbart auf: "Was willst denn?"

"Ich will zu der Wehr gehen?"

Der bärtige Mann -- es ist der Hofer
über und über -- schaut mich an und nicht allzu-
laut sagt er: "Bist gleichwohl noch recht jung?
Hast Vater und Mutter?"

"Nimmermehr."

"Bist vom Land Tirol?"

"Nicht just eben, aber gleich von der Nach-
barschaft her."

"Wol ein Studiosus? willst Geistlich werden?"

"Zur Wehr möcht ich gehen und für's Vater-
land streiten."


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an den Wänden, funkelnde Kronleuchter an den
Decken, und gar der Fußboden glänzt, wo nicht
bunte Webematten gebreitet ſind, wie Glas und
Edelholz. Bauernburſche gehen aus und ein, ſingen,
pfeifen, poltern, rauchen Tabak und ſind in Alpen-
tracht von den derben Nägelſchuhen bis hinauf zum
ſpitzen Hahnenfederhut. Letztlich ſtehe ich in einer
großen Stube; ſitzen ein par bäuerliche Männer
am Schreibtiſch, ein par andere ſtehen daneben,
laden ihre großen Pfeifen mit Tabak, halten
baieriſche Geldnoten über eine brennende Kerze und
zünden ſich damit das Rauchzeug an.

„Will mit dem Andreas Hofer ſprechen,“ ſage
ich. Da ſteht ein Mann in Hemdärmeln mit einem
großmächtigen Vollbart auf: „Was willſt denn?“

„Ich will zu der Wehr gehen?“

Der bärtige Mann — es iſt der Hofer
über und über — ſchaut mich an und nicht allzu-
laut ſagt er: „Biſt gleichwohl noch recht jung?
Haſt Vater und Mutter?“

„Nimmermehr.“

„Biſt vom Land Tirol?“

„Nicht juſt eben, aber gleich von der Nach-
barſchaft her.“

„Wol ein Studioſus? willſt Geiſtlich werden?“

„Zur Wehr möcht ich gehen und für’s Vater-
land ſtreiten.“


4*
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[51/0061] an den Wänden, funkelnde Kronleuchter an den Decken, und gar der Fußboden glänzt, wo nicht bunte Webematten gebreitet ſind, wie Glas und Edelholz. Bauernburſche gehen aus und ein, ſingen, pfeifen, poltern, rauchen Tabak und ſind in Alpen- tracht von den derben Nägelſchuhen bis hinauf zum ſpitzen Hahnenfederhut. Letztlich ſtehe ich in einer großen Stube; ſitzen ein par bäuerliche Männer am Schreibtiſch, ein par andere ſtehen daneben, laden ihre großen Pfeifen mit Tabak, halten baieriſche Geldnoten über eine brennende Kerze und zünden ſich damit das Rauchzeug an. „Will mit dem Andreas Hofer ſprechen,“ ſage ich. Da ſteht ein Mann in Hemdärmeln mit einem großmächtigen Vollbart auf: „Was willſt denn?“ „Ich will zu der Wehr gehen?“ Der bärtige Mann — es iſt der Hofer über und über — ſchaut mich an und nicht allzu- laut ſagt er: „Biſt gleichwohl noch recht jung? Haſt Vater und Mutter?“ „Nimmermehr.“ „Biſt vom Land Tirol?“ „Nicht juſt eben, aber gleich von der Nach- barſchaft her.“ „Wol ein Studioſus? willſt Geiſtlich werden?“ „Zur Wehr möcht ich gehen und für’s Vater- land ſtreiten.“ 4*

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/61>, abgerufen am 23.11.2024.