ihm nach und nach all meine Verhältnisse und meine ganze Lebensgeschichte erzählt hab.
Der Regen hört auf; die Sonne scheint, ich trage den Schirm noch offen über der Achsel, daß er trocknen mag. Wir kommen zur Stadt, da will ich zurückbleiben -- es ist nicht schicksam, daß ich mit einem so feinen Herrn durch die Stadt gehe. Er hat mich aber freundlich eingeladen, nur mit ihm zu kommen. Er hat mich zuletzt mit in sein Haus geführt, hat mir Speise und Trank vorsetzen lassen, hat mich endlich gar gefragt, ob ich nicht bei ihm bleiben wolle, er stehe einer großen Bü- cherei vor und benöthige einen Handlanger in der- selben.
Was weiß ich unfertiger Mensch mit der Schirmmacherei anzufangen? Ich werde Handlanger in der Bücherei.
Damalen hab ich's gut gehabt. Mit meinem Herrn bin ich zufrieden gewesen; der hat mir das Regenschirmdach reichlich erstattet; kein gröblich Lüftchen hat mich beleidigt unter seinem Dach. Aber die Handlangerarbeit hat mir nicht von Statten gehen wollen. Der helle Fürwitz ist's ge- wesen; mit jedem Buch, daß ich zur Hand bekom- men, hätt ich auch gleich Bekanntschaft machen mögen. Allerweile hab ich's mit den Aufschrift- blättern und Inhaltsverzeichnissen zu thun gehabt,
ihm nach und nach all meine Verhältniſſe und meine ganze Lebensgeſchichte erzählt hab.
Der Regen hört auf; die Sonne ſcheint, ich trage den Schirm noch offen über der Achſel, daß er trocknen mag. Wir kommen zur Stadt, da will ich zurückbleiben — es iſt nicht ſchickſam, daß ich mit einem ſo feinen Herrn durch die Stadt gehe. Er hat mich aber freundlich eingeladen, nur mit ihm zu kommen. Er hat mich zuletzt mit in ſein Haus geführt, hat mir Speiſe und Trank vorſetzen laſſen, hat mich endlich gar gefragt, ob ich nicht bei ihm bleiben wolle, er ſtehe einer großen Bü- cherei vor und benöthige einen Handlanger in der- ſelben.
Was weiß ich unfertiger Menſch mit der Schirmmacherei anzufangen? Ich werde Handlanger in der Bücherei.
Damalen hab ich’s gut gehabt. Mit meinem Herrn bin ich zufrieden geweſen; der hat mir das Regenſchirmdach reichlich erſtattet; kein gröblich Lüftchen hat mich beleidigt unter ſeinem Dach. Aber die Handlangerarbeit hat mir nicht von Statten gehen wollen. Der helle Fürwitz iſt’s ge- weſen; mit jedem Buch, daß ich zur Hand bekom- men, hätt ich auch gleich Bekanntſchaft machen mögen. Allerweile hab ich’s mit den Aufſchrift- blättern und Inhaltsverzeichniſſen zu thun gehabt,
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ihm nach und nach all meine Verhältniſſe und
meine ganze Lebensgeſchichte erzählt hab.
Der Regen hört auf; die Sonne ſcheint, ich
trage den Schirm noch offen über der Achſel, daß
er trocknen mag. Wir kommen zur Stadt, da will
ich zurückbleiben — es iſt nicht ſchickſam, daß ich
mit einem ſo feinen Herrn durch die Stadt gehe.
Er hat mich aber freundlich eingeladen, nur mit
ihm zu kommen. Er hat mich zuletzt mit in ſein
Haus geführt, hat mir Speiſe und Trank vorſetzen
laſſen, hat mich endlich gar gefragt, ob ich nicht
bei ihm bleiben wolle, er ſtehe einer großen Bü-
cherei vor und benöthige einen Handlanger in der-
ſelben.
Was weiß ich unfertiger Menſch mit der
Schirmmacherei anzufangen? Ich werde Handlanger
in der Bücherei.
Damalen hab ich’s gut gehabt. Mit meinem
Herrn bin ich zufrieden geweſen; der hat mir das
Regenſchirmdach reichlich erſtattet; kein gröblich
Lüftchen hat mich beleidigt unter ſeinem Dach.
Aber die Handlangerarbeit hat mir nicht von
Statten gehen wollen. Der helle Fürwitz iſt’s ge-
weſen; mit jedem Buch, daß ich zur Hand bekom-
men, hätt ich auch gleich Bekanntſchaft machen
mögen. Allerweile hab ich’s mit den Aufſchrift-
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/48>, abgerufen am 24.11.2024.
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