allein sollt verbleiben meiner Tage lang, so ist das die größte Grausamkeit von Gott im Himmel oben. Aber wissen möcht' ich's, Marian, und vor meinem Tod möcht' ich's wissen, was es mit der Ewigkeit ist, von der sie sagen allerweg, daß sie kein End' hätt', und daß die Menschenseel' in ihr thät' fort- leben. Es ist nichts Rechtes zu erfahren, und da sollt' Einer fremder Leut' Reden glauben und etwan wissen Die auch nichts. Und jetzt, Marian, hab' ich gesagt, wenn du doch wol fort mußt, und du bist in der Ewigkeit weiter, gleichwol wir dich be- graben haben, so thu' mir die Freundschaft und komm', wenn du kannst, mir noch einmal zurück, und wenn's auch nur ein Viertelstündlein ist, und richt' mir's aus, damit ich weiß, wie ich dran bin. -- Die Marian hat's versprochen, und wenn sie kann, so wird sie's halten, davon bin ich überzeugt gewesen. -- Darauf, wie sie verstorben, hab' ich viele Nächte nicht schlafen mögen, hab' immer ge- meint, jetzt und jetzt wird die Thür aufgehen, wird die Marian hereinsteigen und sagen: ja, Bartelmei, magst wol glauben, 's ist richtig, 's ist eine Ewig- keit drüben und du hast eine unsterbliche Seel'! -- Was meint der Herr Pfarrer, ist sie gekommen? -- nicht ist sie gekommen, gestorben und todt und weg ist sie gewesen. Und seither -- ich kann mir nicht helfen -- glaub' ich schon an gar nichts mehr."
allein ſollt verbleiben meiner Tage lang, ſo iſt das die größte Grauſamkeit von Gott im Himmel oben. Aber wiſſen möcht’ ich’s, Marian, und vor meinem Tod möcht’ ich’s wiſſen, was es mit der Ewigkeit iſt, von der ſie ſagen allerweg, daß ſie kein End’ hätt’, und daß die Menſchenſeel’ in ihr thät’ fort- leben. Es iſt nichts Rechtes zu erfahren, und da ſollt’ Einer fremder Leut’ Reden glauben und etwan wiſſen Die auch nichts. Und jetzt, Marian, hab’ ich geſagt, wenn du doch wol fort mußt, und du biſt in der Ewigkeit weiter, gleichwol wir dich be- graben haben, ſo thu’ mir die Freundſchaft und komm’, wenn du kannſt, mir noch einmal zurück, und wenn’s auch nur ein Viertelſtündlein iſt, und richt’ mir’s aus, damit ich weiß, wie ich dran bin. — Die Marian hat’s verſprochen, und wenn ſie kann, ſo wird ſie’s halten, davon bin ich überzeugt geweſen. — Darauf, wie ſie verſtorben, hab’ ich viele Nächte nicht ſchlafen mögen, hab’ immer ge- meint, jetzt und jetzt wird die Thür aufgehen, wird die Marian hereinſteigen und ſagen: ja, Bartelmei, magſt wol glauben, ’s iſt richtig, ’s iſt eine Ewig- keit drüben und du haſt eine unſterbliche Seel’! — Was meint der Herr Pfarrer, iſt ſie gekommen? — nicht iſt ſie gekommen, geſtorben und todt und weg iſt ſie geweſen. Und ſeither — ich kann mir nicht helfen — glaub’ ich ſchon an gar nichts mehr.“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0369"n="359"/>
allein ſollt verbleiben meiner Tage lang, ſo iſt das<lb/>
die größte Grauſamkeit von Gott im Himmel oben.<lb/>
Aber wiſſen möcht’ ich’s, Marian, und vor meinem<lb/>
Tod möcht’ ich’s wiſſen, was es mit der Ewigkeit<lb/>
iſt, von der ſie ſagen allerweg, daß ſie kein End’<lb/>
hätt’, und daß die Menſchenſeel’ in ihr thät’ fort-<lb/>
leben. Es iſt nichts Rechtes zu erfahren, und da<lb/>ſollt’ Einer fremder Leut’ Reden glauben und etwan<lb/>
wiſſen Die auch nichts. Und jetzt, Marian, hab’<lb/>
ich geſagt, wenn du doch wol fort mußt, und du<lb/>
biſt in der Ewigkeit weiter, gleichwol wir dich be-<lb/>
graben haben, ſo thu’ mir die Freundſchaft und<lb/>
komm’, wenn du kannſt, mir noch einmal zurück,<lb/>
und wenn’s auch nur ein Viertelſtündlein iſt, und<lb/>
richt’ mir’s aus, damit ich weiß, wie ich dran bin.<lb/>— Die Marian hat’s verſprochen, und wenn ſie<lb/>
kann, ſo wird ſie’s halten, davon bin ich überzeugt<lb/>
geweſen. — Darauf, wie ſie verſtorben, hab’ ich<lb/>
viele Nächte nicht ſchlafen mögen, hab’ immer ge-<lb/>
meint, jetzt und jetzt wird die Thür aufgehen, wird<lb/>
die Marian hereinſteigen und ſagen: ja, Bartelmei,<lb/>
magſt wol glauben, ’s iſt richtig, ’s iſt eine Ewig-<lb/>
keit drüben und du haſt eine unſterbliche Seel’! —<lb/>
Was meint der Herr Pfarrer, iſt ſie gekommen? —<lb/><hirendition="#g">nicht</hi> iſt ſie gekommen, geſtorben und todt und weg<lb/>
iſt ſie geweſen. Und ſeither — ich kann mir nicht<lb/>
helfen — glaub’ ich ſchon an gar nichts mehr.“</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[359/0369]
allein ſollt verbleiben meiner Tage lang, ſo iſt das
die größte Grauſamkeit von Gott im Himmel oben.
Aber wiſſen möcht’ ich’s, Marian, und vor meinem
Tod möcht’ ich’s wiſſen, was es mit der Ewigkeit
iſt, von der ſie ſagen allerweg, daß ſie kein End’
hätt’, und daß die Menſchenſeel’ in ihr thät’ fort-
leben. Es iſt nichts Rechtes zu erfahren, und da
ſollt’ Einer fremder Leut’ Reden glauben und etwan
wiſſen Die auch nichts. Und jetzt, Marian, hab’
ich geſagt, wenn du doch wol fort mußt, und du
biſt in der Ewigkeit weiter, gleichwol wir dich be-
graben haben, ſo thu’ mir die Freundſchaft und
komm’, wenn du kannſt, mir noch einmal zurück,
und wenn’s auch nur ein Viertelſtündlein iſt, und
richt’ mir’s aus, damit ich weiß, wie ich dran bin.
— Die Marian hat’s verſprochen, und wenn ſie
kann, ſo wird ſie’s halten, davon bin ich überzeugt
geweſen. — Darauf, wie ſie verſtorben, hab’ ich
viele Nächte nicht ſchlafen mögen, hab’ immer ge-
meint, jetzt und jetzt wird die Thür aufgehen, wird
die Marian hereinſteigen und ſagen: ja, Bartelmei,
magſt wol glauben, ’s iſt richtig, ’s iſt eine Ewig-
keit drüben und du haſt eine unſterbliche Seel’! —
Was meint der Herr Pfarrer, iſt ſie gekommen? —
nicht iſt ſie gekommen, geſtorben und todt und weg
iſt ſie geweſen. Und ſeither — ich kann mir nicht
helfen — glaub’ ich ſchon an gar nichts mehr.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/369>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.