Darauf ist ein Gemurmel und Geflüster ge- wesen und einer der Aeltesten ist an meinen Platz getreten und hat mich höflich gefragt, wie die Rede gemeint.
Die ganze Nacht hin hat in dem Wirthshause zu Holdenschlag die Musik geklungen, haben die Hochzeiter getanzt und gesungen.
Am andern Morgen haben wir das Ehepaar aus seiner Kammer hervorgeholt. Dann ist eine lange Weile der Brauthüter gesucht und nicht ge- funden worden. Wir hätten den Berthold zu einem uralten Hochzeitsspiele, dem Wiegenholzführen be- nöthigt.
Wer hätte gedacht, daß der wildlustige Bursche in des Pfarrers Stube steht, eine ganze Alpenglut auf seinen Wangen trägt und mit beiden Händen die Krempen seines Hutes zerpreßt!
Der Pfarrer zu Holdenschlag geht würdigen Schrittes die Stube auf und ab und sagt mit väterlicher Stimme die Worte: "Zähme dich, mein Sohn, und bete, verlängere dein Abend- gebet dreimal oder siebenmal, wenn es nöthig ist. Die Versuchung wird weichen. -- Heiraten! ein Habenichts, wozu denn? Hast du Haus und Hof, hast du Gesinde, Kinder, daß du ein Weib brauchst? -- nun also! -- Auf den Bettelstab
So hat mein Brautſpruch gelautet.
Darauf iſt ein Gemurmel und Geflüſter ge- weſen und einer der Aelteſten iſt an meinen Platz getreten und hat mich höflich gefragt, wie die Rede gemeint.
Die ganze Nacht hin hat in dem Wirthshauſe zu Holdenſchlag die Muſik geklungen, haben die Hochzeiter getanzt und geſungen.
Am andern Morgen haben wir das Ehepaar aus ſeiner Kammer hervorgeholt. Dann iſt eine lange Weile der Brauthüter geſucht und nicht ge- funden worden. Wir hätten den Berthold zu einem uralten Hochzeitsſpiele, dem Wiegenholzführen be- nöthigt.
Wer hätte gedacht, daß der wildluſtige Burſche in des Pfarrers Stube ſteht, eine ganze Alpenglut auf ſeinen Wangen trägt und mit beiden Händen die Krempen ſeines Hutes zerpreßt!
Der Pfarrer zu Holdenſchlag geht würdigen Schrittes die Stube auf und ab und ſagt mit väterlicher Stimme die Worte: „Zähme dich, mein Sohn, und bete, verlängere dein Abend- gebet dreimal oder ſiebenmal, wenn es nöthig iſt. Die Verſuchung wird weichen. — Heiraten! ein Habenichts, wozu denn? Haſt du Haus und Hof, haſt du Geſinde, Kinder, daß du ein Weib brauchſt? — nun alſo! — Auf den Bettelſtab
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0182"n="172"/><p>So hat mein Brautſpruch gelautet.</p><lb/><p>Darauf iſt ein Gemurmel und Geflüſter ge-<lb/>
weſen und einer der Aelteſten iſt an meinen Platz<lb/>
getreten und hat mich höflich gefragt, wie die Rede<lb/>
gemeint.</p><lb/><p>Die ganze Nacht hin hat in dem Wirthshauſe<lb/>
zu Holdenſchlag die Muſik geklungen, haben die<lb/>
Hochzeiter getanzt und geſungen.</p><lb/><p>Am andern Morgen haben wir das Ehepaar<lb/>
aus ſeiner Kammer hervorgeholt. Dann iſt eine<lb/>
lange Weile der Brauthüter geſucht und nicht ge-<lb/>
funden worden. Wir hätten den Berthold zu einem<lb/>
uralten Hochzeitsſpiele, dem Wiegenholzführen be-<lb/>
nöthigt.</p><lb/><p>Wer hätte gedacht, daß der wildluſtige Burſche<lb/>
in des Pfarrers Stube ſteht, eine ganze Alpenglut<lb/>
auf ſeinen Wangen trägt und mit beiden Händen<lb/>
die Krempen ſeines Hutes zerpreßt!</p><lb/><p>Der Pfarrer zu Holdenſchlag geht würdigen<lb/>
Schrittes die Stube auf und ab und ſagt mit<lb/>
väterlicher Stimme die Worte: „Zähme dich,<lb/>
mein Sohn, und bete, verlängere dein Abend-<lb/>
gebet dreimal oder ſiebenmal, wenn es nöthig<lb/>
iſt. Die Verſuchung wird weichen. — Heiraten!<lb/>
ein Habenichts, wozu denn? Haſt du Haus und<lb/>
Hof, haſt du Geſinde, Kinder, daß du ein Weib<lb/>
brauchſt? — nun alſo! — Auf den Bettelſtab<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[172/0182]
So hat mein Brautſpruch gelautet.
Darauf iſt ein Gemurmel und Geflüſter ge-
weſen und einer der Aelteſten iſt an meinen Platz
getreten und hat mich höflich gefragt, wie die Rede
gemeint.
Die ganze Nacht hin hat in dem Wirthshauſe
zu Holdenſchlag die Muſik geklungen, haben die
Hochzeiter getanzt und geſungen.
Am andern Morgen haben wir das Ehepaar
aus ſeiner Kammer hervorgeholt. Dann iſt eine
lange Weile der Brauthüter geſucht und nicht ge-
funden worden. Wir hätten den Berthold zu einem
uralten Hochzeitsſpiele, dem Wiegenholzführen be-
nöthigt.
Wer hätte gedacht, daß der wildluſtige Burſche
in des Pfarrers Stube ſteht, eine ganze Alpenglut
auf ſeinen Wangen trägt und mit beiden Händen
die Krempen ſeines Hutes zerpreßt!
Der Pfarrer zu Holdenſchlag geht würdigen
Schrittes die Stube auf und ab und ſagt mit
väterlicher Stimme die Worte: „Zähme dich,
mein Sohn, und bete, verlängere dein Abend-
gebet dreimal oder ſiebenmal, wenn es nöthig
iſt. Die Verſuchung wird weichen. — Heiraten!
ein Habenichts, wozu denn? Haſt du Haus und
Hof, haſt du Geſinde, Kinder, daß du ein Weib
brauchſt? — nun alſo! — Auf den Bettelſtab
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/182>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.