Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

N001
gesetzt werden konnte; doch wurde uns diese Zeit N002
durch den Umgang mit dem Herrn Obersten v. Pott und N003
dem Herrn Oberstlieutenant v. Bulmering, deren Be- N004
kanntschaft wir machten, angenehm verkürzt. Ersterer N005
führte uns in der Stadt und auf den Wällen umher, die N006
zwar nicht mehr unterhalten werden, doch von bedeuten- N007
der Höhe sind, und eine gute Uebersicht über die Stadt N008
und die umliegende Gegend gewähren. Die Stadt ist N009
eng zusammengebaut und unfreundlich. Hart an dem N010
Ufer liegt ein alter Thurm mit dicken Mauern, der N011
Hermannsthurm genannt, welcher von den Schwerdt- N012
rittern erbaut ist; diesem gegenüber auf dem rechten N013
Ufer die alte von Iwan Wassiljewitsch dem Grossen N014
gegründete Festung Iwanowgorod. An sie schliesst N015
sich auf dem jenseitigen Ufer die Vorstadt an, die N016
ganz allein von Russen bewohnt wird, während man N017
in der Stadt selbst noch meistentheils deutsch sprechen N018
hört. Am Markte der Stadt steht das alte Rathhaus, N019
das bis vor einiger Zeit noch einige Merkwürdigkeiten N020
von Carl XII. enthielt, die aber jetzt nach Petersburg N021
gebracht sind.

N001
An dem steilen Ufer der Narowa unter dem Her- N002
mannsthurm tritt unter dem Kalkstein Sandstein her- N003
vor. Er ist feinkörnig, versteinerungsleer, enthält aber N004
in der Nähe des Kalksteins kleine Kugeln von Kalk- N005
stein, die ihm fast ein Rogenstein-ähnliches Ansehen N006
geben. Zwischen ihm und dem Kalkstein liegt die N007
schon früher erwähnte Schicht von Muschelfragmenten. N008
In der Kalksteinwand am Flusse konnten wir keine N009
Versteinerungen bemerken, dagegen sahen wir sie in N010
grosser Menge, Lituiten und Trilobiten, in den Bau- N011
steinen, aus welchen der Hermannsthurm aufgeführt N012
ist, die doch höchst wahrscheinlich aus demselben N013
Kalksteine bestehen, wie der ist, welcher unter dem N014
Thurme ansteht.

N001
Den 30sten April, Nachmittags um 4 Uhr, war die N002
Fähre endlich so weit in Stand gesetzt, dass wir hin-

N001
gesetzt werden konnte; doch wurde uns diese Zeit N002
durch den Umgang mit dem Herrn Obersten v. Pott und N003
dem Herrn Oberstlieutenant v. Bulmering, deren Be- N004
kanntschaft wir machten, angenehm verkürzt. Ersterer N005
führte uns in der Stadt und auf den Wällen umher, die N006
zwar nicht mehr unterhalten werden, doch von bedeuten- N007
der Höhe sind, und eine gute Uebersicht über die Stadt N008
und die umliegende Gegend gewähren. Die Stadt ist N009
eng zusammengebaut und unfreundlich. Hart an dem N010
Ufer liegt ein alter Thurm mit dicken Mauern, der N011
Hermannsthurm genannt, welcher von den Schwerdt- N012
rittern erbaut ist; diesem gegenüber auf dem rechten N013
Ufer die alte von Iwan Wassiljewitsch dem Grossen N014
gegründete Festung Iwanowgorod. An sie schliesst N015
sich auf dem jenseitigen Ufer die Vorstadt an, die N016
ganz allein von Russen bewohnt wird, während man N017
in der Stadt selbst noch meistentheils deutsch sprechen N018
hört. Am Markte der Stadt steht das alte Rathhaus, N019
das bis vor einiger Zeit noch einige Merkwürdigkeiten N020
von Carl XII. enthielt, die aber jetzt nach Petersburg N021
gebracht sind.

N001
An dem steilen Ufer der Narowa unter dem Her- N002
mannsthurm tritt unter dem Kalkstein Sandstein her- N003
vor. Er ist feinkörnig, versteinerungsleer, enthält aber N004
in der Nähe des Kalksteins kleine Kugeln von Kalk- N005
stein, die ihm fast ein Rogenstein-ähnliches Ansehen N006
geben. Zwischen ihm und dem Kalkstein liegt die N007
schon früher erwähnte Schicht von Muschelfragmenten. N008
In der Kalksteinwand am Flusse konnten wir keine N009
Versteinerungen bemerken, dagegen sahen wir sie in N010
grosser Menge, Lituiten und Trilobiten, in den Bau- N011
steinen, aus welchen der Hermannsthurm aufgeführt N012
ist, die doch höchst wahrscheinlich aus demselben N013
Kalksteine bestehen, wie der ist, welcher unter dem N014
Thurme ansteht.

N001
Den 30sten April, Nachmittags um 4 Uhr, war die N002
Fähre endlich so weit in Stand gesetzt, dass wir hin-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0069" xml:id="img_0069" n="35"/>
        <p><lb n="N001"/>
gesetzt werden konnte; doch wurde uns diese Zeit             <lb n="N002"/>
durch den Umgang mit dem Herrn Obersten v. Pott und             <lb n="N003"/>
dem Herrn Oberstlieutenant v. Bulmering, deren Be-             <lb n="N004"/>
kanntschaft wir machten, angenehm verkürzt. Ersterer             <lb n="N005"/>
führte uns in der Stadt und auf den Wällen umher, die             <lb n="N006"/>
zwar nicht mehr unterhalten werden, doch von bedeuten-             <lb n="N007"/>
der Höhe sind, und eine gute Uebersicht über die Stadt             <lb n="N008"/>
und die umliegende Gegend gewähren. Die Stadt ist             <lb n="N009"/>
eng zusammengebaut und unfreundlich. Hart an dem             <lb n="N010"/>
Ufer liegt ein alter Thurm mit dicken Mauern, der             <lb n="N011"/>
Hermannsthurm genannt, welcher von den Schwerdt-             <lb n="N012"/>
rittern erbaut ist; diesem gegenüber auf dem rechten <lb n="N013"/>
Ufer die alte von Iwan Wassiljewitsch dem Grossen             <lb n="N014"/>
gegründete Festung Iwanowgorod. An sie schliesst             <lb n="N015"/>
sich auf dem jenseitigen Ufer die Vorstadt an, die             <lb n="N016"/>
ganz allein von Russen bewohnt wird, während man             <lb n="N017"/>
in der Stadt selbst noch meistentheils deutsch sprechen             <lb n="N018"/>
hört. Am Markte der Stadt steht das alte Rathhaus,             <lb n="N019"/>
das bis vor einiger Zeit noch einige Merkwürdigkeiten             <lb n="N020"/>
von Carl XII. enthielt, die aber jetzt nach Petersburg             <lb n="N021"/>
gebracht sind.</p>
        <p><lb n="N001"/>
An dem steilen Ufer der Narowa unter dem Her-             <lb n="N002"/>
mannsthurm  tritt unter dem Kalkstein Sandstein her-             <lb n="N003"/>
vor. Er ist feinkörnig, versteinerungsleer, enthält aber             <lb n="N004"/>
in der Nähe des Kalksteins kleine Kugeln von Kalk-             <lb n="N005"/>
stein, die ihm fast ein Rogenstein-ähnliches Ansehen             <lb n="N006"/>
geben. Zwischen ihm und dem Kalkstein liegt die             <lb n="N007"/>
schon früher erwähnte Schicht von Muschelfragmenten.             <lb n="N008"/>
In der Kalksteinwand am Flusse konnten wir keine             <lb n="N009"/>
Versteinerungen bemerken, dagegen sahen wir sie in             <lb n="N010"/>
grosser Menge, Lituiten und Trilobiten, in den Bau-             <lb n="N011"/>
steinen, aus welchen der Hermannsthurm aufgeführt             <lb n="N012"/>
ist, die doch höchst wahrscheinlich aus demselben             <lb n="N013"/>
Kalksteine bestehen, wie der ist, welcher unter dem             <lb n="N014"/>
Thurme ansteht.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Den 30sten April, Nachmittags um 4 Uhr, war die             <lb n="N002"/>
Fähre endlich so weit in Stand gesetzt, dass wir hin-</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0069] N001 gesetzt werden konnte; doch wurde uns diese Zeit N002 durch den Umgang mit dem Herrn Obersten v. Pott und N003 dem Herrn Oberstlieutenant v. Bulmering, deren Be- N004 kanntschaft wir machten, angenehm verkürzt. Ersterer N005 führte uns in der Stadt und auf den Wällen umher, die N006 zwar nicht mehr unterhalten werden, doch von bedeuten- N007 der Höhe sind, und eine gute Uebersicht über die Stadt N008 und die umliegende Gegend gewähren. Die Stadt ist N009 eng zusammengebaut und unfreundlich. Hart an dem N010 Ufer liegt ein alter Thurm mit dicken Mauern, der N011 Hermannsthurm genannt, welcher von den Schwerdt- N012 rittern erbaut ist; diesem gegenüber auf dem rechten N013 Ufer die alte von Iwan Wassiljewitsch dem Grossen N014 gegründete Festung Iwanowgorod. An sie schliesst N015 sich auf dem jenseitigen Ufer die Vorstadt an, die N016 ganz allein von Russen bewohnt wird, während man N017 in der Stadt selbst noch meistentheils deutsch sprechen N018 hört. Am Markte der Stadt steht das alte Rathhaus, N019 das bis vor einiger Zeit noch einige Merkwürdigkeiten N020 von Carl XII. enthielt, die aber jetzt nach Petersburg N021 gebracht sind. N001 An dem steilen Ufer der Narowa unter dem Her- N002 mannsthurm tritt unter dem Kalkstein Sandstein her- N003 vor. Er ist feinkörnig, versteinerungsleer, enthält aber N004 in der Nähe des Kalksteins kleine Kugeln von Kalk- N005 stein, die ihm fast ein Rogenstein-ähnliches Ansehen N006 geben. Zwischen ihm und dem Kalkstein liegt die N007 schon früher erwähnte Schicht von Muschelfragmenten. N008 In der Kalksteinwand am Flusse konnten wir keine N009 Versteinerungen bemerken, dagegen sahen wir sie in N010 grosser Menge, Lituiten und Trilobiten, in den Bau- N011 steinen, aus welchen der Hermannsthurm aufgeführt N012 ist, die doch höchst wahrscheinlich aus demselben N013 Kalksteine bestehen, wie der ist, welcher unter dem N014 Thurme ansteht. N001 Den 30sten April, Nachmittags um 4 Uhr, war die N002 Fähre endlich so weit in Stand gesetzt, dass wir hin-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

OCR-D: Bereitstellung der Texttranskription. (2019-10-24T14:49:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Dennis Dietrich, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2019-10-24T14:49:29Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR ohne Nachkorrektur.

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.ocr-d.de/gt_guidelines formulierten Richtlinien und wurde in Richtung des Zielformats DTABf angepasst.

Der Textinhalt einzelner Tabellen wurde von der OCR nur teilweise erfasst.

Weitere Textphänomene wurden wie folgt behandelt:

  • Bogensignaturen: gekennzeichnet;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: dokumentiert;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: wie Vorlage;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837/69
Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837/69>, abgerufen am 03.05.2024.