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Roquette, Otto: Die Schlangenkönigin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 221–335. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Schöne und Herrliche auf der Welt, wenn man es nicht genießen sollte? Die Welt gehört allen Menschen, und es steht Jedem zu, sich sein Theil Glück darin auszusuchen. -- Und was nennen Sie denn Glück? fragte ich.

Sie zögerte. Endlich sagte sie: Und was nannte Ihre arme verstorbene junge Frau Glück? -- O das war nicht Viel! Sie lebte nur in ihrer Liebe, die war ihr Alles. Reichthum und äußeres Behagen, alle Vortheile des Lebens hätte sie hingegeben, wenn das Schicksal es gefordert hätte, und wäre zufrieden mit mir in einer Hütte und bei trockenem Brod gewesen.

Und das soll Wenig sein? Sie hatte ihr Theil Glück in vollem Maße, und es ist schrecklich, daß sie es dahingeben mußte! -- Nun, um solch ein Glück zu erlangen, braucht man sich nicht in die Ferne zu sehnen. Sie werden doch nicht glauben, daß Sie Ihr Theil nur außerhalb Ihrer heimischen Grenzen erlangen können? -- Sie schwieg einige Augenblicke, dann sagte sie mit bestimmtem Tone: Ja, das weiß ich ganz gewiß!

Das sonderbare Mädchen setzte mich in immer größere Verwunderung. War dieser Ausspruch nur das Zeugniß einer kindisch überschwänglichen Phantasie, oder zeigte er an, daß ihr Herz schon gefesselt sei? Mt Rücksicht auf diese letztere Frage brach ich das Gespräch ab, es schien mir unbescheiden, hier weiter dringen zu wollen. Aber das sah ich Wohl, mein armer Franz hatte wenig oder nichts zu hoffen. Indessen achtete und schätzte sie ihn, und ich beschloß, wenigstens das

Schöne und Herrliche auf der Welt, wenn man es nicht genießen sollte? Die Welt gehört allen Menschen, und es steht Jedem zu, sich sein Theil Glück darin auszusuchen. — Und was nennen Sie denn Glück? fragte ich.

Sie zögerte. Endlich sagte sie: Und was nannte Ihre arme verstorbene junge Frau Glück? — O das war nicht Viel! Sie lebte nur in ihrer Liebe, die war ihr Alles. Reichthum und äußeres Behagen, alle Vortheile des Lebens hätte sie hingegeben, wenn das Schicksal es gefordert hätte, und wäre zufrieden mit mir in einer Hütte und bei trockenem Brod gewesen.

Und das soll Wenig sein? Sie hatte ihr Theil Glück in vollem Maße, und es ist schrecklich, daß sie es dahingeben mußte! — Nun, um solch ein Glück zu erlangen, braucht man sich nicht in die Ferne zu sehnen. Sie werden doch nicht glauben, daß Sie Ihr Theil nur außerhalb Ihrer heimischen Grenzen erlangen können? — Sie schwieg einige Augenblicke, dann sagte sie mit bestimmtem Tone: Ja, das weiß ich ganz gewiß!

Das sonderbare Mädchen setzte mich in immer größere Verwunderung. War dieser Ausspruch nur das Zeugniß einer kindisch überschwänglichen Phantasie, oder zeigte er an, daß ihr Herz schon gefesselt sei? Mt Rücksicht auf diese letztere Frage brach ich das Gespräch ab, es schien mir unbescheiden, hier weiter dringen zu wollen. Aber das sah ich Wohl, mein armer Franz hatte wenig oder nichts zu hoffen. Indessen achtete und schätzte sie ihn, und ich beschloß, wenigstens das

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[0083] Schöne und Herrliche auf der Welt, wenn man es nicht genießen sollte? Die Welt gehört allen Menschen, und es steht Jedem zu, sich sein Theil Glück darin auszusuchen. — Und was nennen Sie denn Glück? fragte ich. Sie zögerte. Endlich sagte sie: Und was nannte Ihre arme verstorbene junge Frau Glück? — O das war nicht Viel! Sie lebte nur in ihrer Liebe, die war ihr Alles. Reichthum und äußeres Behagen, alle Vortheile des Lebens hätte sie hingegeben, wenn das Schicksal es gefordert hätte, und wäre zufrieden mit mir in einer Hütte und bei trockenem Brod gewesen. Und das soll Wenig sein? Sie hatte ihr Theil Glück in vollem Maße, und es ist schrecklich, daß sie es dahingeben mußte! — Nun, um solch ein Glück zu erlangen, braucht man sich nicht in die Ferne zu sehnen. Sie werden doch nicht glauben, daß Sie Ihr Theil nur außerhalb Ihrer heimischen Grenzen erlangen können? — Sie schwieg einige Augenblicke, dann sagte sie mit bestimmtem Tone: Ja, das weiß ich ganz gewiß! Das sonderbare Mädchen setzte mich in immer größere Verwunderung. War dieser Ausspruch nur das Zeugniß einer kindisch überschwänglichen Phantasie, oder zeigte er an, daß ihr Herz schon gefesselt sei? Mt Rücksicht auf diese letztere Frage brach ich das Gespräch ab, es schien mir unbescheiden, hier weiter dringen zu wollen. Aber das sah ich Wohl, mein armer Franz hatte wenig oder nichts zu hoffen. Indessen achtete und schätzte sie ihn, und ich beschloß, wenigstens das

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Zitationshilfe: Roquette, Otto: Die Schlangenkönigin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 221–335. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roquette_schlangenkoenigin_1910/83>, abgerufen am 24.11.2024.