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Roquette, Otto: Die Schlangenkönigin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 221–335. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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nur wie Schatten an mir vorüberging; weder eine Verstimmung noch eine Anregung drang durch die Oberfläche meines Wesens. So ließ ich ihn gelten und verhielt mich, trotz seines freundschaftlichen Entgegenkommens, weder annähernd noch ablehnend gegen ihn.

Victor nun war es, der sich erbot, mich in den Spreewald zu begleiten. Ich merkte wohl, daß er im Aufträge meines Vaters handelte, und so wenig mir diesmal seine Gesellschaft erwünscht war, so gab ich den stillen Wünschen der Meinigen doch nach und nahm seine Begleitung an. Der Wagen meines Vaters, vollgepackt mit Vorräthen für Kascha, empfing uns und führte uns zum Halle'schen Thor hinaus. Vierzehn Meilen im Sommerstaube des märkischen Sandes, im glühenden Dunste halb verdorrter Föhrenwälder waren zu überwinden. Doch es kamen die Seen von Neuhof, es kamen frische Wiesen, Dörfer und Städtchen, von Laubwald umgeben, die Ebene wurde immer grüner und lachender. Endlich, es war um die Mittagszeit, langten wir in dem Städtchen Lübbenau, dem Ausgangspunkte des Spreewaldes, an.

2. Ein Sommernachtstraum im Spreewalde.

Und nun öffne dich doch noch einmal vor meiner Erinnerung, du kühles Wipfelgezelt, und nimm mich

nur wie Schatten an mir vorüberging; weder eine Verstimmung noch eine Anregung drang durch die Oberfläche meines Wesens. So ließ ich ihn gelten und verhielt mich, trotz seines freundschaftlichen Entgegenkommens, weder annähernd noch ablehnend gegen ihn.

Victor nun war es, der sich erbot, mich in den Spreewald zu begleiten. Ich merkte wohl, daß er im Aufträge meines Vaters handelte, und so wenig mir diesmal seine Gesellschaft erwünscht war, so gab ich den stillen Wünschen der Meinigen doch nach und nahm seine Begleitung an. Der Wagen meines Vaters, vollgepackt mit Vorräthen für Kascha, empfing uns und führte uns zum Halle'schen Thor hinaus. Vierzehn Meilen im Sommerstaube des märkischen Sandes, im glühenden Dunste halb verdorrter Föhrenwälder waren zu überwinden. Doch es kamen die Seen von Neuhof, es kamen frische Wiesen, Dörfer und Städtchen, von Laubwald umgeben, die Ebene wurde immer grüner und lachender. Endlich, es war um die Mittagszeit, langten wir in dem Städtchen Lübbenau, dem Ausgangspunkte des Spreewaldes, an.

2. Ein Sommernachtstraum im Spreewalde.

Und nun öffne dich doch noch einmal vor meiner Erinnerung, du kühles Wipfelgezelt, und nimm mich

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[0015] nur wie Schatten an mir vorüberging; weder eine Verstimmung noch eine Anregung drang durch die Oberfläche meines Wesens. So ließ ich ihn gelten und verhielt mich, trotz seines freundschaftlichen Entgegenkommens, weder annähernd noch ablehnend gegen ihn. Victor nun war es, der sich erbot, mich in den Spreewald zu begleiten. Ich merkte wohl, daß er im Aufträge meines Vaters handelte, und so wenig mir diesmal seine Gesellschaft erwünscht war, so gab ich den stillen Wünschen der Meinigen doch nach und nahm seine Begleitung an. Der Wagen meines Vaters, vollgepackt mit Vorräthen für Kascha, empfing uns und führte uns zum Halle'schen Thor hinaus. Vierzehn Meilen im Sommerstaube des märkischen Sandes, im glühenden Dunste halb verdorrter Föhrenwälder waren zu überwinden. Doch es kamen die Seen von Neuhof, es kamen frische Wiesen, Dörfer und Städtchen, von Laubwald umgeben, die Ebene wurde immer grüner und lachender. Endlich, es war um die Mittagszeit, langten wir in dem Städtchen Lübbenau, dem Ausgangspunkte des Spreewaldes, an. 2. Ein Sommernachtstraum im Spreewalde. Und nun öffne dich doch noch einmal vor meiner Erinnerung, du kühles Wipfelgezelt, und nimm mich

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:15:33Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:15:33Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Roquette, Otto: Die Schlangenkönigin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 221–335. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roquette_schlangenkoenigin_1910/15>, abgerufen am 27.04.2024.