Handlungen entweder ausdrückl. oder heimli- cher Weise vor genehm halten. Alsdenn über- kommen sie durch die von dem Volck darzukom- mende approbation ihre Gültigkeit. Wenn aber dieser Contracts-Weise etwas verspricht, ehe ihm der Seepter entwendet wird, so be- hält dasselbige wenn der Contract nicht der Re- public höchst-praejudicirlich ist, billig seine fir- mite, indem der Souverain durch sein eignes ihm zustehendes Recht contrahiret hat.
§. 9. Da bißweilen von einigen Fürsten opponirt wird, daß einige allgemeine und öf- fentliche Contracte und Vergleiche aus Zwan- ge geschlossen, und sie mit Gewalt darzu ge- zwungen worden, so fragt sichs, ob eine solche aus Furcht und gezwungener Weise geschlosse- ne convention gültig sey? Jch halte davor, daß die Furcht und des andern Gewalt nicht schlechterdinges eben die Einwilligung auffhe- be, sondern den Consens noch vielmehr bevesti- ge. Je mehr der Feind einen verfolget, desto mehr wächst die Begierde, eine solche conven- tion aufzurichten. Es ist ja bey einem solchen Vergleich eine vollkommene Uberlegung, in- dem der andere lieber mit dem Feind pacisci- ren oder Friede machen, denn ein grösser Ubel ausstehen will. Wenn dieses principium ad- mittiret werden solte, so würden viel Frie-
dens-
Handlungen entweder ausdruͤckl. oder heimli- cher Weiſe vor genehm halten. Alsdenn uͤber- kommen ſie durch die von dem Volck darzukom- mende approbation ihre Guͤltigkeit. Wenn aber dieſer Contracts-Weiſe etwas verſpricht, ehe ihm der Seepter entwendet wird, ſo be- haͤlt daſſelbige wenn der Contract nicht der Re- public hoͤchſt-præjudicirlich iſt, billig ſeine fir- mité, indem der Souverain durch ſein eignes ihm zuſtehendes Recht contrahiret hat.
§. 9. Da bißweilen von einigen Fuͤrſten opponirt wird, daß einige allgemeine und oͤf- fentliche Contracte und Vergleiche aus Zwan- ge geſchloſſen, und ſie mit Gewalt darzu ge- zwungen worden, ſo fragt ſichs, ob eine ſolche aus Furcht und gezwungener Weiſe geſchloſſe- ne convention guͤltig ſey? Jch halte davor, daß die Furcht und des andern Gewalt nicht ſchlechterdinges eben die Einwilligung auffhe- be, ſondern den Conſens noch vielmehr beveſti- ge. Je mehr der Feind einen verfolget, deſto mehr waͤchſt die Begierde, eine ſolche conven- tion aufzurichten. Es iſt ja bey einem ſolchen Vergleich eine vollkommene Uberlegung, in- dem der andere lieber mit dem Feind paciſci- ren oder Friede machen, denn ein groͤſſer Ubel ausſtehen will. Wenn dieſes principium ad- mittiret werden ſolte, ſo wuͤrden viel Frie-
dens-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0094"n="74"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> Handlungen entweder ausdruͤckl. oder heimli-<lb/>
cher Weiſe vor genehm halten. Alsdenn uͤber-<lb/>
kommen ſie durch die von dem Volck darzukom-<lb/>
mende <hirendition="#aq">approbation</hi> ihre Guͤltigkeit. Wenn<lb/>
aber dieſer <hirendition="#aq">Contracts-</hi>Weiſe etwas verſpricht,<lb/>
ehe ihm der Seepter entwendet wird, ſo be-<lb/>
haͤlt daſſelbige wenn der <hirendition="#aq">Contract</hi> nicht der <hirendition="#aq">Re-<lb/>
public</hi> hoͤchſt-<hirendition="#aq">præjudici</hi>rlich iſt, billig ſeine <hirendition="#aq">fir-<lb/>
mité,</hi> indem der <hirendition="#aq">Souverain</hi> durch ſein eignes<lb/>
ihm zuſtehendes Recht <hirendition="#aq">contrahi</hi>ret hat.</p><lb/><p>§. 9. Da bißweilen von einigen Fuͤrſten<lb/><hirendition="#aq">opponi</hi>rt wird, daß einige allgemeine und oͤf-<lb/>
fentliche <hirendition="#aq">Contracte</hi> und Vergleiche aus Zwan-<lb/>
ge geſchloſſen, und ſie mit Gewalt darzu ge-<lb/>
zwungen worden, ſo fragt ſichs, ob eine ſolche<lb/>
aus Furcht und gezwungener Weiſe geſchloſſe-<lb/>
ne <hirendition="#aq">convention</hi> guͤltig ſey? Jch halte davor,<lb/>
daß die Furcht und des andern Gewalt nicht<lb/>ſchlechterdinges eben die Einwilligung auffhe-<lb/>
be, ſondern den <hirendition="#aq">Conſens</hi> noch vielmehr beveſti-<lb/>
ge. Je mehr der Feind einen verfolget, deſto<lb/>
mehr waͤchſt die Begierde, eine ſolche <hirendition="#aq">conven-<lb/>
tion</hi> aufzurichten. Es iſt ja bey einem ſolchen<lb/>
Vergleich eine vollkommene Uberlegung, in-<lb/>
dem der andere lieber mit dem Feind <hirendition="#aq">paciſci-</hi><lb/>
ren oder Friede machen, denn ein groͤſſer Ubel<lb/>
ausſtehen will. Wenn dieſes <hirendition="#aq">principium ad-<lb/>
mitti</hi>ret werden ſolte, ſo wuͤrden viel Frie-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">dens-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[74/0094]
Handlungen entweder ausdruͤckl. oder heimli-
cher Weiſe vor genehm halten. Alsdenn uͤber-
kommen ſie durch die von dem Volck darzukom-
mende approbation ihre Guͤltigkeit. Wenn
aber dieſer Contracts-Weiſe etwas verſpricht,
ehe ihm der Seepter entwendet wird, ſo be-
haͤlt daſſelbige wenn der Contract nicht der Re-
public hoͤchſt-præjudicirlich iſt, billig ſeine fir-
mité, indem der Souverain durch ſein eignes
ihm zuſtehendes Recht contrahiret hat.
§. 9. Da bißweilen von einigen Fuͤrſten
opponirt wird, daß einige allgemeine und oͤf-
fentliche Contracte und Vergleiche aus Zwan-
ge geſchloſſen, und ſie mit Gewalt darzu ge-
zwungen worden, ſo fragt ſichs, ob eine ſolche
aus Furcht und gezwungener Weiſe geſchloſſe-
ne convention guͤltig ſey? Jch halte davor,
daß die Furcht und des andern Gewalt nicht
ſchlechterdinges eben die Einwilligung auffhe-
be, ſondern den Conſens noch vielmehr beveſti-
ge. Je mehr der Feind einen verfolget, deſto
mehr waͤchſt die Begierde, eine ſolche conven-
tion aufzurichten. Es iſt ja bey einem ſolchen
Vergleich eine vollkommene Uberlegung, in-
dem der andere lieber mit dem Feind paciſci-
ren oder Friede machen, denn ein groͤſſer Ubel
ausſtehen will. Wenn dieſes principium ad-
mittiret werden ſolte, ſo wuͤrden viel Frie-
dens-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/94>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.