che neue und alten Einwohner zugleich darben, zumahlen das Brenn-Holtz für sie alle nicht mehr zu reichen will. Rathsamer wäre es, ein Hauß- Vater ließ ietziger Zeit dem Holtze in alten Holtz-Refier seinen ungehinderten Wachs- thum, dünget und arbeite seine Wiesen und Fel- der desto öffter und fleißiger, so könte er von beyden seinen gewissen Nutzen haben. Das Werck etwas ausführlicher fürzustellen, so sind freylich zwar die meisten Einwohner der gewis- sen Gedancken, daß es gar wohl gethan sey, das Holtz auszurotten, und hingegen Vieh-Weyden oder Trifften und Acker-Bau anzurichten mit hin für Menschen, Vieh und dem Getreide- Bau Platz zu machen; Allein es ist doch hier- bey zu bedencken, wo das Land so beschaffen, daß die Einwohner zu ihren Unterhalt nicht genung Getreide bauen können, sondern sich dessen an- derwerts erhohlen müssen, so sind sie genöthiget sich auf Manufacturen oder ander Bewerb, und das Bergwerck zu legen, damit sie so viel Geld erlangen können, denen Fremden ihr Getreide zu bezahlen. Es giebt auch faule und schlimme Einwohner, so den Acker-Bau und andere Nahrung gar negligiren, hingegen treiben sie ihre Höltzer ab, und nehren sich damit, beden- cken aber nicht, wo ihre Nachkommen Holtz her- nehmen sollen, und weil sie es für fructus natu-
rales
che neue und alten Einwohner zugleich darben, zumahlen das Breñ-Holtz fuͤr ſie alle nicht mehr zu reichen will. Rathſamer waͤre es, ein Hauß- Vater ließ ietziger Zeit dem Holtze in alten Holtz-Refier ſeinen ungehinderten Wachs- thum, duͤnget und arbeite ſeine Wieſen und Fel- der deſto oͤffter und fleißiger, ſo koͤnte er von beyden ſeinen gewiſſen Nutzen haben. Das Werck etwas ausfuͤhrlicher fuͤrzuſtellen, ſo ſind freylich zwar die meiſten Einwohner der gewiſ- ſen Gedancken, daß es gar wohl gethan ſey, das Holtz auszuꝛotten, und hingegen Vieh-Weyden oder Trifften und Acker-Bau anzurichten mit hin fuͤr Menſchen, Vieh und dem Getreide- Bau Platz zu machen; Allein es iſt doch hier- bey zu bedencken, wo das Land ſo beſchaffen, daß die Einwohner zu ihren Unterhalt nicht genung Getreide bauen koͤnnen, ſondern ſich deſſen an- derwerts erhohlen muͤſſen, ſo ſind ſie genoͤthiget ſich auf Manufacturen oder ander Bewerb, und das Bergwerck zu legen, damit ſie ſo viel Geld erlangen koͤnnen, denen Fremden ihr Getreide zu bezahlen. Es giebt auch faule und ſchlimme Einwohner, ſo den Acker-Bau und andere Nahrung gar negligiren, hingegen treiben ſie ihre Hoͤltzer ab, und nehren ſich damit, beden- cken aber nicht, wo ihre Nachkommen Holtz her- nehmen ſollen, und weil ſie es fuͤr fructus natu-
rales
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che neue und alten Einwohner zugleich darben,
zumahlen das Breñ-Holtz fuͤr ſie alle nicht mehr
zu reichen will. Rathſamer waͤre es, ein Hauß-
Vater ließ ietziger Zeit dem Holtze in alten
Holtz-Refier ſeinen ungehinderten Wachs-
thum, duͤnget und arbeite ſeine Wieſen und Fel-
der deſto oͤffter und fleißiger, ſo koͤnte er von
beyden ſeinen gewiſſen Nutzen haben. Das
Werck etwas ausfuͤhrlicher fuͤrzuſtellen, ſo ſind
freylich zwar die meiſten Einwohner der gewiſ-
ſen Gedancken, daß es gar wohl gethan ſey, das
Holtz auszuꝛotten, und hingegen Vieh-Weyden
oder Trifften und Acker-Bau anzurichten mit
hin fuͤr Menſchen, Vieh und dem Getreide-
Bau Platz zu machen; Allein es iſt doch hier-
bey zu bedencken, wo das Land ſo beſchaffen, daß
die Einwohner zu ihren Unterhalt nicht genung
Getreide bauen koͤnnen, ſondern ſich deſſen an-
derwerts erhohlen muͤſſen, ſo ſind ſie genoͤthiget
ſich auf Manufacturen oder ander Bewerb, und
das Bergwerck zu legen, damit ſie ſo viel Geld
erlangen koͤnnen, denen Fremden ihr Getreide
zu bezahlen. Es giebt auch faule und ſchlimme
Einwohner, ſo den Acker-Bau und andere
Nahrung gar negligiren, hingegen treiben ſie
ihre Hoͤltzer ab, und nehren ſich damit, beden-
cken aber nicht, wo ihre Nachkommen Holtz her-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 907. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/927>, abgerufen am 23.11.2024.
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