Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



ren gehöriger Massen angestellet und besorget,
und die rohen Güter im Lande behalten und da-
selbst verarbeitet werden. Es redet hievon
der Autor von Oesterreich über alles von der
Sorglosigkeit, so sich in diesem Stücke in den
Oesterreichischen Landen zeiget, so sich auf an-
dere Orte ebener Gestalt gar wohl appliciren
läst mit folgenden Worten: Wie mit den in-
ländischen Gütern gehandelt werde, zeigen
gantz ohne Umschweiff klar für Augen die gleich
einer Fluth hinaus lauffende Wolle, Flachs,
Leinen und wüllen Gespinste, ungearbeitete
Häute, die Kupffer- und Zinn-Platten, das
Queck-Silber, und dergleichen. Die Aus-
länder schicken uns die daraus fabricirten Tü-
cher, Zeuge, Strümpffe, Hüte, Leinewand,
Spitzen, Leder, Geschirre, Farben, und un-
zehlich andere Dinge, so alle in den Erb-Lan-
den so wohl und besser, als draussen sich verferti-
gen lassen, wieder zurücke, ziehen dagegen das
Geld, so sie uns für die rohen Waaren auf eine
kurtze Frist gleichsam nur geliehen, drey, sechs,
und nach Unterscheid zehn, auch wohl, wie bey
dem Spitzen-Handel, hundertfach wieder her-
aus. Das ist ja ein unglückseliger, landver-
derblicher und unvergleichlich mehr als jüdi-
scher Wucher, dem wir uns aber so muth-als
freywillig selbst unterwerffen. Grosse Dinge

sind



ren gehoͤriger Maſſen angeſtellet und beſorget,
und die rohen Guͤter im Lande behalten und da-
ſelbſt verarbeitet werden. Es redet hievon
der Autor von Oeſterreich uͤber alles von der
Sorgloſigkeit, ſo ſich in dieſem Stuͤcke in den
Oeſterreichiſchen Landen zeiget, ſo ſich auf an-
dere Orte ebener Geſtalt gar wohl appliciren
laͤſt mit folgenden Worten: Wie mit den in-
laͤndiſchen Guͤtern gehandelt werde, zeigen
gantz ohne Umſchweiff klar fuͤr Augen die gleich
einer Fluth hinaus lauffende Wolle, Flachs,
Leinen und wuͤllen Geſpinſte, ungearbeitete
Haͤute, die Kupffer- und Zinn-Platten, das
Queck-Silber, und dergleichen. Die Aus-
laͤnder ſchicken uns die daraus fabricirten Tuͤ-
cher, Zeuge, Struͤmpffe, Huͤte, Leinewand,
Spitzen, Leder, Geſchirre, Farben, und un-
zehlich andere Dinge, ſo alle in den Erb-Lan-
den ſo wohl und beſſer, als drauſſen ſich verferti-
gen laſſen, wieder zuruͤcke, ziehen dagegen das
Geld, ſo ſie uns fuͤr die rohen Waaren auf eine
kurtze Friſt gleichſam nur geliehen, drey, ſechs,
und nach Unterſcheid zehn, auch wohl, wie bey
dem Spitzen-Handel, hundertfach wieder her-
aus. Das iſt ja ein ungluͤckſeliger, landver-
derblicher und unvergleichlich mehr als juͤdi-
ſcher Wucher, dem wir uns aber ſo muth-als
freywillig ſelbſt unterwerffen. Groſſe Dinge

ſind
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0872" n="852"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> ren geho&#x0364;riger Ma&#x017F;&#x017F;en ange&#x017F;tellet und be&#x017F;orget,<lb/>
und die rohen Gu&#x0364;ter im Lande behalten und da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t verarbeitet werden. Es redet hievon<lb/>
der <hi rendition="#aq">Autor</hi> von Oe&#x017F;terreich u&#x0364;ber alles von der<lb/>
Sorglo&#x017F;igkeit, &#x017F;o &#x017F;ich in die&#x017F;em Stu&#x0364;cke in den<lb/>
Oe&#x017F;terreichi&#x017F;chen Landen zeiget, &#x017F;o &#x017F;ich auf an-<lb/>
dere Orte ebener Ge&#x017F;talt gar wohl <hi rendition="#aq">applici</hi>ren<lb/>
la&#x0364;&#x017F;t mit folgenden Worten: Wie mit den in-<lb/>
la&#x0364;ndi&#x017F;chen Gu&#x0364;tern gehandelt werde, zeigen<lb/>
gantz ohne Um&#x017F;chweiff klar fu&#x0364;r Augen die gleich<lb/>
einer Fluth hinaus lauffende Wolle, Flachs,<lb/>
Leinen und wu&#x0364;llen Ge&#x017F;pin&#x017F;te, ungearbeitete<lb/>
Ha&#x0364;ute, die Kupffer- und Zinn-Platten, das<lb/>
Queck-Silber, und dergleichen. Die Aus-<lb/>
la&#x0364;nder &#x017F;chicken uns die daraus <hi rendition="#aq">fabrici</hi>rten Tu&#x0364;-<lb/>
cher, Zeuge, Stru&#x0364;mpffe, Hu&#x0364;te, Leinewand,<lb/>
Spitzen, Leder, Ge&#x017F;chirre, Farben, und un-<lb/>
zehlich andere Dinge, &#x017F;o alle in den Erb-Lan-<lb/>
den &#x017F;o wohl und be&#x017F;&#x017F;er, als drau&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich verferti-<lb/>
gen la&#x017F;&#x017F;en, wieder zuru&#x0364;cke, ziehen dagegen das<lb/>
Geld, &#x017F;o &#x017F;ie uns fu&#x0364;r die rohen Waaren auf eine<lb/>
kurtze Fri&#x017F;t gleich&#x017F;am nur geliehen, drey, &#x017F;echs,<lb/>
und nach Unter&#x017F;cheid zehn, auch wohl, wie bey<lb/>
dem Spitzen-Handel, hundertfach wieder her-<lb/>
aus. Das i&#x017F;t ja ein unglu&#x0364;ck&#x017F;eliger, landver-<lb/>
derblicher und unvergleichlich mehr als ju&#x0364;di-<lb/>
&#x017F;cher Wucher, dem wir uns aber &#x017F;o muth-als<lb/>
freywillig &#x017F;elb&#x017F;t unterwerffen. Gro&#x017F;&#x017F;e Dinge<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ind</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[852/0872] ren gehoͤriger Maſſen angeſtellet und beſorget, und die rohen Guͤter im Lande behalten und da- ſelbſt verarbeitet werden. Es redet hievon der Autor von Oeſterreich uͤber alles von der Sorgloſigkeit, ſo ſich in dieſem Stuͤcke in den Oeſterreichiſchen Landen zeiget, ſo ſich auf an- dere Orte ebener Geſtalt gar wohl appliciren laͤſt mit folgenden Worten: Wie mit den in- laͤndiſchen Guͤtern gehandelt werde, zeigen gantz ohne Umſchweiff klar fuͤr Augen die gleich einer Fluth hinaus lauffende Wolle, Flachs, Leinen und wuͤllen Geſpinſte, ungearbeitete Haͤute, die Kupffer- und Zinn-Platten, das Queck-Silber, und dergleichen. Die Aus- laͤnder ſchicken uns die daraus fabricirten Tuͤ- cher, Zeuge, Struͤmpffe, Huͤte, Leinewand, Spitzen, Leder, Geſchirre, Farben, und un- zehlich andere Dinge, ſo alle in den Erb-Lan- den ſo wohl und beſſer, als drauſſen ſich verferti- gen laſſen, wieder zuruͤcke, ziehen dagegen das Geld, ſo ſie uns fuͤr die rohen Waaren auf eine kurtze Friſt gleichſam nur geliehen, drey, ſechs, und nach Unterſcheid zehn, auch wohl, wie bey dem Spitzen-Handel, hundertfach wieder her- aus. Das iſt ja ein ungluͤckſeliger, landver- derblicher und unvergleichlich mehr als juͤdi- ſcher Wucher, dem wir uns aber ſo muth-als freywillig ſelbſt unterwerffen. Groſſe Dinge ſind

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/872
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 852. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/872>, abgerufen am 23.11.2024.