§. 30. Es sind gewisse Todtengräber und Krancken-Wärter zu bestellen, welche sich alles Umganges mit andern Leuten gäntzlich enthal- ten, und in besondern Häusern oder Hütten al- leine bleiben müssen. Vornemlich müssen die Gesunden von den Krancken separiret werden, solchergestalt, daß zu diesen keiner als dazu be- stellte Leute kommen dürffen, und wann es die Jahrs-Zeit zugiebt, ausserhalb des Dorffs ge- wisse Hütten vor die Krancken, und die welche die Quarantaine halten müssen, erbauet, und damit folgender Gestalt verfahren; Die Ge- sunde in den inficirten Häusern haben, müssen die Krancken in die Hütten bringen, nachmahls alle in den inficirten Häusern (verhandene) ge- fundene Gifft zu fassen fähige Sachen an Bet- ten, Kleidern, Flachs, Hanff, und andern Lum- pen heraustragen, sie selbst anzünden und ver- brennen, darauf ihre eigene Kleidungen auszie- hen, und gleichfalls verbrennen; alsdenn müs- sen ihnen in einer gewissen distantz neue Kleider zugeworffen werden, welche nachdem sie sich angezogen, nicht wieder zurück in das Hauß, son- dern in die guarantaine-Hütte begeben müssen, woselbst man die Krancken sowohl als Gesun- den gleichfalls mit Sachen muß besetzen lassen, damit sie weder heraus, noch iemand zu ihnen hinein kommen dürffe. Wenn solches nicht ge-
schiehet,
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§. 30. Es ſind gewiſſe Todtengraͤber und Krancken-Waͤrter zu beſtellen, welche ſich alles Umganges mit andern Leuten gaͤntzlich enthal- ten, und in beſondern Haͤuſern oder Huͤtten al- leine bleiben muͤſſen. Vornemlich muͤſſen die Geſunden von den Krancken ſepariret werden, ſolchergeſtalt, daß zu dieſen keiner als dazu be- ſtellte Leute kommen duͤrffen, und wann es die Jahrs-Zeit zugiebt, auſſerhalb des Dorffs ge- wiſſe Huͤtten vor die Krancken, und die welche die Quarantaine halten muͤſſen, erbauet, und damit folgender Geſtalt verfahren; Die Ge- ſunde in den inficirten Haͤuſern haben, muͤſſen die Krancken in die Huͤtten bringen, nachmahls alle in den inficirten Haͤuſern (verhandene) ge- fundene Gifft zu faſſen faͤhige Sachen an Bet- ten, Kleidern, Flachs, Hanff, und andern Lum- pen heraustragen, ſie ſelbſt anzuͤnden und ver- brennen, darauf ihre eigene Kleidungen auszie- hen, und gleichfalls verbrennen; alsdenn muͤſ- ſen ihnen in einer gewiſſen diſtantz neue Kleider zugeworffen werden, welche nachdem ſie ſich angezogen, nicht wieder zuruͤck in das Hauß, ſon- dern in die guarantaine-Huͤtte begeben muͤſſen, woſelbſt man die Krancken ſowohl als Geſun- den gleichfalls mit Sachen muß beſetzen laſſen, damit ſie weder heraus, noch iemand zu ihnen hinein kommen duͤrffe. Wenn ſolches nicht ge-
ſchiehet,
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§. 30. Es ſind gewiſſe Todtengraͤber und
Krancken-Waͤrter zu beſtellen, welche ſich alles
Umganges mit andern Leuten gaͤntzlich enthal-
ten, und in beſondern Haͤuſern oder Huͤtten al-
leine bleiben muͤſſen. Vornemlich muͤſſen die
Geſunden von den Krancken ſepariret werden,
ſolchergeſtalt, daß zu dieſen keiner als dazu be-
ſtellte Leute kommen duͤrffen, und wann es die
Jahrs-Zeit zugiebt, auſſerhalb des Dorffs ge-
wiſſe Huͤtten vor die Krancken, und die welche
die Quarantaine halten muͤſſen, erbauet, und
damit folgender Geſtalt verfahren; Die Ge-
ſunde in den inficirten Haͤuſern haben, muͤſſen
die Krancken in die Huͤtten bringen, nachmahls
alle in den inficirten Haͤuſern (verhandene) ge-
fundene Gifft zu faſſen faͤhige Sachen an Bet-
ten, Kleidern, Flachs, Hanff, und andern Lum-
pen heraustragen, ſie ſelbſt anzuͤnden und ver-
brennen, darauf ihre eigene Kleidungen auszie-
hen, und gleichfalls verbrennen; alsdenn muͤſ-
ſen ihnen in einer gewiſſen diſtantz neue Kleider
zugeworffen werden, welche nachdem ſie ſich
angezogen, nicht wieder zuruͤck in das Hauß, ſon-
dern in die guarantaine-Huͤtte begeben muͤſſen,
woſelbſt man die Krancken ſowohl als Geſun-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 773. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/793>, abgerufen am 22.11.2024.
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