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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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meinen Wesens hintertrieben worden. Die-
ses alles ist so wahr und so wohl gesagt, daß es
nicht zu verbessern.

§. 10. Es meynet obbemeldter Herr Au-
tor
ferner: Es wäre besser, daß man einigen
der habilesten Rechts-Gelehrten in einem Lan-
de, und ieden ein besonders Bedencken von
Verbesserung des Justitz-Wesens verfertigen
liesse. Dieses schiene vorträglicher zu seyn,
als wenn man ermeldte Rechts-Gelehrten zu-
sammen in eine Congregation niedersetzte, weil
sonst viele nicht so cordat heraus gehen, oder
wenn sie es thäten, doch von den andern über-
stimmt und von dem contradiciren mürbe ge-
macht werden würden, auch wohl, da einer sich
auf des andern Fleiß verliesse, der Sache nicht
so reifflich nachdencken möchten, zu geschwei-
gen, daß es nicht wohl möglich, alles so, wie es
wohl seyn solte, zu registriren. Es müsten
aber ermeldte Bedencken auf die Verbesserung
nicht bloß in processualibus, sondern auch in al-
len übrigen Stücken gehen; Denn die Erfah-
rung zeigte, daß die Proceß-Ordnungen, daran
fast in allen teutschen Provintzen gebessert wor-
den, wenig helffen, so lange die übrigen Gesetze
also eingerichtet bleiben, daß nothwendig viel
Streitens entstehen und das Recht einen krum-
men und langsamen Gang gehen müste. Wenn

nun
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meinen Weſens hintertrieben worden. Die-
ſes alles iſt ſo wahr und ſo wohl geſagt, daß es
nicht zu verbeſſern.

§. 10. Es meynet obbemeldter Herr Au-
tor
ferner: Es waͤre beſſer, daß man einigen
der habileſten Rechts-Gelehrten in einem Lan-
de, und ieden ein beſonders Bedencken von
Verbeſſerung des Juſtitz-Weſens verfertigen
lieſſe. Dieſes ſchiene vortraͤglicher zu ſeyn,
als wenn man ermeldte Rechts-Gelehrten zu-
ſammen in eine Congregation niederſetzte, weil
ſonſt viele nicht ſo cordat heraus gehen, oder
wenn ſie es thaͤten, doch von den andern uͤber-
ſtimmt und von dem contradiciren muͤrbe ge-
macht werden wuͤrden, auch wohl, da einer ſich
auf des andern Fleiß verlieſſe, der Sache nicht
ſo reifflich nachdencken moͤchten, zu geſchwei-
gen, daß es nicht wohl moͤglich, alles ſo, wie es
wohl ſeyn ſolte, zu regiſtriren. Es muͤſten
aber ermeldte Bedencken auf die Verbeſſerung
nicht bloß in proceſſualibus, ſondern auch in al-
len uͤbrigen Stuͤcken gehen; Denn die Erfah-
rung zeigte, daß die Proceß-Ordnungen, daran
faſt in allen teutſchen Provintzen gebeſſert wor-
den, wenig helffen, ſo lange die uͤbrigen Geſetze
alſo eingerichtet bleiben, daß nothwendig viel
Streitens entſtehen und das Recht einen krum-
men und langſamen Gang gehen muͤſte. Wenn

nun
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[579/0599] meinen Weſens hintertrieben worden. Die- ſes alles iſt ſo wahr und ſo wohl geſagt, daß es nicht zu verbeſſern. §. 10. Es meynet obbemeldter Herr Au- tor ferner: Es waͤre beſſer, daß man einigen der habileſten Rechts-Gelehrten in einem Lan- de, und ieden ein beſonders Bedencken von Verbeſſerung des Juſtitz-Weſens verfertigen lieſſe. Dieſes ſchiene vortraͤglicher zu ſeyn, als wenn man ermeldte Rechts-Gelehrten zu- ſammen in eine Congregation niederſetzte, weil ſonſt viele nicht ſo cordat heraus gehen, oder wenn ſie es thaͤten, doch von den andern uͤber- ſtimmt und von dem contradiciren muͤrbe ge- macht werden wuͤrden, auch wohl, da einer ſich auf des andern Fleiß verlieſſe, der Sache nicht ſo reifflich nachdencken moͤchten, zu geſchwei- gen, daß es nicht wohl moͤglich, alles ſo, wie es wohl ſeyn ſolte, zu regiſtriren. Es muͤſten aber ermeldte Bedencken auf die Verbeſſerung nicht bloß in proceſſualibus, ſondern auch in al- len uͤbrigen Stuͤcken gehen; Denn die Erfah- rung zeigte, daß die Proceß-Ordnungen, daran faſt in allen teutſchen Provintzen gebeſſert wor- den, wenig helffen, ſo lange die uͤbrigen Geſetze alſo eingerichtet bleiben, daß nothwendig viel Streitens entſtehen und das Recht einen krum- men und langſamen Gang gehen muͤſte. Wenn nun O o 2

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/599>, abgerufen am 22.11.2024.