Sachen wohl an funfftzig Orten findet, aus- musterte, so würde das gantze Recht in einem mäßigen Bande beysammen stehen, und daraus weit mehrere Casus und besser als aus allen je- nen weitläufftigen Büchern entschieden wer- den können.
§. 9. Da nun durch die Römischen Rech- te so grosse Verwirrung in Teutschland in dem Justitz-Wesen angerichtet wird, so solten die Regenten sich billig angelegen seyn lassen, dieser Unordnung abzuhelffen. Es fragt sich aber, wie solche Reforme anzustellen sey? Der ge- lehrte Herr Autor der Gedancken von dem teutschen Justitz-Wesen erinnert mit allem Recht p. 40. daß es nicht rathsam sey, derglei- chen Veränderung einem oder mehrern Rechts-Collegiis anzuvertrauen. Denn wer nur ein wenig die Beschaffenheit dieser Dinge wüste, könte leichtlich vorher sehen, daß auf solche Weise wenig oder gar nichts würde aus- gerichtet werden. Die meisten Collegia wä- ren so geartet, daß sie es gern bey dem alten Herkommen liessen, und alle Veränderung vor gefährlich achteten, insonderheit wenn ihr Vor- theil darbey versirete, wie denn in der That die Veränderung, von welchen die Rede, vor die Intraden der Rechts-Collegiorum gefährlich wären, sie auch aufs neue die Rechte würden
erler-
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Sachen wohl an funfftzig Orten findet, aus- muſterte, ſo wuͤrde das gantze Recht in einem maͤßigen Bande beyſammen ſtehen, und daraus weit mehrere Caſus und beſſer als aus allen je- nen weitlaͤufftigen Buͤchern entſchieden wer- den koͤnnen.
§. 9. Da nun durch die Roͤmiſchen Rech- te ſo groſſe Verwirrung in Teutſchland in dem Juſtitz-Weſen angerichtet wird, ſo ſolten die Regenten ſich billig angelegen ſeyn laſſen, dieſer Unordnung abzuhelffen. Es fragt ſich aber, wie ſolche Reforme anzuſtellen ſey? Der ge- lehrte Herr Autor der Gedancken von dem teutſchen Juſtitz-Weſen erinnert mit allem Recht p. 40. daß es nicht rathſam ſey, derglei- chen Veraͤnderung einem oder mehrern Rechts-Collegiis anzuvertrauen. Denn wer nur ein wenig die Beſchaffenheit dieſer Dinge wuͤſte, koͤnte leichtlich vorher ſehen, daß auf ſolche Weiſe wenig oder gar nichts wuͤrde aus- gerichtet werden. Die meiſten Collegia waͤ- ren ſo geartet, daß ſie es gern bey dem alten Herkommen lieſſen, und alle Veraͤnderung vor gefaͤhrlich achteten, inſonderheit wenn ihr Vor- theil darbey verſirete, wie denn in der That die Veraͤnderung, von welchen die Rede, vor die Intraden der Rechts-Collegiorum gefaͤhrlich waͤren, ſie auch aufs neue die Rechte wuͤrden
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Sachen wohl an funfftzig Orten findet, aus-
muſterte, ſo wuͤrde das gantze Recht in einem
maͤßigen Bande beyſammen ſtehen, und daraus
weit mehrere Caſus und beſſer als aus allen je-
nen weitlaͤufftigen Buͤchern entſchieden wer-
den koͤnnen.
§. 9. Da nun durch die Roͤmiſchen Rech-
te ſo groſſe Verwirrung in Teutſchland in dem
Juſtitz-Weſen angerichtet wird, ſo ſolten die
Regenten ſich billig angelegen ſeyn laſſen, dieſer
Unordnung abzuhelffen. Es fragt ſich aber,
wie ſolche Reforme anzuſtellen ſey? Der ge-
lehrte Herr Autor der Gedancken von dem
teutſchen Juſtitz-Weſen erinnert mit allem
Recht p. 40. daß es nicht rathſam ſey, derglei-
chen Veraͤnderung einem oder mehrern
Rechts-Collegiis anzuvertrauen. Denn wer
nur ein wenig die Beſchaffenheit dieſer Dinge
wuͤſte, koͤnte leichtlich vorher ſehen, daß auf
ſolche Weiſe wenig oder gar nichts wuͤrde aus-
gerichtet werden. Die meiſten Collegia waͤ-
ren ſo geartet, daß ſie es gern bey dem alten
Herkommen lieſſen, und alle Veraͤnderung vor
gefaͤhrlich achteten, inſonderheit wenn ihr Vor-
theil darbey verſirete, wie denn in der That die
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waͤren, ſie auch aufs neue die Rechte wuͤrden
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/597>, abgerufen am 22.11.2024.
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