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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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Ansehen habe, als ob die Rebellen befugt gewe-
sen wären, dergleichen vorzunehmen.

§. 18. Wenn der Landes-Fürst zu Herstel-
lung des vorigen Ruhe-Standes in gewisse
Vergleichungs-Puncte eingewilliget, und also
das Vernehmen mit Haupt und Gliedern wie-
derum etabliret worden, so glaub ich, daß er
verbunden sey, dasjenige, was er seinen Unter-
thanen einmahl versprochen, auch hernach-
mahls beständigst zu halten. Es fallen hier-
bey zwar gar wichtige Rationes dubitandi zu
bedencken vor. Denn die Rebellen haben
dergleichen Pacta und Conditiones von ihren
Landes-Fürsten durch eine unzuläßige und un-
rechtmäßige Gewalt extorquiret, welche Zusa-
gen dem natürlichen Rechte nach von keiner
Wichtigkeit noch Verbindlichkeit seyn. Es ist
von Seiten des Zusagenden kein freywilliger
Consens da, und wenn auch gleich einer vor-
handen wäre, so kan man dennoch von Seiten
der Unterthanen keine rechtmäßig geschehene
Acceptation der Zusage zwingen. Denn
eben dadurch, da sie von ihrem Landes-Fürsten
die Zusage unrechtmäßiger Weise ausbringen,
haben sie kein beständig und gegründet Recht
gehabt, sie anzunehmen. Allein es wird gar
selten in dergleichen Fällen eine solche Noth bey
dem Landes-Herrn voraus gesetzt, um welcher

wil-



Anſehen habe, als ob die Rebellen befugt gewe-
ſen waͤren, dergleichen vorzunehmen.

§. 18. Wenn der Landes-Fuͤrſt zu Herſtel-
lung des vorigen Ruhe-Standes in gewiſſe
Vergleichungs-Puncte eingewilliget, und alſo
das Vernehmen mit Haupt und Gliedern wie-
derum établiret worden, ſo glaub ich, daß er
verbunden ſey, dasjenige, was er ſeinen Unter-
thanen einmahl verſprochen, auch hernach-
mahls beſtaͤndigſt zu halten. Es fallen hier-
bey zwar gar wichtige Rationes dubitandi zu
bedencken vor. Denn die Rebellen haben
dergleichen Pacta und Conditiones von ihren
Landes-Fuͤrſten durch eine unzulaͤßige und un-
rechtmaͤßige Gewalt extorquiret, welche Zuſa-
gen dem natuͤrlichen Rechte nach von keiner
Wichtigkeit noch Verbindlichkeit ſeyn. Es iſt
von Seiten des Zuſagenden kein freywilliger
Conſens da, und wenn auch gleich einer vor-
handen waͤre, ſo kan man dennoch von Seiten
der Unterthanen keine rechtmaͤßig geſchehene
Acceptation der Zuſage zwingen. Denn
eben dadurch, da ſie von ihrem Landes-Fuͤrſten
die Zuſage unrechtmaͤßiger Weiſe ausbringen,
haben ſie kein beſtaͤndig und gegruͤndet Recht
gehabt, ſie anzunehmen. Allein es wird gar
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[562/0582] Anſehen habe, als ob die Rebellen befugt gewe- ſen waͤren, dergleichen vorzunehmen. §. 18. Wenn der Landes-Fuͤrſt zu Herſtel- lung des vorigen Ruhe-Standes in gewiſſe Vergleichungs-Puncte eingewilliget, und alſo das Vernehmen mit Haupt und Gliedern wie- derum établiret worden, ſo glaub ich, daß er verbunden ſey, dasjenige, was er ſeinen Unter- thanen einmahl verſprochen, auch hernach- mahls beſtaͤndigſt zu halten. Es fallen hier- bey zwar gar wichtige Rationes dubitandi zu bedencken vor. Denn die Rebellen haben dergleichen Pacta und Conditiones von ihren Landes-Fuͤrſten durch eine unzulaͤßige und un- rechtmaͤßige Gewalt extorquiret, welche Zuſa- gen dem natuͤrlichen Rechte nach von keiner Wichtigkeit noch Verbindlichkeit ſeyn. Es iſt von Seiten des Zuſagenden kein freywilliger Conſens da, und wenn auch gleich einer vor- handen waͤre, ſo kan man dennoch von Seiten der Unterthanen keine rechtmaͤßig geſchehene Acceptation der Zuſage zwingen. Denn eben dadurch, da ſie von ihrem Landes-Fuͤrſten die Zuſage unrechtmaͤßiger Weiſe ausbringen, haben ſie kein beſtaͤndig und gegruͤndet Recht gehabt, ſie anzunehmen. Allein es wird gar ſelten in dergleichen Faͤllen eine ſolche Noth bey dem Landes-Herrn voraus geſetzt, um welcher wil-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 562. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/582>, abgerufen am 22.11.2024.