Verstande zu nennen sey. Jnzwischen ist nicht zu läugnen, daß solchen Leuten, wenn sie einigen Verdacht wider sich hätten, der Auszug von hoher Landes-Obrigkeit anbefohlen werden könne.
§. 7. Die Römischen Rechte behaupten ferner, daß denjenigen Kindern, die aus einem ehebrecherischen oder blutschänderischen Ehe- Bette erzeuget, gar keine Barmhertzigkeit noch rechtliche Wohlthaten zu erweisen wären, v. Nov. 74. cap. ult. Und aus dem Fundament dieser Novelle asseriren einige Rechts-Lehrer, daß solche Kinder auch nicht von dem Landes- Fürsten legitimiret werden könten, es wären ihnen von ihren Eltern keine Alimente auszu- machen, vermöge der Constit. Käysers Justi- niani Nov. 59. cap. ult. Auth. ex complexu C. de incest. Nupt. Nov. 74. Cap. ult. Gleichwie aber solche Kinder nichts pecciret haben, und ihr miserabler Zustand eher zu verbessern ist, als daß sie selbst aus Desperati- on, da sie unschuldiger Weise Beschimpffungen erdulden müssen, zu einem unerbahren Lebens- Wandel verleitet werden möchten, so pflegen vernünfftige Landes-Herrn sich an die albernen Verordnungen der Römischen Gesetze nicht zu kehren, und nicht allein dergleichen Kinder eben sowohl, wie die andern unehlich erzeugten, zu
legi-
Verſtande zu nennen ſey. Jnzwiſchen iſt nicht zu laͤugnen, daß ſolchen Leuten, wenn ſie einigen Verdacht wider ſich haͤtten, der Auszug von hoher Landes-Obrigkeit anbefohlen werden koͤnne.
§. 7. Die Roͤmiſchen Rechte behaupten ferner, daß denjenigen Kindern, die aus einem ehebrecheriſchen oder blutſchaͤnderiſchen Ehe- Bette erzeuget, gar keine Barmhertzigkeit noch rechtliche Wohlthaten zu erweiſen waͤren, v. Nov. 74. cap. ult. Und aus dem Fundament dieſer Novelle aſſeriren einige Rechts-Lehrer, daß ſolche Kinder auch nicht von dem Landes- Fuͤrſten legitimiret werden koͤnten, es waͤren ihnen von ihren Eltern keine Alimente auszu- machen, vermoͤge der Conſtit. Kaͤyſers Juſti- niani Nov. 59. cap. ult. Auth. ex complexu C. de inceſt. Nupt. Nov. 74. Cap. ult. Gleichwie aber ſolche Kinder nichts pecciret haben, und ihr miſerabler Zuſtand eher zu verbeſſern iſt, als daß ſie ſelbſt aus Deſperati- on, da ſie unſchuldiger Weiſe Beſchimpffungen erdulden muͤſſen, zu einem unerbahren Lebens- Wandel verleitet werden moͤchten, ſo pflegen vernuͤnfftige Landes-Herrn ſich an die albernen Verordnungen der Roͤmiſchen Geſetze nicht zu kehren, und nicht allein dergleichen Kinder eben ſowohl, wie die andern unehlich erzeugten, zu
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Verſtande zu nennen ſey. Jnzwiſchen iſt nicht
zu laͤugnen, daß ſolchen Leuten, wenn ſie einigen
Verdacht wider ſich haͤtten, der Auszug von
hoher Landes-Obrigkeit anbefohlen werden
koͤnne.
§. 7. Die Roͤmiſchen Rechte behaupten
ferner, daß denjenigen Kindern, die aus einem
ehebrecheriſchen oder blutſchaͤnderiſchen Ehe-
Bette erzeuget, gar keine Barmhertzigkeit noch
rechtliche Wohlthaten zu erweiſen waͤren,
v. Nov. 74. cap. ult. Und aus dem Fundament
dieſer Novelle aſſeriren einige Rechts-Lehrer,
daß ſolche Kinder auch nicht von dem Landes-
Fuͤrſten legitimiret werden koͤnten, es waͤren
ihnen von ihren Eltern keine Alimente auszu-
machen, vermoͤge der Conſtit. Kaͤyſers Juſti-
niani Nov. 59. cap. ult. Auth. ex complexu
C. de inceſt. Nupt. Nov. 74. Cap. ult.
Gleichwie aber ſolche Kinder nichts pecciret
haben, und ihr miſerabler Zuſtand eher zu
verbeſſern iſt, als daß ſie ſelbſt aus Deſperati-
on, da ſie unſchuldiger Weiſe Beſchimpffungen
erdulden muͤſſen, zu einem unerbahren Lebens-
Wandel verleitet werden moͤchten, ſo pflegen
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/540>, abgerufen am 22.11.2024.
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