die Hurerey verbothen werden, weil sie sich auch hierdurch grosse Beschwerlichkeiten verursa- chen. Ja, so dürffte fast kein eintzig Laster in der Republic verbothen werden, weil die Men- schen durch die meisten Laster ihrer zeitlichen Glückseeligkeit zu schaden pflegen. Gleichwie derjenige Vater oder Lehrmeister gar unver- ständig handeln würde, der seine Untergebenen nicht von Lastern abmahnen, und ihnen diesel- ben bey Straffe verbiethen, sondern verlangen wolte, daß sie mit ihrem Schaden klug würden; Also ist kein Zweiffel, daß auch die Obrigkeiten ihrer Pflicht nicht sattsam wahrnehmen, die ih- ren Unterthanen, was vor GOtt sündlich, in der Republic schändlich, und ihnen selbst schädlich, nicht bey Straffe verbiethen wollen. Es hat ja der heilige GOtt selbst, weil er vorher gese- hen, daß die wenigsten Menschen von der Ver- nunfft seyn würden, daß sie sich von Sünden durch Vorstellung der damit vergesellschafften Beschwerlich keiten würde abhalten lassen, die- selbigen bey einer so nahmhafften Straffe, nem- lich der ewigen Verdammniß, verbiethen müs- sen. Wie viel sind wohl derer in der Republic, die ihre tollen Begierden von diesem oder jenem Laster zurücke lencken, ob sie gleich erwegen, daß sie ihrer zeitlichen Glückseeligkeit gewaltig hier- durch praejudiciren. Dieses thut niemand
als
die Hurerey verbothen werden, weil ſie ſich auch hierdurch groſſe Beſchwerlichkeiten verurſa- chen. Ja, ſo duͤrffte faſt kein eintzig Laſter in der Republic verbothen werden, weil die Men- ſchen durch die meiſten Laſter ihrer zeitlichen Gluͤckſeeligkeit zu ſchaden pflegen. Gleichwie derjenige Vater oder Lehrmeiſter gar unver- ſtaͤndig handeln wuͤrde, der ſeine Untergebenen nicht von Laſtern abmahnen, und ihnen dieſel- ben bey Straffe verbiethen, ſondern verlangen wolte, daß ſie mit ihrem Schaden klug wuͤrden; Alſo iſt kein Zweiffel, daß auch die Obrigkeiten ihrer Pflicht nicht ſattſam wahrnehmen, die ih- ren Unterthanen, was vor GOtt ſuͤndlich, in der Republic ſchaͤndlich, und ihnen ſelbſt ſchaͤdlich, nicht bey Straffe verbiethen wollen. Es hat ja der heilige GOtt ſelbſt, weil er vorher geſe- hen, daß die wenigſten Menſchen von der Ver- nunfft ſeyn wuͤrden, daß ſie ſich von Suͤnden durch Vorſtellung der damit vergeſellſchafften Beſchwerlich keiten wuͤrde abhalten laſſen, die- ſelbigen bey einer ſo nahmhafften Straffe, nem- lich der ewigen Verdammniß, verbiethen muͤſ- ſen. Wie viel ſind wohl derer in der Republic, die ihre tollen Begierden von dieſem oder jenem Laſter zuruͤcke lencken, ob ſie gleich erwegen, daß ſie ihrer zeitlichen Gluͤckſeeligkeit gewaltig hier- durch præjudiciren. Dieſes thut niemand
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die Hurerey verbothen werden, weil ſie ſich auch
hierdurch groſſe Beſchwerlichkeiten verurſa-
chen. Ja, ſo duͤrffte faſt kein eintzig Laſter in
der Republic verbothen werden, weil die Men-
ſchen durch die meiſten Laſter ihrer zeitlichen
Gluͤckſeeligkeit zu ſchaden pflegen. Gleichwie
derjenige Vater oder Lehrmeiſter gar unver-
ſtaͤndig handeln wuͤrde, der ſeine Untergebenen
nicht von Laſtern abmahnen, und ihnen dieſel-
ben bey Straffe verbiethen, ſondern verlangen
wolte, daß ſie mit ihrem Schaden klug wuͤrden;
Alſo iſt kein Zweiffel, daß auch die Obrigkeiten
ihrer Pflicht nicht ſattſam wahrnehmen, die ih-
ren Unterthanen, was vor GOtt ſuͤndlich, in der
Republic ſchaͤndlich, und ihnen ſelbſt ſchaͤdlich,
nicht bey Straffe verbiethen wollen. Es hat
ja der heilige GOtt ſelbſt, weil er vorher geſe-
hen, daß die wenigſten Menſchen von der Ver-
nunfft ſeyn wuͤrden, daß ſie ſich von Suͤnden
durch Vorſtellung der damit vergeſellſchafften
Beſchwerlich keiten wuͤrde abhalten laſſen, die-
ſelbigen bey einer ſo nahmhafften Straffe, nem-
lich der ewigen Verdammniß, verbiethen muͤſ-
ſen. Wie viel ſind wohl derer in der Republic,
die ihre tollen Begierden von dieſem oder jenem
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/526>, abgerufen am 22.11.2024.
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