Wohlfahrt des Landes zuwider sind. Zu dem Ende sind nicht nur alle Buchdrucker in allen Städten zu vereyden, daß sie nichts drucken sollen, als was in der Censur gewesen, sondern auch die Buchführer, die dergleichen verkauf- fen, billig in Straffe zu nehmen. Die gewöhn- liche Confiscation der verbothenen Bücher ist vor manche Buchführer eine sehr schlechte Straffe, indem die Exemplaria hernach nur viel theuerer werden.
§. 11. Ob nun zwar gottlose und schändli- che Bücher mit allem Recht verbothen und die darinne enthaltene Meynungen billig verdammt werden, so ist dennoch auch dahin zu sehen, daß nicht durch eine allzusorgfältige und eigensinnige Censur der Freyheit der Gelehrten zu philoso- phiren und ihre Gedancken zu eröffnen allzu- enge Schrancken gesetzet und die Schrifften nicht ohne wichtige Raison confisciret oder de- ren Druck difficultiret werden mögen. Da- her sind diejenigen Bücher nicht gleich als ketze- rische zu tractiren, die auch in Religions-Sa- chen eine neue und sonderliche Meynung, die zwar der heil. Schrifft nicht, iedoch den bißheri- gen gewöhnlichen Meynungen der Theologo- rum zuwider ist, vertheidigen. Es sind nicht alle diejenigen Sätze vor ewige Wahrheiten zu halten, die von vielen Seculis her von den mei-
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Wohlfahrt des Landes zuwider ſind. Zu dem Ende ſind nicht nur alle Buchdrucker in allen Staͤdten zu vereyden, daß ſie nichts drucken ſollen, als was in der Cenſur geweſen, ſondern auch die Buchfuͤhrer, die dergleichen verkauf- fen, billig in Straffe zu nehmen. Die gewoͤhn- liche Confiſcation der verbothenen Buͤcher iſt vor manche Buchfuͤhrer eine ſehr ſchlechte Straffe, indem die Exemplaria hernach nur viel theuerer werden.
§. 11. Ob nun zwar gottloſe und ſchaͤndli- che Buͤcher mit allem Recht verbothen und die darinne enthaltene Meynungen billig verdammt werden, ſo iſt dennoch auch dahin zu ſehen, daß nicht durch eine allzuſorgfaͤltige und eigenſinnige Cenſur der Freyheit der Gelehrten zu philoſo- phiren und ihre Gedancken zu eroͤffnen allzu- enge Schrancken geſetzet und die Schrifften nicht ohne wichtige Raiſon confiſciret oder de- ren Druck difficultiret werden moͤgen. Da- her ſind diejenigen Buͤcher nicht gleich als ketze- riſche zu tractiren, die auch in Religions-Sa- chen eine neue und ſonderliche Meynung, die zwar der heil. Schrifft nicht, iedoch den bißheri- gen gewoͤhnlichen Meynungen der Theologo- rum zuwider iſt, vertheidigen. Es ſind nicht alle diejenigen Saͤtze vor ewige Wahrheiten zu halten, die von vielen Seculis her von den mei-
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Wohlfahrt des Landes zuwider ſind. Zu dem
Ende ſind nicht nur alle Buchdrucker in allen
Staͤdten zu vereyden, daß ſie nichts drucken
ſollen, als was in der Cenſur geweſen, ſondern
auch die Buchfuͤhrer, die dergleichen verkauf-
fen, billig in Straffe zu nehmen. Die gewoͤhn-
liche Confiſcation der verbothenen Buͤcher iſt
vor manche Buchfuͤhrer eine ſehr ſchlechte
Straffe, indem die Exemplaria hernach nur
viel theuerer werden.
§. 11. Ob nun zwar gottloſe und ſchaͤndli-
che Buͤcher mit allem Recht verbothen und die
darinne enthaltene Meynungen billig verdammt
werden, ſo iſt dennoch auch dahin zu ſehen, daß
nicht durch eine allzuſorgfaͤltige und eigenſinnige
Cenſur der Freyheit der Gelehrten zu philoſo-
phiren und ihre Gedancken zu eroͤffnen allzu-
enge Schrancken geſetzet und die Schrifften
nicht ohne wichtige Raiſon confiſciret oder de-
ren Druck difficultiret werden moͤgen. Da-
her ſind diejenigen Buͤcher nicht gleich als ketze-
riſche zu tractiren, die auch in Religions-Sa-
chen eine neue und ſonderliche Meynung, die
zwar der heil. Schrifft nicht, iedoch den bißheri-
gen gewoͤhnlichen Meynungen der Theologo-
rum zuwider iſt, vertheidigen. Es ſind nicht
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/470>, abgerufen am 22.11.2024.
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