Weg bähnen, auch zu belohnen, ob zwar nicht auf eine solche Art, als ob sie das gantze Werck hätten zu Stande gebracht, denn es ist billig, daß ihnen ihre saure Mühe und Unkosten, die sie auf die Sache verwendet, wenn dieselbe gleich nicht gantz zur Perfection ist, einiger Maßen compensiret werde, damit man andere, wenn sie wissen, daß sie auch eine Belohnung zu er- warten haben, wenn sie schon das Haupt- Werck nicht gantz und gar erreichen, hierzu incitire, da sie sonst möchten abgeschreckt wer- den, sich auf eine solche Sache zu appliciren. Es kan ein andrer nach ihnen kommen, der mit geringer Mühe dasjenige hernach weiter exco- liren und zur Vollkommenheit bringen kan, was dem ersten unmöglich gewesen, wie an vie- len Erfindungen zu ersehen, die erstlich gar eine andere Gestalt gehabt, denn sie hernach durch andere, die sie besser excoliret und immer mehr und mehr darzu erfunden erlangt. Je- doch müssen auch diese, wenn sie das Inventum nicht in seiner letzten Vollkommenheit darstel- len können, kein Werck daraus machen, und nicht praetendiren, daß sie den höchsten Gipffel des Inventi erreicht, sondern bekennen, was dem Wercke noch fehle. Hieher sind diejeni- gen zu zehlen, die ein Werck erfinden, das zwar in kleinen angeht, in Modellen, aber in grossen
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Weg baͤhnen, auch zu belohnen, ob zwar nicht auf eine ſolche Art, als ob ſie das gantze Werck haͤtten zu Stande gebracht, denn es iſt billig, daß ihnen ihre ſaure Muͤhe und Unkoſten, die ſie auf die Sache verwendet, wenn dieſelbe gleich nicht gantz zur Perfection iſt, einiger Maßen compenſiret werde, damit man andere, wenn ſie wiſſen, daß ſie auch eine Belohnung zu er- warten haben, wenn ſie ſchon das Haupt- Werck nicht gantz und gar erreichen, hierzu incitire, da ſie ſonſt moͤchten abgeſchreckt wer- den, ſich auf eine ſolche Sache zu appliciren. Es kan ein andrer nach ihnen kommen, der mit geringer Muͤhe dasjenige hernach weiter exco- liren und zur Vollkommenheit bringen kan, was dem erſten unmoͤglich geweſen, wie an vie- len Erfindungen zu erſehen, die erſtlich gar eine andere Geſtalt gehabt, denn ſie hernach durch andere, die ſie beſſer excoliret und immer mehr und mehr darzu erfunden erlangt. Je- doch muͤſſen auch dieſe, wenn ſie das Inventum nicht in ſeiner letzten Vollkommenheit darſtel- len koͤnnen, kein Werck daraus machen, und nicht prætendiren, daß ſie den hoͤchſten Gipffel des Inventi erreicht, ſondern bekennen, was dem Wercke noch fehle. Hieher ſind diejeni- gen zu zehlen, die ein Werck erfinden, das zwar in kleinen angeht, in Modellen, aber in groſſen
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Weg baͤhnen, auch zu belohnen, ob zwar nicht
auf eine ſolche Art, als ob ſie das gantze Werck
haͤtten zu Stande gebracht, denn es iſt billig,
daß ihnen ihre ſaure Muͤhe und Unkoſten, die ſie
auf die Sache verwendet, wenn dieſelbe gleich
nicht gantz zur Perfection iſt, einiger Maßen
compenſiret werde, damit man andere, wenn
ſie wiſſen, daß ſie auch eine Belohnung zu er-
warten haben, wenn ſie ſchon das Haupt-
Werck nicht gantz und gar erreichen, hierzu
incitire, da ſie ſonſt moͤchten abgeſchreckt wer-
den, ſich auf eine ſolche Sache zu appliciren.
Es kan ein andrer nach ihnen kommen, der mit
geringer Muͤhe dasjenige hernach weiter exco-
liren und zur Vollkommenheit bringen kan,
was dem erſten unmoͤglich geweſen, wie an vie-
len Erfindungen zu erſehen, die erſtlich gar eine
andere Geſtalt gehabt, denn ſie hernach durch
andere, die ſie beſſer excoliret und immer
mehr und mehr darzu erfunden erlangt. Je-
doch muͤſſen auch dieſe, wenn ſie das Inventum
nicht in ſeiner letzten Vollkommenheit darſtel-
len koͤnnen, kein Werck daraus machen, und
nicht prætendiren, daß ſie den hoͤchſten Gipffel
des Inventi erreicht, ſondern bekennen, was
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/461>, abgerufen am 22.11.2024.
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