Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



oder einer andern Academie studiren, gar kei-
ne, in Ansehung andrer aber eine sehr geringe
Straffe. Die academischen Relegationes
verursachen solche Schmertzen, die nicht wehe
thun, und erreichen keineswegs den Zweck, der
durch die Straffen doch obtiniret werden solte.
Die pecciret haben, werden nicht gebessert,
sondern wohl noch gar bißweilen verschlimmert,
andre von dem Verbrechen nicht abgehalten,
und sind also unnützlich. Diesemnach solten
an Statt der Relegationen andre Straffen,
die sensibler wären und bessern Nutzen schaff-
ten, an deren Stelle substituiret werden. Zum
vierdten die Lectur, da der Lector im Convi-
ctorio
währender Mahlzeit über, da gespeiset
wird, in GOttes Wort lesen muß. Es haben
die Fundatores der Universitäten wohl gar ei-
ne gute Intention darbey gehabt, es ist aber
mehr als zu gewiß, daß dieselbige nicht erreichet
wird. Denn währenden lesen bringen die an-
dern ihre Zeit mit Plaudern und Lachen zu, so,
daß die wenigsten auf das, was der andre lieset,
Acht haben, und wird also nur GOttes hierbey
gespottet, überdiß so hat auch alles seine Zeit,
essen hat seine Zeit, und GOttes Wort hören
und lesen auch seine. Es heist hierbey: Ven-
ter caret auribus.

§. 3. Da die Universitäten Oerter sind,

allwo



oder einer andern Academie ſtudiren, gar kei-
ne, in Anſehung andrer aber eine ſehr geringe
Straffe. Die academiſchen Relegationes
verurſachen ſolche Schmertzen, die nicht wehe
thun, und erreichen keineswegs den Zweck, der
durch die Straffen doch obtiniret werden ſolte.
Die pecciret haben, werden nicht gebeſſert,
ſondern wohl noch gar bißweilen verſchlimmert,
andre von dem Verbrechen nicht abgehalten,
und ſind alſo unnuͤtzlich. Dieſemnach ſolten
an Statt der Relegationen andre Straffen,
die ſenſibler waͤren und beſſern Nutzen ſchaff-
ten, an deren Stelle ſubſtituiret werden. Zum
vierdten die Lectur, da der Lector im Convi-
ctorio
waͤhrender Mahlzeit uͤber, da geſpeiſet
wird, in GOttes Wort leſen muß. Es haben
die Fundatores der Univerſitaͤten wohl gar ei-
ne gute Intention darbey gehabt, es iſt aber
mehr als zu gewiß, daß dieſelbige nicht erreichet
wird. Denn waͤhrenden leſen bringen die an-
dern ihre Zeit mit Plaudern und Lachen zu, ſo,
daß die wenigſten auf das, was der andre lieſet,
Acht haben, und wird alſo nur GOttes hierbey
geſpottet, uͤberdiß ſo hat auch alles ſeine Zeit,
eſſen hat ſeine Zeit, und GOttes Wort hoͤren
und leſen auch ſeine. Es heiſt hierbey: Ven-
ter caret auribus.

§. 3. Da die Univerſitaͤten Oerter ſind,

allwo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0419" n="399"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> oder einer andern <hi rendition="#aq">Academie &#x017F;tudi</hi>ren, gar kei-<lb/>
ne, in An&#x017F;ehung andrer aber eine &#x017F;ehr geringe<lb/>
Straffe. Die <hi rendition="#aq">academi</hi>&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Relegationes</hi><lb/>
verur&#x017F;achen &#x017F;olche Schmertzen, die nicht wehe<lb/>
thun, und erreichen keineswegs den Zweck, der<lb/>
durch die Straffen doch <hi rendition="#aq">obtini</hi>ret werden &#x017F;olte.<lb/>
Die <hi rendition="#aq">pecci</hi>ret haben, werden nicht gebe&#x017F;&#x017F;ert,<lb/>
&#x017F;ondern wohl noch gar bißweilen ver&#x017F;chlimmert,<lb/>
andre von dem Verbrechen nicht abgehalten,<lb/>
und &#x017F;ind al&#x017F;o unnu&#x0364;tzlich. Die&#x017F;emnach &#x017F;olten<lb/>
an Statt der <hi rendition="#aq">Relegation</hi>en andre Straffen,<lb/>
die <hi rendition="#aq">&#x017F;en&#x017F;ibler</hi> wa&#x0364;ren und be&#x017F;&#x017F;ern Nutzen &#x017F;chaff-<lb/>
ten, an deren Stelle <hi rendition="#aq">&#x017F;ub&#x017F;titui</hi>ret werden. Zum<lb/>
vierdten die <hi rendition="#aq">Lectur,</hi> da der <hi rendition="#aq">Lector</hi> im <hi rendition="#aq">Convi-<lb/>
ctorio</hi> wa&#x0364;hrender Mahlzeit u&#x0364;ber, da ge&#x017F;pei&#x017F;et<lb/>
wird, in GOttes Wort le&#x017F;en muß. Es haben<lb/>
die <hi rendition="#aq">Fundatores</hi> der <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;i</hi>ta&#x0364;ten wohl gar ei-<lb/>
ne gute <hi rendition="#aq">Intention</hi> darbey gehabt, es i&#x017F;t aber<lb/>
mehr als zu gewiß, daß die&#x017F;elbige nicht erreichet<lb/>
wird. Denn wa&#x0364;hrenden le&#x017F;en bringen die an-<lb/>
dern ihre Zeit mit Plaudern und Lachen zu, &#x017F;o,<lb/>
daß die wenig&#x017F;ten auf das, was der andre lie&#x017F;et,<lb/>
Acht haben, und wird al&#x017F;o nur GOttes hierbey<lb/>
ge&#x017F;pottet, u&#x0364;berdiß &#x017F;o hat auch alles &#x017F;eine Zeit,<lb/>
e&#x017F;&#x017F;en hat &#x017F;eine Zeit, und GOttes Wort ho&#x0364;ren<lb/>
und le&#x017F;en auch &#x017F;eine. Es hei&#x017F;t hierbey: <hi rendition="#aq">Ven-<lb/>
ter caret auribus.</hi></p><lb/>
        <p>§. 3. Da die <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;i</hi>ta&#x0364;ten Oerter &#x017F;ind,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">allwo</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[399/0419] oder einer andern Academie ſtudiren, gar kei- ne, in Anſehung andrer aber eine ſehr geringe Straffe. Die academiſchen Relegationes verurſachen ſolche Schmertzen, die nicht wehe thun, und erreichen keineswegs den Zweck, der durch die Straffen doch obtiniret werden ſolte. Die pecciret haben, werden nicht gebeſſert, ſondern wohl noch gar bißweilen verſchlimmert, andre von dem Verbrechen nicht abgehalten, und ſind alſo unnuͤtzlich. Dieſemnach ſolten an Statt der Relegationen andre Straffen, die ſenſibler waͤren und beſſern Nutzen ſchaff- ten, an deren Stelle ſubſtituiret werden. Zum vierdten die Lectur, da der Lector im Convi- ctorio waͤhrender Mahlzeit uͤber, da geſpeiſet wird, in GOttes Wort leſen muß. Es haben die Fundatores der Univerſitaͤten wohl gar ei- ne gute Intention darbey gehabt, es iſt aber mehr als zu gewiß, daß dieſelbige nicht erreichet wird. Denn waͤhrenden leſen bringen die an- dern ihre Zeit mit Plaudern und Lachen zu, ſo, daß die wenigſten auf das, was der andre lieſet, Acht haben, und wird alſo nur GOttes hierbey geſpottet, uͤberdiß ſo hat auch alles ſeine Zeit, eſſen hat ſeine Zeit, und GOttes Wort hoͤren und leſen auch ſeine. Es heiſt hierbey: Ven- ter caret auribus. §. 3. Da die Univerſitaͤten Oerter ſind, allwo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/419
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/419>, abgerufen am 27.11.2024.