oder einer andern Academie studiren, gar kei- ne, in Ansehung andrer aber eine sehr geringe Straffe. Die academischen Relegationes verursachen solche Schmertzen, die nicht wehe thun, und erreichen keineswegs den Zweck, der durch die Straffen doch obtiniret werden solte. Die pecciret haben, werden nicht gebessert, sondern wohl noch gar bißweilen verschlimmert, andre von dem Verbrechen nicht abgehalten, und sind also unnützlich. Diesemnach solten an Statt der Relegationen andre Straffen, die sensibler wären und bessern Nutzen schaff- ten, an deren Stelle substituiret werden. Zum vierdten die Lectur, da der Lector im Convi- ctorio währender Mahlzeit über, da gespeiset wird, in GOttes Wort lesen muß. Es haben die Fundatores der Universitäten wohl gar ei- ne gute Intention darbey gehabt, es ist aber mehr als zu gewiß, daß dieselbige nicht erreichet wird. Denn währenden lesen bringen die an- dern ihre Zeit mit Plaudern und Lachen zu, so, daß die wenigsten auf das, was der andre lieset, Acht haben, und wird also nur GOttes hierbey gespottet, überdiß so hat auch alles seine Zeit, essen hat seine Zeit, und GOttes Wort hören und lesen auch seine. Es heist hierbey: Ven- ter caret auribus.
§. 3. Da die Universitäten Oerter sind,
allwo
oder einer andern Academie ſtudiren, gar kei- ne, in Anſehung andrer aber eine ſehr geringe Straffe. Die academiſchen Relegationes verurſachen ſolche Schmertzen, die nicht wehe thun, und erreichen keineswegs den Zweck, der durch die Straffen doch obtiniret werden ſolte. Die pecciret haben, werden nicht gebeſſert, ſondern wohl noch gar bißweilen verſchlimmert, andre von dem Verbrechen nicht abgehalten, und ſind alſo unnuͤtzlich. Dieſemnach ſolten an Statt der Relegationen andre Straffen, die ſenſibler waͤren und beſſern Nutzen ſchaff- ten, an deren Stelle ſubſtituiret werden. Zum vierdten die Lectur, da der Lector im Convi- ctorio waͤhrender Mahlzeit uͤber, da geſpeiſet wird, in GOttes Wort leſen muß. Es haben die Fundatores der Univerſitaͤten wohl gar ei- ne gute Intention darbey gehabt, es iſt aber mehr als zu gewiß, daß dieſelbige nicht erreichet wird. Denn waͤhrenden leſen bringen die an- dern ihre Zeit mit Plaudern und Lachen zu, ſo, daß die wenigſten auf das, was der andre lieſet, Acht haben, und wird alſo nur GOttes hierbey geſpottet, uͤberdiß ſo hat auch alles ſeine Zeit, eſſen hat ſeine Zeit, und GOttes Wort hoͤren und leſen auch ſeine. Es heiſt hierbey: Ven- ter caret auribus.
§. 3. Da die Univerſitaͤten Oerter ſind,
allwo
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0419"n="399"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> oder einer andern <hirendition="#aq">Academie ſtudi</hi>ren, gar kei-<lb/>
ne, in Anſehung andrer aber eine ſehr geringe<lb/>
Straffe. Die <hirendition="#aq">academi</hi>ſchen <hirendition="#aq">Relegationes</hi><lb/>
verurſachen ſolche Schmertzen, die nicht wehe<lb/>
thun, und erreichen keineswegs den Zweck, der<lb/>
durch die Straffen doch <hirendition="#aq">obtini</hi>ret werden ſolte.<lb/>
Die <hirendition="#aq">pecci</hi>ret haben, werden nicht gebeſſert,<lb/>ſondern wohl noch gar bißweilen verſchlimmert,<lb/>
andre von dem Verbrechen nicht abgehalten,<lb/>
und ſind alſo unnuͤtzlich. Dieſemnach ſolten<lb/>
an Statt der <hirendition="#aq">Relegation</hi>en andre Straffen,<lb/>
die <hirendition="#aq">ſenſibler</hi> waͤren und beſſern Nutzen ſchaff-<lb/>
ten, an deren Stelle <hirendition="#aq">ſubſtitui</hi>ret werden. Zum<lb/>
vierdten die <hirendition="#aq">Lectur,</hi> da der <hirendition="#aq">Lector</hi> im <hirendition="#aq">Convi-<lb/>
ctorio</hi> waͤhrender Mahlzeit uͤber, da geſpeiſet<lb/>
wird, in GOttes Wort leſen muß. Es haben<lb/>
die <hirendition="#aq">Fundatores</hi> der <hirendition="#aq">Univerſi</hi>taͤten wohl gar ei-<lb/>
ne gute <hirendition="#aq">Intention</hi> darbey gehabt, es iſt aber<lb/>
mehr als zu gewiß, daß dieſelbige nicht erreichet<lb/>
wird. Denn waͤhrenden leſen bringen die an-<lb/>
dern ihre Zeit mit Plaudern und Lachen zu, ſo,<lb/>
daß die wenigſten auf das, was der andre lieſet,<lb/>
Acht haben, und wird alſo nur GOttes hierbey<lb/>
geſpottet, uͤberdiß ſo hat auch alles ſeine Zeit,<lb/>
eſſen hat ſeine Zeit, und GOttes Wort hoͤren<lb/>
und leſen auch ſeine. Es heiſt hierbey: <hirendition="#aq">Ven-<lb/>
ter caret auribus.</hi></p><lb/><p>§. 3. Da die <hirendition="#aq">Univerſi</hi>taͤten Oerter ſind,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">allwo</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[399/0419]
oder einer andern Academie ſtudiren, gar kei-
ne, in Anſehung andrer aber eine ſehr geringe
Straffe. Die academiſchen Relegationes
verurſachen ſolche Schmertzen, die nicht wehe
thun, und erreichen keineswegs den Zweck, der
durch die Straffen doch obtiniret werden ſolte.
Die pecciret haben, werden nicht gebeſſert,
ſondern wohl noch gar bißweilen verſchlimmert,
andre von dem Verbrechen nicht abgehalten,
und ſind alſo unnuͤtzlich. Dieſemnach ſolten
an Statt der Relegationen andre Straffen,
die ſenſibler waͤren und beſſern Nutzen ſchaff-
ten, an deren Stelle ſubſtituiret werden. Zum
vierdten die Lectur, da der Lector im Convi-
ctorio waͤhrender Mahlzeit uͤber, da geſpeiſet
wird, in GOttes Wort leſen muß. Es haben
die Fundatores der Univerſitaͤten wohl gar ei-
ne gute Intention darbey gehabt, es iſt aber
mehr als zu gewiß, daß dieſelbige nicht erreichet
wird. Denn waͤhrenden leſen bringen die an-
dern ihre Zeit mit Plaudern und Lachen zu, ſo,
daß die wenigſten auf das, was der andre lieſet,
Acht haben, und wird alſo nur GOttes hierbey
geſpottet, uͤberdiß ſo hat auch alles ſeine Zeit,
eſſen hat ſeine Zeit, und GOttes Wort hoͤren
und leſen auch ſeine. Es heiſt hierbey: Ven-
ter caret auribus.
§. 3. Da die Univerſitaͤten Oerter ſind,
allwo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/419>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.