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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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Geist heut zu Tage etwas redet, welches die-
sem Worte GOttes zuwider, so muß nothwen-
dig eines von diesen beyden Stücken folgen,
nemlich, entweder, daß GOtt veränderlich sey
und sich selbst widerspreche, oder ein solcher
Geist nicht derjenige Geist GOttes sey, der
durch die alten Propheten und Apostel geredet.
Da nun aber das erste der Vernunfft selbst zu-
wider ist, welche uns nicht zuläßt, von dem un-
veränderlichen Willen GOttes also zu geden-
cken, so bleibt nichts mehr übrig, als das Letzte,
nemlich, daß ein solcher Geist nicht der Geist
GOttes seyn könne. 3.) Jhre Offenbah-
rungen sind der Göttlichen Weißheit nicht ge-
mäß, denn da finden sich 1.) die allerabge-
schmacktesten Wiederhohlungen und Tavtolo-
gi
en, 2.) es redet dieser Geist öffters gantz
falsch und wider die Natur der Sprache.
3.) findet man gantze Periodos, die gantz keinen
Verstand haben. 4.) Man wird auch hier-
innen um so viel mehr bekräfftiget, wenn man
die Sache selbst erweget, welche in diesen Pro-
phetischen Warnungen vorgetragen wird.
Da findet man keine Krafft noch Weißheit,
keine Geheimnisse, die sie mit Beweisung des
Geistes aus der Schrifft Verborgenheit her-
vor brächten, sondern theils gantz gemeine und
bekannte Dinge, theils Meynungen, die keinen

Grund



Geiſt heut zu Tage etwas redet, welches die-
ſem Worte GOttes zuwider, ſo muß nothwen-
dig eines von dieſen beyden Stuͤcken folgen,
nemlich, entweder, daß GOtt veraͤnderlich ſey
und ſich ſelbſt widerſpreche, oder ein ſolcher
Geiſt nicht derjenige Geiſt GOttes ſey, der
durch die alten Propheten und Apoſtel geredet.
Da nun aber das erſte der Vernunfft ſelbſt zu-
wider iſt, welche uns nicht zulaͤßt, von dem un-
veraͤnderlichen Willen GOttes alſo zu geden-
cken, ſo bleibt nichts mehr uͤbrig, als das Letzte,
nemlich, daß ein ſolcher Geiſt nicht der Geiſt
GOttes ſeyn koͤnne. 3.) Jhre Offenbah-
rungen ſind der Goͤttlichen Weißheit nicht ge-
maͤß, denn da finden ſich 1.) die allerabge-
ſchmackteſten Wiederhohlungen und Tavtolo-
gi
en, 2.) es redet dieſer Geiſt oͤffters gantz
falſch und wider die Natur der Sprache.
3.) findet man gantze Periodos, die gantz keinen
Verſtand haben. 4.) Man wird auch hier-
innen um ſo viel mehr bekraͤfftiget, wenn man
die Sache ſelbſt erweget, welche in dieſen Pro-
phetiſchen Warnungen vorgetragen wird.
Da findet man keine Krafft noch Weißheit,
keine Geheimniſſe, die ſie mit Beweiſung des
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vor braͤchten, ſondern theils gantz gemeine und
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[356/0376] Geiſt heut zu Tage etwas redet, welches die- ſem Worte GOttes zuwider, ſo muß nothwen- dig eines von dieſen beyden Stuͤcken folgen, nemlich, entweder, daß GOtt veraͤnderlich ſey und ſich ſelbſt widerſpreche, oder ein ſolcher Geiſt nicht derjenige Geiſt GOttes ſey, der durch die alten Propheten und Apoſtel geredet. Da nun aber das erſte der Vernunfft ſelbſt zu- wider iſt, welche uns nicht zulaͤßt, von dem un- veraͤnderlichen Willen GOttes alſo zu geden- cken, ſo bleibt nichts mehr uͤbrig, als das Letzte, nemlich, daß ein ſolcher Geiſt nicht der Geiſt GOttes ſeyn koͤnne. 3.) Jhre Offenbah- rungen ſind der Goͤttlichen Weißheit nicht ge- maͤß, denn da finden ſich 1.) die allerabge- ſchmackteſten Wiederhohlungen und Tavtolo- gien, 2.) es redet dieſer Geiſt oͤffters gantz falſch und wider die Natur der Sprache. 3.) findet man gantze Periodos, die gantz keinen Verſtand haben. 4.) Man wird auch hier- innen um ſo viel mehr bekraͤfftiget, wenn man die Sache ſelbſt erweget, welche in dieſen Pro- phetiſchen Warnungen vorgetragen wird. Da findet man keine Krafft noch Weißheit, keine Geheimniſſe, die ſie mit Beweiſung des Geiſtes aus der Schrifft Verborgenheit her- vor braͤchten, ſondern theils gantz gemeine und bekannte Dinge, theils Meynungen, die keinen Grund

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/376>, abgerufen am 22.11.2024.