ihrer Weissagungen selbst, und die Geister prü- fen, ob sie aus GOtt find oder nicht?
§. 22. Daß sie aber nicht aus GOtt sind, will ich durch folgende Beweißthümer darthun. 1.) Hat der Ausgang ihre Weissagungen wi- derleget, immassen offenbahr ist, und aller Welt vor Augen lieget, daß von allem, was sie im Nahmen des HErrn geweissaget, noch nichts erfüllet worden. Da haben sie sich unter- standen, Todte aufzuwecken, die aber in ihrer Verwesung nach wie vor geblieben. Einige haben ausgesaget, An. 1708. würde ein Theil von der grossen Babel untergehen. Wer kan sich aber entsinnen, daß um solche Zeit Babel nur den geringsten Abbruch erlitten? Wer weiß nicht, daß es noch biß ietzt in seinem Stande sey, und an Macht und Gewalt täg- lich zunehme? 2.) Sind ihre Offenbahrun- gen der heil. Schrifft zuwider. Ob man wohl aus der Gleichstimmigkeit der Lehre mit der heil. Schrifft nicht sofort schliessen kan, daß einer ein wahrer Prophet sey, so folget doch im Gegentheil gantz gewiß, daß der Prophet nicht von GOtt seyn könne, welcher dem einmahl geoffenbahrten Worte GOttes zuwider lehret. Es können ja die neuen Propheten selbst nicht in Abrede seyn, daß die heil. Schrifft von GOt- tes Geist eingegeben sey. Wenn nun ein
Geist
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ihrer Weiſſagungen ſelbſt, und die Geiſter pruͤ- fen, ob ſie aus GOtt find oder nicht?
§. 22. Daß ſie aber nicht aus GOtt ſind, will ich durch folgende Beweißthuͤmer darthun. 1.) Hat der Ausgang ihre Weiſſagungen wi- derleget, immaſſen offenbahr iſt, und aller Welt vor Augen lieget, daß von allem, was ſie im Nahmen des HErrn geweiſſaget, noch nichts erfuͤllet worden. Da haben ſie ſich unter- ſtanden, Todte aufzuwecken, die aber in ihrer Verweſung nach wie vor geblieben. Einige haben ausgeſaget, An. 1708. wuͤrde ein Theil von der groſſen Babel untergehen. Wer kan ſich aber entſinnen, daß um ſolche Zeit Babel nur den geringſten Abbruch erlitten? Wer weiß nicht, daß es noch biß ietzt in ſeinem Stande ſey, und an Macht und Gewalt taͤg- lich zunehme? 2.) Sind ihre Offenbahrun- gen der heil. Schrifft zuwider. Ob man wohl aus der Gleichſtimmigkeit der Lehre mit der heil. Schrifft nicht ſofort ſchlieſſen kan, daß einer ein wahrer Prophet ſey, ſo folget doch im Gegentheil gantz gewiß, daß der Prophet nicht von GOtt ſeyn koͤnne, welcher dem einmahl geoffenbahrten Worte GOttes zuwider lehret. Es koͤnnen ja die neuen Propheten ſelbſt nicht in Abrede ſeyn, daß die heil. Schrifft von GOt- tes Geiſt eingegeben ſey. Wenn nun ein
Geiſt
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ihrer Weiſſagungen ſelbſt, und die Geiſter pruͤ-
fen, ob ſie aus GOtt find oder nicht?
§. 22. Daß ſie aber nicht aus GOtt ſind,
will ich durch folgende Beweißthuͤmer darthun.
1.) Hat der Ausgang ihre Weiſſagungen wi-
derleget, immaſſen offenbahr iſt, und aller Welt
vor Augen lieget, daß von allem, was ſie im
Nahmen des HErrn geweiſſaget, noch nichts
erfuͤllet worden. Da haben ſie ſich unter-
ſtanden, Todte aufzuwecken, die aber in ihrer
Verweſung nach wie vor geblieben. Einige
haben ausgeſaget, An. 1708. wuͤrde ein Theil
von der groſſen Babel untergehen. Wer
kan ſich aber entſinnen, daß um ſolche Zeit
Babel nur den geringſten Abbruch erlitten?
Wer weiß nicht, daß es noch biß ietzt in ſeinem
Stande ſey, und an Macht und Gewalt taͤg-
lich zunehme? 2.) Sind ihre Offenbahrun-
gen der heil. Schrifft zuwider. Ob man
wohl aus der Gleichſtimmigkeit der Lehre mit
der heil. Schrifft nicht ſofort ſchlieſſen kan, daß
einer ein wahrer Prophet ſey, ſo folget doch im
Gegentheil gantz gewiß, daß der Prophet nicht
von GOtt ſeyn koͤnne, welcher dem einmahl
geoffenbahrten Worte GOttes zuwider lehret.
Es koͤnnen ja die neuen Propheten ſelbſt nicht
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/375>, abgerufen am 22.11.2024.
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