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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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schen von zerrütteten Sinnen, untüchtig zum
Glauben. Aber sie werdens die Länge nicht
treiben. Denn NB. ihre Thorheit wird of-
fenbahr werden iedermann, gleich wie auch je-
ner war. It. Coloss. 2, v. 18. 19.-23. Las-
set euch niemand das Ziel verrücken, der nach
eigner Wahl einher gehet in Demuth und
Geistlichkeit der Engel, des er nie keines gese-
hen hat, und ist ohne Sache aufgeblasen in sei-
nem fleischlichen Sinn. NB. hält sich nicht
an das Haupt, aus welchen der gantze Leib
durch Gelenck und fugen Handreichung em-
pfähet und an einander sich hält und wächst
zur geistlichen Grösse. Welche haben einen
Schein der Weißheit durch selbst-erwehlte
Geistlichkeit und Demuth, und dadurch, daß
sie des Leibes nicht verschonen und dem Fleisch
nicht seine Ehre thun zur Nothdurfft. Wenn
man der meisten Wandel gegen diese Weissa-
gungen hält, so wird sichs ausfündig machen.
Jch sage, der meisten. Denn manche un-
schuldige Seele wird mit hingerissen, sowohl
von Gelehrten als Ungelehrten, so die Tieffe
der Boßheit nicht absehen kan, und gehet in
ihrer Einfalt hin, unwissend, wie nahe sie der
Gefahr sey. Solche zu verdammen sey fer-
ne von mir.

§. 18. Aus diesem allen siehet man nun

gantz



ſchen von zerruͤtteten Sinnen, untuͤchtig zum
Glauben. Aber ſie werdens die Laͤnge nicht
treiben. Denn NB. ihre Thorheit wird of-
fenbahr werden iedermann, gleich wie auch je-
ner war. It. Coloſſ. 2, v. 18. 19.-23. Laſ-
ſet euch niemand das Ziel verruͤcken, der nach
eigner Wahl einher gehet in Demuth und
Geiſtlichkeit der Engel, des er nie keines geſe-
hen hat, und iſt ohne Sache aufgeblaſen in ſei-
nem fleiſchlichen Sinn. NB. haͤlt ſich nicht
an das Haupt, aus welchen der gantze Leib
durch Gelenck und fugen Handreichung em-
pfaͤhet und an einander ſich haͤlt und waͤchſt
zur geiſtlichen Groͤſſe. Welche haben einen
Schein der Weißheit durch ſelbſt-erwehlte
Geiſtlichkeit und Demuth, und dadurch, daß
ſie des Leibes nicht verſchonen und dem Fleiſch
nicht ſeine Ehre thun zur Nothdurfft. Wenn
man der meiſten Wandel gegen dieſe Weiſſa-
gungen haͤlt, ſo wird ſichs ausfuͤndig machen.
Jch ſage, der meiſten. Denn manche un-
ſchuldige Seele wird mit hingeriſſen, ſowohl
von Gelehrten als Ungelehrten, ſo die Tieffe
der Boßheit nicht abſehen kan, und gehet in
ihrer Einfalt hin, unwiſſend, wie nahe ſie der
Gefahr ſey. Solche zu verdammen ſey fer-
ne von mir.

§. 18. Aus dieſem allen ſiehet man nun

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[350/0370] ſchen von zerruͤtteten Sinnen, untuͤchtig zum Glauben. Aber ſie werdens die Laͤnge nicht treiben. Denn NB. ihre Thorheit wird of- fenbahr werden iedermann, gleich wie auch je- ner war. It. Coloſſ. 2, v. 18. 19.-23. Laſ- ſet euch niemand das Ziel verruͤcken, der nach eigner Wahl einher gehet in Demuth und Geiſtlichkeit der Engel, des er nie keines geſe- hen hat, und iſt ohne Sache aufgeblaſen in ſei- nem fleiſchlichen Sinn. NB. haͤlt ſich nicht an das Haupt, aus welchen der gantze Leib durch Gelenck und fugen Handreichung em- pfaͤhet und an einander ſich haͤlt und waͤchſt zur geiſtlichen Groͤſſe. Welche haben einen Schein der Weißheit durch ſelbſt-erwehlte Geiſtlichkeit und Demuth, und dadurch, daß ſie des Leibes nicht verſchonen und dem Fleiſch nicht ſeine Ehre thun zur Nothdurfft. Wenn man der meiſten Wandel gegen dieſe Weiſſa- gungen haͤlt, ſo wird ſichs ausfuͤndig machen. Jch ſage, der meiſten. Denn manche un- ſchuldige Seele wird mit hingeriſſen, ſowohl von Gelehrten als Ungelehrten, ſo die Tieffe der Boßheit nicht abſehen kan, und gehet in ihrer Einfalt hin, unwiſſend, wie nahe ſie der Gefahr ſey. Solche zu verdammen ſey fer- ne von mir. §. 18. Aus dieſem allen ſiehet man nun gantz

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/370>, abgerufen am 22.11.2024.