Pflichten nach der heil. Schrifft denen Zuhö- rern vor Augen stellen. Es sind manche Lie- der so dunckel, daß auch wohl diejenigen, die von geübten Sinnen sind, eine Meditation darbey anstellen müssen, wenn sie den wahren Verstand derselben fassen wollen, geschweige denn, daß einfältige Leute dieselben verstehen solten. Es haben zwar einige Theologi unsrer Kirche sich drüber gemacht, und dieselbigen in besondern Schrifften erläutert, oder auch man- chen Gesang-Büchern gewisse Anmerckungen beygefüget. Allein, theils sind solche Schriff- ten denen Unwissenden nicht bekannt, und nicht in ihren Händen, theils sind auch solche Leute nicht gewohnt, durch eigenes Nachsinnen bey den Bücherlesen etwas zu profitiren, zudem so können auch viele von dergleichen Leuten, denen die Erklärung der Lieder nöthig wäre, nicht le- sen, und also dieser Bücher Anweisung nicht ge- brauchen, theils sind auch einige von dergleichen Schrifften selbst noch dunckel oder unvollkom- men, daß also eine mündliche Unterrichtung auf die Art, wie ich ietzt gesagt, einer schrifftlichen weit vorzuziehen ist. Diese Erinnerung ist gewiß höchst-nöthig, denn wer sich die Mühe giebt, bey dem gemeinen Volcke dißfalls einige Nachfrage zu halten, wird finden, daß die Leute offt die gemeinsten Morgen- und Abend-Lieder
die
Pflichten nach der heil. Schrifft denen Zuhoͤ- rern vor Augen ſtellen. Es ſind manche Lie- der ſo dunckel, daß auch wohl diejenigen, die von geuͤbten Sinnen ſind, eine Meditation darbey anſtellen muͤſſen, wenn ſie den wahren Verſtand derſelben faſſen wollen, geſchweige denn, daß einfaͤltige Leute dieſelben verſtehen ſolten. Es haben zwar einige Theologi unſrer Kirche ſich druͤber gemacht, und dieſelbigen in beſondern Schrifften erlaͤutert, oder auch man- chen Geſang-Buͤchern gewiſſe Anmerckungen beygefuͤget. Allein, theils ſind ſolche Schriff- ten denen Unwiſſenden nicht bekannt, und nicht in ihren Haͤnden, theils ſind auch ſolche Leute nicht gewohnt, durch eigenes Nachſinnen bey den Buͤcherleſen etwas zu profitiren, zudem ſo koͤnnen auch viele von dergleichen Leuten, denen die Erklaͤrung der Lieder noͤthig waͤre, nicht le- ſen, und alſo dieſer Buͤcher Anweiſung nicht ge- brauchen, theils ſind auch einige von dergleichen Schrifften ſelbſt noch dunckel oder unvollkom- men, daß alſo eine muͤndliche Unterrichtung auf die Art, wie ich ietzt geſagt, einer ſchrifftlichen weit vorzuziehen iſt. Dieſe Erinnerung iſt gewiß hoͤchſt-noͤthig, denn wer ſich die Muͤhe giebt, bey dem gemeinen Volcke dißfalls einige Nachfrage zu halten, wird finden, daß die Leute offt die gemeinſten Morgen- und Abend-Lieder
die
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Pflichten nach der heil. Schrifft denen Zuhoͤ-
rern vor Augen ſtellen. Es ſind manche Lie-
der ſo dunckel, daß auch wohl diejenigen, die
von geuͤbten Sinnen ſind, eine Meditation
darbey anſtellen muͤſſen, wenn ſie den wahren
Verſtand derſelben faſſen wollen, geſchweige
denn, daß einfaͤltige Leute dieſelben verſtehen
ſolten. Es haben zwar einige Theologi unſrer
Kirche ſich druͤber gemacht, und dieſelbigen in
beſondern Schrifften erlaͤutert, oder auch man-
chen Geſang-Buͤchern gewiſſe Anmerckungen
beygefuͤget. Allein, theils ſind ſolche Schriff-
ten denen Unwiſſenden nicht bekannt, und nicht
in ihren Haͤnden, theils ſind auch ſolche Leute
nicht gewohnt, durch eigenes Nachſinnen bey
den Buͤcherleſen etwas zu profitiren, zudem ſo
koͤnnen auch viele von dergleichen Leuten, denen
die Erklaͤrung der Lieder noͤthig waͤre, nicht le-
ſen, und alſo dieſer Buͤcher Anweiſung nicht ge-
brauchen, theils ſind auch einige von dergleichen
Schrifften ſelbſt noch dunckel oder unvollkom-
men, daß alſo eine muͤndliche Unterrichtung auf
die Art, wie ich ietzt geſagt, einer ſchrifftlichen
weit vorzuziehen iſt. Dieſe Erinnerung iſt
gewiß hoͤchſt-noͤthig, denn wer ſich die Muͤhe
giebt, bey dem gemeinen Volcke dißfalls einige
Nachfrage zu halten, wird finden, daß die Leute
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/323>, abgerufen am 23.11.2024.
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