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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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Ketzer mit Recht von den Menschen gestrafft
werden, denn es käme GOtt alleine zu, eine
Richt-Schnur vorzuschreiben, nach welcher
man ihn ehren solte, die Menschen hätten keine
Herrschafft und auch keine Mittel, andern
Leuten gewisse Meynungen aufzuzwingen. Al-
lein, diese Raisons, wenn man sie untersucht,
halten nicht Stich. Die Menschen schreiben
keine Richt-Schnur vor, sondern verbinden nur
die andern, daß sie nach der von GOtt in sei-
nem Wort klar und deutlich vorgeschriebenen
Regul einher gehen, und dieselbe im Glauben
und Leben vor wahr und richtig annehmen und
erkennen sollen. Sie praetendiren auch keine
Herrschafft über die Gewissen zu exerciren,
noch sie zu gewissen Meynungen zu zwingen,
sondern verbieten nur, daß sie diejenigen fal-
schen und irrgläubigen Meynungen, die GOt-
tes Wort und den symbolischen Büchern un-
serer Kirche zuwider sind, nicht propaliren und
vertheidigen, auch andere dadurch nicht ärgern
sollen.

§. 40. Man erfähret öffters, daß einige
Gelehrte der unterschiedenen Religions-Ver-
wandten in dem heil. Röm. Reiche einander
mit solchen Schrifften, die dem geistlichen und
Profan-Frieden des Reichs so gar entgegen
sind, hefftig angreiffen. Gleichwie aber sol-

che
T 3



Ketzer mit Recht von den Menſchen geſtrafft
werden, denn es kaͤme GOtt alleine zu, eine
Richt-Schnur vorzuſchreiben, nach welcher
man ihn ehren ſolte, die Menſchen haͤtten keine
Herrſchafft und auch keine Mittel, andern
Leuten gewiſſe Meynungen aufzuzwingen. Al-
lein, dieſe Raiſons, wenn man ſie unterſucht,
halten nicht Stich. Die Menſchen ſchreiben
keine Richt-Schnur vor, ſondern verbinden nur
die andern, daß ſie nach der von GOtt in ſei-
nem Wort klar und deutlich vorgeſchriebenen
Regul einher gehen, und dieſelbe im Glauben
und Leben vor wahr und richtig annehmen und
erkennen ſollen. Sie prætendiren auch keine
Herrſchafft uͤber die Gewiſſen zu exerciren,
noch ſie zu gewiſſen Meynungen zu zwingen,
ſondern verbieten nur, daß ſie diejenigen fal-
ſchen und irrglaͤubigen Meynungen, die GOt-
tes Wort und den ſymboliſchen Buͤchern un-
ſerer Kirche zuwider ſind, nicht propaliren und
vertheidigen, auch andere dadurch nicht aͤrgern
ſollen.

§. 40. Man erfaͤhret oͤffters, daß einige
Gelehrte der unterſchiedenen Religions-Ver-
wandten in dem heil. Roͤm. Reiche einander
mit ſolchen Schrifften, die dem geiſtlichen und
Profan-Frieden des Reichs ſo gar entgegen
ſind, hefftig angreiffen. Gleichwie aber ſol-

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T 3
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[293/0313] Ketzer mit Recht von den Menſchen geſtrafft werden, denn es kaͤme GOtt alleine zu, eine Richt-Schnur vorzuſchreiben, nach welcher man ihn ehren ſolte, die Menſchen haͤtten keine Herrſchafft und auch keine Mittel, andern Leuten gewiſſe Meynungen aufzuzwingen. Al- lein, dieſe Raiſons, wenn man ſie unterſucht, halten nicht Stich. Die Menſchen ſchreiben keine Richt-Schnur vor, ſondern verbinden nur die andern, daß ſie nach der von GOtt in ſei- nem Wort klar und deutlich vorgeſchriebenen Regul einher gehen, und dieſelbe im Glauben und Leben vor wahr und richtig annehmen und erkennen ſollen. Sie prætendiren auch keine Herrſchafft uͤber die Gewiſſen zu exerciren, noch ſie zu gewiſſen Meynungen zu zwingen, ſondern verbieten nur, daß ſie diejenigen fal- ſchen und irrglaͤubigen Meynungen, die GOt- tes Wort und den ſymboliſchen Buͤchern un- ſerer Kirche zuwider ſind, nicht propaliren und vertheidigen, auch andere dadurch nicht aͤrgern ſollen. §. 40. Man erfaͤhret oͤffters, daß einige Gelehrte der unterſchiedenen Religions-Ver- wandten in dem heil. Roͤm. Reiche einander mit ſolchen Schrifften, die dem geiſtlichen und Profan-Frieden des Reichs ſo gar entgegen ſind, hefftig angreiffen. Gleichwie aber ſol- che T 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/313>, abgerufen am 22.11.2024.