Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



ben, daß die in den Wäldern zerstreueten Men-
schen von den Monarchen zusammen gebracht
worden.

§. 3. Andere halten davor, daß die Be-
dürffniß die Leute angetrieben, in gewisse Städ-
te und Republiquen sich begeben, damit sie com-
moder
und plaissirlicher leben könten. Nun
ist es wohl wahr, daß ein Mensch ohne anderer
Assistenz nicht diejenigen Bequemlichkeiten
und Vergnügungen hat, deren er durch andere
theilhafft werden kan; Jedoch scheinet die in-
digenz
eben nicht die Haupt Raison gewest zu
seyn, warum die Herrschafften und Reiche
durch combination vieler Familien aufgerich-
tet worden. Denn es hatten die Familien,
da sie mit ihren Kindern und Gesinde abgeson-
dert und zustreuet sich aufhielten und des Feld-
Baues und der Viehzucht befliessen, fast alles
dasjenige, was zu ihrer Leibes Nahrung und
Nothdurfft gereichte, nach Art derselben Zei-
ten, die nicht so luxurieus waren, als die heu-
tigen. Sie hatten ihr Getreyde, ihren Wein,
ihr Vieh, ihre Gartengewächse, u. s. w. Und
was ihnen an nöthigen Stücken abgegangen
wäre, hätten sie ja können durch den Handel
und Wandel von andern Orten herbe kommen.
Es giebt ja heutiges Tag es viel Völcker, wel-
che diejenigen Waaren, derer sie entweder zu

ihrer
Q 2



ben, daß die in den Waͤldern zerſtreueten Men-
ſchen von den Monarchen zuſammen gebracht
worden.

§. 3. Andere halten davor, daß die Be-
duͤrffniß die Leute angetrieben, in gewiſſe Staͤd-
te und Republiquen ſich begeben, damit ſie com-
moder
und plaisſirlicher leben koͤnten. Nun
iſt es wohl wahr, daß ein Menſch ohne anderer
Asſiſtenz nicht diejenigen Bequemlichkeiten
und Vergnuͤgungen hat, deren er durch andere
theilhafft werden kan; Jedoch ſcheinet die in-
digenz
eben nicht die Haupt Raiſon geweſt zu
ſeyn, warum die Herrſchafften und Reiche
durch combination vieler Familien aufgerich-
tet worden. Denn es hatten die Familien,
da ſie mit ihren Kindern und Geſinde abgeſon-
dert und zuſtreuet ſich aufhielten und des Feld-
Baues und der Viehzucht beflieſſen, faſt alles
dasjenige, was zu ihrer Leibes Nahrung und
Nothdurfft gereichte, nach Art derſelben Zei-
ten, die nicht ſo luxurieus waren, als die heu-
tigen. Sie hatten ihr Getreyde, ihren Wein,
ihr Vieh, ihre Gartengewaͤchſe, u. ſ. w. Und
was ihnen an noͤthigen Stuͤcken abgegangen
waͤre, haͤtten ſie ja koͤnnen durch den Handel
und Wandel von andern Orten herbe kommen.
Es giebt ja heutiges Tag es viel Voͤlcker, wel-
che diejenigen Waaren, derer ſie entweder zu

ihrer
Q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0263" n="243"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> ben, daß die in den Wa&#x0364;ldern zer&#x017F;treueten Men-<lb/>
&#x017F;chen von den Monarchen zu&#x017F;ammen gebracht<lb/>
worden.</p><lb/>
        <p>§. 3. Andere halten davor, daß die Be-<lb/>
du&#x0364;rffniß die Leute angetrieben, in gewi&#x017F;&#x017F;e Sta&#x0364;d-<lb/>
te und <hi rendition="#aq">Republiqu</hi>en &#x017F;ich begeben, damit &#x017F;ie <hi rendition="#aq">com-<lb/>
moder</hi> und <hi rendition="#aq">plais&#x017F;ir</hi>licher leben ko&#x0364;nten. Nun<lb/>
i&#x017F;t es wohl wahr, daß ein Men&#x017F;ch ohne anderer<lb/><hi rendition="#aq">As&#x017F;i&#x017F;tenz</hi> nicht diejenigen Bequemlichkeiten<lb/>
und Vergnu&#x0364;gungen hat, deren er durch andere<lb/>
theilhafft werden kan; Jedoch &#x017F;cheinet die <hi rendition="#aq">in-<lb/>
digenz</hi> eben nicht die Haupt <hi rendition="#aq">Rai&#x017F;on</hi> gewe&#x017F;t zu<lb/>
&#x017F;eyn, warum die Herr&#x017F;chafften und Reiche<lb/>
durch <hi rendition="#aq">combination</hi> vieler <hi rendition="#aq">Familien</hi> aufgerich-<lb/>
tet worden. Denn es hatten die <hi rendition="#aq">Familien,</hi><lb/>
da &#x017F;ie mit ihren Kindern und Ge&#x017F;inde abge&#x017F;on-<lb/>
dert und zu&#x017F;treuet &#x017F;ich aufhielten und des Feld-<lb/>
Baues und der Viehzucht beflie&#x017F;&#x017F;en, fa&#x017F;t alles<lb/>
dasjenige, was zu ihrer Leibes Nahrung und<lb/>
Nothdurfft gereichte, nach Art der&#x017F;elben Zei-<lb/>
ten, die nicht &#x017F;o <hi rendition="#aq">luxurieus</hi> waren, als die heu-<lb/>
tigen. Sie hatten ihr Getreyde, ihren Wein,<lb/>
ihr Vieh, ihre Gartengewa&#x0364;ch&#x017F;e, u. &#x017F;. w. Und<lb/>
was ihnen an no&#x0364;thigen Stu&#x0364;cken abgegangen<lb/>
wa&#x0364;re, ha&#x0364;tten &#x017F;ie ja ko&#x0364;nnen durch den Handel<lb/>
und Wandel von andern Orten herbe kommen.<lb/>
Es giebt ja heutiges Tag es viel Vo&#x0364;lcker, wel-<lb/>
che diejenigen Waaren, derer &#x017F;ie entweder zu<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ihrer</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0263] ben, daß die in den Waͤldern zerſtreueten Men- ſchen von den Monarchen zuſammen gebracht worden. §. 3. Andere halten davor, daß die Be- duͤrffniß die Leute angetrieben, in gewiſſe Staͤd- te und Republiquen ſich begeben, damit ſie com- moder und plaisſirlicher leben koͤnten. Nun iſt es wohl wahr, daß ein Menſch ohne anderer Asſiſtenz nicht diejenigen Bequemlichkeiten und Vergnuͤgungen hat, deren er durch andere theilhafft werden kan; Jedoch ſcheinet die in- digenz eben nicht die Haupt Raiſon geweſt zu ſeyn, warum die Herrſchafften und Reiche durch combination vieler Familien aufgerich- tet worden. Denn es hatten die Familien, da ſie mit ihren Kindern und Geſinde abgeſon- dert und zuſtreuet ſich aufhielten und des Feld- Baues und der Viehzucht beflieſſen, faſt alles dasjenige, was zu ihrer Leibes Nahrung und Nothdurfft gereichte, nach Art derſelben Zei- ten, die nicht ſo luxurieus waren, als die heu- tigen. Sie hatten ihr Getreyde, ihren Wein, ihr Vieh, ihre Gartengewaͤchſe, u. ſ. w. Und was ihnen an noͤthigen Stuͤcken abgegangen waͤre, haͤtten ſie ja koͤnnen durch den Handel und Wandel von andern Orten herbe kommen. Es giebt ja heutiges Tag es viel Voͤlcker, wel- che diejenigen Waaren, derer ſie entweder zu ihrer Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/263
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/263>, abgerufen am 22.11.2024.