Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



trauet würden, oder die nächsten Cognaten, so,
daß diese, als der Person zugegebene Vormün-
der, einfolglich das Fürstenthum und die allge-
meinen Gerechtsamen mit zu administriren
hätten? Damit nun die Sache mit wenigen
zu entscheiden, so ist zwar kein Zweifel, daß,
wenn der Vormund entweder von dem Käyser-
lichen Cammer-Gerichte oder durch ein Testa-
ment gesetzt wird, und der Person schlechter-
dings gegeben, daß dieser nur allein Vormund
sey, weil derjenige, so ihn gesetzt, befugt gewesen,
ihn über alles, auch über das Territorium des
Fürstens zu constituiren, und es auch so gewolt,
indem er ihn schlechterdings und ohne Unter-
scheid dem Pupillen gegeben. Es können auch
hier die Rechte der Agnaten und Cognaten
nicht gegen einander streitig seyn, weil derglei-
chen Vormundschafften nicht durch das Recht
der Vormundschafft, sondern durch den Wil-
len deßen, der sie conferirt, angetragen wor-
den. Jst aber in Ansehung der durch die Ge-
setze zuerkannten Tutel ein Streit zwischen den
Agnaten und Cognaten, so müssen die Vor-
mundschafften nothwendiger Weise von einan-
der gesondert werden, und die nächsten Cogna-
ten setzt man zu Vormunden über die Personen
und über ihr Privat-Vermögen, die Agnaten
aber über die Fürstenthümer. Jene sind nicht

befugt,
P 4



trauet wuͤrden, oder die naͤchſten Cognaten, ſo,
daß dieſe, als der Perſon zugegebene Vormuͤn-
der, einfolglich das Fuͤrſtenthum und die allge-
meinen Gerechtſamen mit zu adminiſtriren
haͤtten? Damit nun die Sache mit wenigen
zu entſcheiden, ſo iſt zwar kein Zweifel, daß,
wenn der Vormund entweder von dem Kaͤyſer-
lichen Cammer-Gerichte oder durch ein Teſta-
ment geſetzt wird, und der Perſon ſchlechter-
dings gegeben, daß dieſer nur allein Vormund
ſey, weil derjenige, ſo ihn geſetzt, befugt geweſen,
ihn uͤber alles, auch uͤber das Territorium des
Fuͤrſtens zu conſtituiren, und es auch ſo gewolt,
indem er ihn ſchlechterdings und ohne Unter-
ſcheid dem Pupillen gegeben. Es koͤnnen auch
hier die Rechte der Agnaten und Cognaten
nicht gegen einander ſtreitig ſeyn, weil derglei-
chen Vormundſchafften nicht durch das Recht
der Vormundſchafft, ſondern durch den Wil-
len deßen, der ſie conferirt, angetragen wor-
den. Jſt aber in Anſehung der durch die Ge-
ſetze zuerkannten Tutel ein Streit zwiſchen den
Agnaten und Cognaten, ſo muͤſſen die Vor-
mundſchafften nothwendiger Weiſe von einan-
der geſondert werden, und die naͤchſten Cogna-
ten ſetzt man zu Vormunden uͤber die Perſonen
und uͤber ihr Privat-Vermoͤgen, die Agnaten
aber uͤber die Fuͤrſtenthuͤmer. Jene ſind nicht

befugt,
P 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0251" n="231"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> trauet wu&#x0364;rden, oder die na&#x0364;ch&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Cognat</hi>en, &#x017F;o,<lb/>
daß die&#x017F;e, als der Per&#x017F;on zugegebene Vormu&#x0364;n-<lb/>
der, einfolglich das Fu&#x0364;r&#x017F;tenthum und die allge-<lb/>
meinen Gerecht&#x017F;amen mit zu <hi rendition="#aq">admini&#x017F;trir</hi>en<lb/>
ha&#x0364;tten? Damit nun die Sache mit wenigen<lb/>
zu ent&#x017F;cheiden, &#x017F;o i&#x017F;t zwar kein Zweifel, daß,<lb/>
wenn der Vormund entweder von dem Ka&#x0364;y&#x017F;er-<lb/>
lichen Cammer-Gerichte oder durch ein Te&#x017F;ta-<lb/>
ment ge&#x017F;etzt wird, und der Per&#x017F;on &#x017F;chlechter-<lb/>
dings gegeben, daß die&#x017F;er nur allein Vormund<lb/>
&#x017F;ey, weil derjenige, &#x017F;o ihn ge&#x017F;etzt, befugt gewe&#x017F;en,<lb/>
ihn u&#x0364;ber alles, auch u&#x0364;ber das <hi rendition="#aq">Territorium</hi> des<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tens zu <hi rendition="#aq">con&#x017F;titui</hi>ren, und es auch &#x017F;o gewolt,<lb/>
indem er ihn &#x017F;chlechterdings und ohne Unter-<lb/>
&#x017F;cheid dem <hi rendition="#aq">Pupill</hi>en gegeben. Es ko&#x0364;nnen auch<lb/>
hier die Rechte der <hi rendition="#aq">Agnat</hi>en und <hi rendition="#aq">Cognat</hi>en<lb/>
nicht gegen einander &#x017F;treitig &#x017F;eyn, weil derglei-<lb/>
chen Vormund&#x017F;chafften nicht durch das Recht<lb/>
der Vormund&#x017F;chafft, &#x017F;ondern durch den Wil-<lb/>
len deßen, der &#x017F;ie <hi rendition="#aq">conferi</hi>rt, angetragen wor-<lb/>
den. J&#x017F;t aber in An&#x017F;ehung der durch die Ge-<lb/>
&#x017F;etze zuerkannten <hi rendition="#aq">Tutel</hi> ein Streit zwi&#x017F;chen den<lb/><hi rendition="#aq">Agnat</hi>en und <hi rendition="#aq">Cognat</hi>en, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Vor-<lb/>
mund&#x017F;chafften nothwendiger Wei&#x017F;e von einan-<lb/>
der ge&#x017F;ondert werden, und die na&#x0364;ch&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Cogna-</hi><lb/>
ten &#x017F;etzt man zu Vormunden u&#x0364;ber die Per&#x017F;onen<lb/>
und u&#x0364;ber ihr Privat-Vermo&#x0364;gen, die <hi rendition="#aq">Agnat</hi>en<lb/>
aber u&#x0364;ber die Fu&#x0364;r&#x017F;tenthu&#x0364;mer. Jene &#x017F;ind nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 4</fw><fw place="bottom" type="catch">befugt,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0251] trauet wuͤrden, oder die naͤchſten Cognaten, ſo, daß dieſe, als der Perſon zugegebene Vormuͤn- der, einfolglich das Fuͤrſtenthum und die allge- meinen Gerechtſamen mit zu adminiſtriren haͤtten? Damit nun die Sache mit wenigen zu entſcheiden, ſo iſt zwar kein Zweifel, daß, wenn der Vormund entweder von dem Kaͤyſer- lichen Cammer-Gerichte oder durch ein Teſta- ment geſetzt wird, und der Perſon ſchlechter- dings gegeben, daß dieſer nur allein Vormund ſey, weil derjenige, ſo ihn geſetzt, befugt geweſen, ihn uͤber alles, auch uͤber das Territorium des Fuͤrſtens zu conſtituiren, und es auch ſo gewolt, indem er ihn ſchlechterdings und ohne Unter- ſcheid dem Pupillen gegeben. Es koͤnnen auch hier die Rechte der Agnaten und Cognaten nicht gegen einander ſtreitig ſeyn, weil derglei- chen Vormundſchafften nicht durch das Recht der Vormundſchafft, ſondern durch den Wil- len deßen, der ſie conferirt, angetragen wor- den. Jſt aber in Anſehung der durch die Ge- ſetze zuerkannten Tutel ein Streit zwiſchen den Agnaten und Cognaten, ſo muͤſſen die Vor- mundſchafften nothwendiger Weiſe von einan- der geſondert werden, und die naͤchſten Cogna- ten ſetzt man zu Vormunden uͤber die Perſonen und uͤber ihr Privat-Vermoͤgen, die Agnaten aber uͤber die Fuͤrſtenthuͤmer. Jene ſind nicht befugt, P 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/251
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/251>, abgerufen am 22.11.2024.