nach seinem Tode dieses eher durch seine Kin- der erhält, wenn sie mächtig werden, denn durch andere Leute, so glaubt man auch, daß ein Vater lieber seinen Kindern denn andern pro- spiciren wolle. Denn so er dieses nicht ge- wolt, müsse er sich dieserhalben ausdrücklich erklären, weil man von niemand glaubt, daß er so thöricht sey und nicht wolle, daß ein so herr- lich Bonum auf seine Kinder komme, sondern vielmehr einem ieden eigen gelassen seyn, und Gelegenheit zu Zwistigkeiten geben solle.
§. 4. Ferner vermuthet man auch, daß die Intention eines Königes dahin gehe, daß nicht allein das Königreich seine regulaire Forme und Einrichtung behalte, das ist, daß weder das Reich in gleiche Theile unter die Kinder oder nächsten Anverwandten getheilet werde, noch alle zusammen das Königreich gemein- schafftlich administriren, sondern auch, daß die Theile des summi imperii oder der Landes- herrlichen Macht nicht unter gleiche Brüder getheilet werde, als welches beydes mit grossen Schaden des Reichs und Zerrüttung der Kö- niglichen Familie selbst würde vergesellschafftet seyn. Hiermit kömmt überein, daß, der Prae- rogativ des Alters unbeschadet, unter den vie- len Kindern die Manns-Personen dem weibli- chen Geschlecht vorgezogen werden, weil or-
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nach ſeinem Tode dieſes eher durch ſeine Kin- der erhaͤlt, wenn ſie maͤchtig werden, denn durch andere Leute, ſo glaubt man auch, daß ein Vater lieber ſeinen Kindern denn andern pro- ſpiciren wolle. Denn ſo er dieſes nicht ge- wolt, muͤſſe er ſich dieſerhalben ausdruͤcklich erklaͤren, weil man von niemand glaubt, daß er ſo thoͤricht ſey und nicht wolle, daß ein ſo herr- lich Bonum auf ſeine Kinder komme, ſondern vielmehr einem ieden eigen gelaſſen ſeyn, und Gelegenheit zu Zwiſtigkeiten geben ſolle.
§. 4. Ferner vermuthet man auch, daß die Intention eines Koͤniges dahin gehe, daß nicht allein das Koͤnigreich ſeine regulaire Forme und Einrichtung behalte, das iſt, daß weder das Reich in gleiche Theile unter die Kinder oder naͤchſten Anverwandten getheilet werde, noch alle zuſammen das Koͤnigreich gemein- ſchafftlich adminiſtriren, ſondern auch, daß die Theile des ſummi imperii oder der Landes- herrlichen Macht nicht unter gleiche Bruͤder getheilet werde, als welches beydes mit groſſen Schaden des Reichs und Zerruͤttung der Koͤ- niglichen Familie ſelbſt wuͤrde vergeſellſchafftet ſeyn. Hiermit koͤmmt uͤberein, daß, der Præ- rogativ des Alters unbeſchadet, unter den vie- len Kindern die Manns-Perſonen dem weibli- chen Geſchlecht vorgezogen werden, weil or-
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[206/0226]
nach ſeinem Tode dieſes eher durch ſeine Kin-
der erhaͤlt, wenn ſie maͤchtig werden, denn
durch andere Leute, ſo glaubt man auch, daß ein
Vater lieber ſeinen Kindern denn andern pro-
ſpiciren wolle. Denn ſo er dieſes nicht ge-
wolt, muͤſſe er ſich dieſerhalben ausdruͤcklich
erklaͤren, weil man von niemand glaubt, daß er
ſo thoͤricht ſey und nicht wolle, daß ein ſo herr-
lich Bonum auf ſeine Kinder komme, ſondern
vielmehr einem ieden eigen gelaſſen ſeyn, und
Gelegenheit zu Zwiſtigkeiten geben ſolle.
§. 4. Ferner vermuthet man auch, daß die
Intention eines Koͤniges dahin gehe, daß nicht
allein das Koͤnigreich ſeine regulaire Forme
und Einrichtung behalte, das iſt, daß weder
das Reich in gleiche Theile unter die Kinder
oder naͤchſten Anverwandten getheilet werde,
noch alle zuſammen das Koͤnigreich gemein-
ſchafftlich adminiſtriren, ſondern auch, daß die
Theile des ſummi imperii oder der Landes-
herrlichen Macht nicht unter gleiche Bruͤder
getheilet werde, als welches beydes mit groſſen
Schaden des Reichs und Zerruͤttung der Koͤ-
niglichen Familie ſelbſt wuͤrde vergeſellſchafftet
ſeyn. Hiermit koͤmmt uͤberein, daß, der Præ-
rogativ des Alters unbeſchadet, unter den vie-
len Kindern die Manns-Perſonen dem weibli-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/226>, abgerufen am 25.11.2024.
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