giren, die sonderlich an dem Käyserlichen Hofe starck geredet wird.
§. 9. Es haben einige Hof-Leute von der Philosophie, ich weiß nicht was vor einen Con- cept. Sie halten dieselbe vor ein nichts- würdiges und verächtliches Studium; Sie mocquiren sich über dieselbe, und halten einen Philosophum bald nicht viel höher als einen Arlequin; Sie dencken, es sey die philoso- phie eine Wissenschafft, die einem Printzen oder einem andern, der sich zu Affairen will ge- brauchen lassen, unanständig. Das rüh- ret aber daher, daß die ehrlichen Leute von der wahren philosophie keine Erkänntniß haben; Sie dencken, es bestehe dieselbe nur in den un- nützen, mit blossen Definitionen und Divisio- nen und andern sterilen Speculationen ange- füllten Wörter-Kram, den ein Aristoteles oder ein fauler Münch oder ein ander müßiger Kopff, der die Welt nicht gesehen, in seiner Studier-Stube ausgebrütet, und in der Welt nicht sehr zu gebrauchen wäre, da doch solch Zeug von den wahren Welt-Weisen heutiges Tages selbst nicht mehr geachtet wird. Hin- gegen die rechte Welt-Weißheit ist eine gründ- liche Er känntniß aller Sachen in der Welt. Ohne dieselbe können sie, wenn sie sich nicht als Thoren aufführen wollen, ihre Actiones
nicht
K
giren, die ſonderlich an dem Kaͤyſerlichen Hofe ſtarck geredet wird.
§. 9. Es haben einige Hof-Leute von der Philoſophie, ich weiß nicht was vor einen Con- cept. Sie halten dieſelbe vor ein nichts- wuͤrdiges und veraͤchtliches Studium; Sie mocquiren ſich uͤber dieſelbe, und halten einen Philoſophum bald nicht viel hoͤher als einen Arlequin; Sie dencken, es ſey die philoſo- phie eine Wiſſenſchafft, die einem Printzen oder einem andern, der ſich zu Affairen will ge- brauchen laſſen, unanſtaͤndig. Das ruͤh- ret aber daher, daß die ehrlichen Leute von der wahren philoſophie keine Erkaͤnntniß haben; Sie dencken, es beſtehe dieſelbe nur in den un- nuͤtzen, mit bloſſen Definitionen und Diviſio- nen und andern ſterilen Speculationen ange- fuͤllten Woͤrter-Kram, den ein Ariſtoteles oder ein fauler Muͤnch oder ein ander muͤßiger Kopff, der die Welt nicht geſehen, in ſeiner Studier-Stube ausgebruͤtet, und in der Welt nicht ſehr zu gebrauchen waͤre, da doch ſolch Zeug von den wahren Welt-Weiſen heutiges Tages ſelbſt nicht mehr geachtet wird. Hin- gegen die rechte Welt-Weißheit iſt eine gruͤnd- liche Er kaͤnntniß aller Sachen in der Welt. Ohne dieſelbe koͤnnen ſie, wenn ſie ſich nicht als Thoren auffuͤhren wollen, ihre Actiones
nicht
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giren, die ſonderlich an dem Kaͤyſerlichen
Hofe ſtarck geredet wird.
§. 9. Es haben einige Hof-Leute von der
Philoſophie, ich weiß nicht was vor einen Con-
cept. Sie halten dieſelbe vor ein nichts-
wuͤrdiges und veraͤchtliches Studium; Sie
mocquiren ſich uͤber dieſelbe, und halten einen
Philoſophum bald nicht viel hoͤher als einen
Arlequin; Sie dencken, es ſey die philoſo-
phie eine Wiſſenſchafft, die einem Printzen
oder einem andern, der ſich zu Affairen will ge-
brauchen laſſen, unanſtaͤndig. Das ruͤh-
ret aber daher, daß die ehrlichen Leute von der
wahren philoſophie keine Erkaͤnntniß haben;
Sie dencken, es beſtehe dieſelbe nur in den un-
nuͤtzen, mit bloſſen Definitionen und Diviſio-
nen und andern ſterilen Speculationen ange-
fuͤllten Woͤrter-Kram, den ein Ariſtoteles
oder ein fauler Muͤnch oder ein ander muͤßiger
Kopff, der die Welt nicht geſehen, in ſeiner
Studier-Stube ausgebruͤtet, und in der Welt
nicht ſehr zu gebrauchen waͤre, da doch ſolch
Zeug von den wahren Welt-Weiſen heutiges
Tages ſelbſt nicht mehr geachtet wird. Hin-
gegen die rechte Welt-Weißheit iſt eine gruͤnd-
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Ohne dieſelbe koͤnnen ſie, wenn ſie ſich nicht
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/165>, abgerufen am 24.11.2024.
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