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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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esse ihres Herrn befördern, und einer des andern
Faute corrigiren und seinem Temperament oder
übrigen Umständen zu Statten kommen möge.
Z. E. wenn der eine zwar ein gelehrter Mann und
dem Negotio, so er tractiren soll, hauptsächlich ge-
wachsen, allein von morosen und verdrüßlichen
Umgange, so daß er durch seine eigensinnische Auf-
führung die Gemüther der Leute nicht leicht ge-
winnen kan, der andere ein galant Hofmann, der
das Ceremoniel sehr wohl innen hat, ein Glaß
Wein gern Bescheid thut, und auch wohl vertra-
gen kan, in allen Frauenzimmer- und andern
Compagnien wohl gelitten, die l' hombre Spiele,
Cinquilie und andere wohl verstehet, hingegen
sonst in den Studiis sehr schlecht versiret, und in
dem, so er bey seiner Ambassade negociren soll,
sonderlich erfahren, diese beyde können einander
gar wohl assistiren, und die Ambassade zum
Wunsch ihres Principalen verrichten. Dieser
hilfft die Gemüther der Leute, mit welchen jener
zu thun haben soll, praepariren, und sie bey der
Freundschafft erhalten, er bahnet ihnen bey un-
terschiedenen Leuten durch seine beliebte Conduite
einen Weg zu desto glücklicher Negotiation. Je-
ner hingegen expediret hernach das Hauptwerck,
worzu dieser, wenn er es allein verrichten solte,
gewißlich nicht capable wäre. Oder auch in dem
Fall wären zwey Abgesandten nöthig, wenn der
eine zwar wohl geschickt gnug wäre seiner Am-
bassade
mit Reputation vorzustehen, aber die
Faute an sich hätte, daß er sich gar bald übereilte,
und in seinen Negotiationen aus allzujäher Deli-

bera-



eſſe ihres Herrn befoͤrdern, und einer des andern
Faute corrigiren und ſeinem Temperament oder
uͤbrigen Umſtaͤnden zu Statten kommen moͤge.
Z. E. wenn der eine zwar ein gelehrter Mann und
dem Negotio, ſo er tractiren ſoll, hauptſaͤchlich ge-
wachſen, allein von moroſen und verdruͤßlichen
Umgange, ſo daß er durch ſeine eigenſinniſche Auf-
fuͤhrung die Gemuͤther der Leute nicht leicht ge-
winnen kan, der andere ein galant Hofmann, der
das Ceremoniel ſehr wohl innen hat, ein Glaß
Wein gern Beſcheid thut, und auch wohl vertra-
gen kan, in allen Frauenzimmer- und andern
Compagnien wohl gelitten, die l’ hombre Spiele,
Cinquilie und andere wohl verſtehet, hingegen
ſonſt in den Studiis ſehr ſchlecht verſiret, und in
dem, ſo er bey ſeiner Ambaſſade negociren ſoll,
ſonderlich erfahren, dieſe beyde koͤnnen einander
gar wohl aſſiſtiren, und die Ambaſſade zum
Wunſch ihres Principalen verrichten. Dieſer
hilfft die Gemuͤther der Leute, mit welchen jener
zu thun haben ſoll, præpariren, und ſie bey der
Freundſchafft erhalten, er bahnet ihnen bey un-
terſchiedenen Leuten durch ſeine beliebte Conduite
einen Weg zu deſto gluͤcklicher Negotiation. Je-
ner hingegen expediret hernach das Hauptwerck,
worzu dieſer, wenn er es allein verrichten ſolte,
gewißlich nicht capable waͤre. Oder auch in dem
Fall waͤren zwey Abgeſandten noͤthig, wenn der
eine zwar wohl geſchickt gnug waͤre ſeiner Am-
baſſade
mit Reputation vorzuſtehen, aber die
Faute an ſich haͤtte, daß er ſich gar bald uͤbereilte,
und in ſeinen Negotiationen aus allzujaͤher Deli-

bera-
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[1468/1488] eſſe ihres Herrn befoͤrdern, und einer des andern Faute corrigiren und ſeinem Temperament oder uͤbrigen Umſtaͤnden zu Statten kommen moͤge. Z. E. wenn der eine zwar ein gelehrter Mann und dem Negotio, ſo er tractiren ſoll, hauptſaͤchlich ge- wachſen, allein von moroſen und verdruͤßlichen Umgange, ſo daß er durch ſeine eigenſinniſche Auf- fuͤhrung die Gemuͤther der Leute nicht leicht ge- winnen kan, der andere ein galant Hofmann, der das Ceremoniel ſehr wohl innen hat, ein Glaß Wein gern Beſcheid thut, und auch wohl vertra- gen kan, in allen Frauenzimmer- und andern Compagnien wohl gelitten, die l’ hombre Spiele, Cinquilie und andere wohl verſtehet, hingegen ſonſt in den Studiis ſehr ſchlecht verſiret, und in dem, ſo er bey ſeiner Ambaſſade negociren ſoll, ſonderlich erfahren, dieſe beyde koͤnnen einander gar wohl aſſiſtiren, und die Ambaſſade zum Wunſch ihres Principalen verrichten. Dieſer hilfft die Gemuͤther der Leute, mit welchen jener zu thun haben ſoll, præpariren, und ſie bey der Freundſchafft erhalten, er bahnet ihnen bey un- terſchiedenen Leuten durch ſeine beliebte Conduite einen Weg zu deſto gluͤcklicher Negotiation. Je- ner hingegen expediret hernach das Hauptwerck, worzu dieſer, wenn er es allein verrichten ſolte, gewißlich nicht capable waͤre. Oder auch in dem Fall waͤren zwey Abgeſandten noͤthig, wenn der eine zwar wohl geſchickt gnug waͤre ſeiner Am- baſſade mit Reputation vorzuſtehen, aber die Faute an ſich haͤtte, daß er ſich gar bald uͤbereilte, und in ſeinen Negotiationen aus allzujaͤher Deli- bera-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1488>, abgerufen am 23.11.2024.