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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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reichen, wodurch sie im Stande sind, ihnen in den
Ländern, wo er einiges Interesse in Acht zu neh-
men hat, durch Beschenckungen und Pensiones
gute Freunde unter denenjenigen zu verschaffen,
die allda in guten Ansehen stehen. Wenn diese
Ausgaben wohl angewendet werden, so brin-
gen sie dem Fürsten, der solche hergiebt, mit rei-
chen Wucher Nutzen, und räumen die meisten
Schwürigkeiten aus dem Wege, die dessen An-
sehen zu wieder sind. Hingegen aber, wenn er
dieses Mittel nicht ergreifft, so kommen seine
Abgesandten in ihren Staats-Handlungen übel
fort, er bekommt zu dem wenig Alliirten und ste-
het in Gefahr die alten zu verlieren.

§. 4. Ein Potentate, der von einem ungetreuen
Negotianten betrogen wird, ist die vornehmste Ur-
sache an dem Schaden, den er von ihm erlitten,
weil er nachläßig gewesen, eine gute Wahl zu
thun, immassen es nicht gnug ist, einen geschickten
und verständigen Mann zu Führung einer wich-
tigen Sache auszusuchen, sondern man muß auch
einen solchen erwehlen, der zugleich wahrhafftig
und von einer bekannten Treue und Ehrlichkeit
sey, wenn das Interesse, so man ihm anvertraut, soll
gesichert seyn. Nun möchte man wohl sagen,
daß Fürsten und deren vornehmsten Ministri sich
offt genöthiget sähen, unterschiedene Werckzeuge
zu Erlangung ihres Zwecks zu gebrauchen. Wie
nicht weniger, daß es Leute gegeben habe, die ob
sie sich gleich keiner grossen Tugend rühmen kön-
nen, dennoch sehr gute Gesandten gewesen und
die ihnen anvertrauten Sachen in ersprießliches

Auffneh-
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reichen, wodurch ſie im Stande ſind, ihnen in den
Laͤndern, wo er einiges Intereſſe in Acht zu neh-
men hat, durch Beſchenckungen und Penſiones
gute Freunde unter denenjenigen zu verſchaffen,
die allda in guten Anſehen ſtehen. Wenn dieſe
Ausgaben wohl angewendet werden, ſo brin-
gen ſie dem Fuͤrſten, der ſolche hergiebt, mit rei-
chen Wucher Nutzen, und raͤumen die meiſten
Schwuͤrigkeiten aus dem Wege, die deſſen An-
ſehen zu wieder ſind. Hingegen aber, wenn er
dieſes Mittel nicht ergreifft, ſo kommen ſeine
Abgeſandten in ihren Staats-Handlungen uͤbel
fort, er bekommt zu dem wenig Alliirten und ſte-
het in Gefahr die alten zu verlieren.

§. 4. Ein Potentate, der von einem ungetreuen
Negotianten betrogen wird, iſt die vornehmſte Ur-
ſache an dem Schaden, den er von ihm erlitten,
weil er nachlaͤßig geweſen, eine gute Wahl zu
thun, immaſſen es nicht gnug iſt, einen geſchickten
und verſtaͤndigen Mann zu Fuͤhrung einer wich-
tigen Sache auszuſuchen, ſondern man muß auch
einen ſolchen erwehlen, der zugleich wahrhafftig
und von einer bekannten Treue und Ehrlichkeit
ſey, wenn das Intereſſe, ſo man ihm anvertraut, ſoll
geſichert ſeyn. Nun moͤchte man wohl ſagen,
daß Fuͤrſten und deren vornehmſten Miniſtri ſich
offt genoͤthiget ſaͤhen, unterſchiedene Werckzeuge
zu Erlangung ihres Zwecks zu gebrauchen. Wie
nicht weniger, daß es Leute gegeben habe, die ob
ſie ſich gleich keiner groſſen Tugend ruͤhmen koͤn-
nen, dennoch ſehr gute Geſandten geweſen und
die ihnen anvertrauten Sachen in erſprießliches

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[1459/1479] reichen, wodurch ſie im Stande ſind, ihnen in den Laͤndern, wo er einiges Intereſſe in Acht zu neh- men hat, durch Beſchenckungen und Penſiones gute Freunde unter denenjenigen zu verſchaffen, die allda in guten Anſehen ſtehen. Wenn dieſe Ausgaben wohl angewendet werden, ſo brin- gen ſie dem Fuͤrſten, der ſolche hergiebt, mit rei- chen Wucher Nutzen, und raͤumen die meiſten Schwuͤrigkeiten aus dem Wege, die deſſen An- ſehen zu wieder ſind. Hingegen aber, wenn er dieſes Mittel nicht ergreifft, ſo kommen ſeine Abgeſandten in ihren Staats-Handlungen uͤbel fort, er bekommt zu dem wenig Alliirten und ſte- het in Gefahr die alten zu verlieren. §. 4. Ein Potentate, der von einem ungetreuen Negotianten betrogen wird, iſt die vornehmſte Ur- ſache an dem Schaden, den er von ihm erlitten, weil er nachlaͤßig geweſen, eine gute Wahl zu thun, immaſſen es nicht gnug iſt, einen geſchickten und verſtaͤndigen Mann zu Fuͤhrung einer wich- tigen Sache auszuſuchen, ſondern man muß auch einen ſolchen erwehlen, der zugleich wahrhafftig und von einer bekannten Treue und Ehrlichkeit ſey, wenn das Intereſſe, ſo man ihm anvertraut, ſoll geſichert ſeyn. Nun moͤchte man wohl ſagen, daß Fuͤrſten und deren vornehmſten Miniſtri ſich offt genoͤthiget ſaͤhen, unterſchiedene Werckzeuge zu Erlangung ihres Zwecks zu gebrauchen. Wie nicht weniger, daß es Leute gegeben habe, die ob ſie ſich gleich keiner groſſen Tugend ruͤhmen koͤn- nen, dennoch ſehr gute Geſandten geweſen und die ihnen anvertrauten Sachen in erſprießliches Auffneh- Z zzz 2

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1479>, abgerufen am 27.11.2024.