ich doch, daß es besser sey, daß ein unschuldiger Mensch um das Leben komme, denn viel hun- dert ja tausend Leute im Kriege sterben, und das Land in sehr grossen Ruin hierdurch gesetzet werde.
§. 5. Bißweilen ist es auch nöthig, daß zu Befestigung gewisser öffentlichen und allgemei- nen Pacten einige Geisseln von den Unterthanen übergeben werden. Wenn nun diejenigen, die sich von freyen Stücken darzu offeriren, erman- geln, so ist ein Landes-Herr berechtiget, einige von den Bürgern und Unterthanen hierzu zu zwingen. Sind die Geisseln lange Zeit innen zu behalten, so ist es am billigsten, neue zu substi- tuiren, und die alten hierdurch zu befreyen, wie denn auch wohl gethan ist, wenn diese ausseror- dentliche Lasten, die die Geisseln an Statt der andern Bürger übernehmen, auch, so viel als möglich, durch extraordinaire Freyheiten und beneficia ihnen compensiret werden.
§. 6. Da wir nun erwiesen, daß einem Landes-Fürsten über das Leben seiner Unter- thanen die Macht zustehe, zum Nutzen und zur Wohlfahrt der Republic und seiner Unter- thanen darüber zu disponiren, so wird man er- kennen, daß er noch viel eher berechtiget sey, sich bey gewissen Fällen zu Beförderung des ge- meinschafftlichen Nutzens der Güter seiner Un-
tertha-
ich doch, daß es beſſer ſey, daß ein unſchuldiger Menſch um das Leben komme, denn viel hun- dert ja tauſend Leute im Kriege ſterben, und das Land in ſehr groſſen Ruin hierdurch geſetzet werde.
§. 5. Bißweilen iſt es auch noͤthig, daß zu Befeſtigung gewiſſer oͤffentlichen und allgemei- nen Pacten einige Geiſſeln von den Unterthanen uͤbergeben werden. Wenn nun diejenigen, die ſich von freyen Stuͤcken darzu offeriren, erman- geln, ſo iſt ein Landes-Herr berechtiget, einige von den Buͤrgern und Unterthanen hierzu zu zwingen. Sind die Geiſſeln lange Zeit innen zu behalten, ſo iſt es am billigſten, neue zu ſubſti- tuiren, und die alten hierdurch zu befreyen, wie denn auch wohl gethan iſt, wenn dieſe auſſeror- dentliche Laſten, die die Geiſſeln an Statt der andern Buͤrger uͤbernehmen, auch, ſo viel als moͤglich, durch extraordinaire Freyheiten und beneficia ihnen compenſiret werden.
§. 6. Da wir nun erwieſen, daß einem Landes-Fuͤrſten uͤber das Leben ſeiner Unter- thanen die Macht zuſtehe, zum Nutzen und zur Wohlfahrt der Republic und ſeiner Unter- thanen daruͤber zu diſponiren, ſo wird man er- kennen, daß er noch viel eher berechtiget ſey, ſich bey gewiſſen Faͤllen zu Befoͤrderung des ge- meinſchafftlichen Nutzens der Guͤter ſeiner Un-
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ich doch, daß es beſſer ſey, daß ein unſchuldiger
Menſch um das Leben komme, denn viel hun-
dert ja tauſend Leute im Kriege ſterben, und das
Land in ſehr groſſen Ruin hierdurch geſetzet
werde.
§. 5. Bißweilen iſt es auch noͤthig, daß zu
Befeſtigung gewiſſer oͤffentlichen und allgemei-
nen Pacten einige Geiſſeln von den Unterthanen
uͤbergeben werden. Wenn nun diejenigen, die
ſich von freyen Stuͤcken darzu offeriren, erman-
geln, ſo iſt ein Landes-Herr berechtiget, einige
von den Buͤrgern und Unterthanen hierzu zu
zwingen. Sind die Geiſſeln lange Zeit innen
zu behalten, ſo iſt es am billigſten, neue zu ſubſti-
tuiren, und die alten hierdurch zu befreyen, wie
denn auch wohl gethan iſt, wenn dieſe auſſeror-
dentliche Laſten, die die Geiſſeln an Statt der
andern Buͤrger uͤbernehmen, auch, ſo viel als
moͤglich, durch extraordinaire Freyheiten und
beneficia ihnen compenſiret werden.
§. 6. Da wir nun erwieſen, daß einem
Landes-Fuͤrſten uͤber das Leben ſeiner Unter-
thanen die Macht zuſtehe, zum Nutzen und zur
Wohlfahrt der Republic und ſeiner Unter-
thanen daruͤber zu diſponiren, ſo wird man er-
kennen, daß er noch viel eher berechtiget ſey, ſich
bey gewiſſen Faͤllen zu Befoͤrderung des ge-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1377>, abgerufen am 23.11.2024.
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