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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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Bettler duldet, sondern denenselben an Statt
begehrten Allmosens Gelegenheit zur Arbeit und
einem ehrlichen Verdienst giebt, davon sie noth-
dürfftig leben können, denn was GOtt und die
Natur in einem Stück versagt zuhaben schei-
nen, haben sie in andern Sachen reichlich er-
setzt, und wird meistentheils bey einem gebrech-
lichen Leibe ein sonderbarer Verstand und klu-
ges Nachdencken auff ein oder andere Profes-
sion
gefunden, welcher desto herrlicher excoli-
ret werden könte, wenn man denselben durch
gute Anstalt und Anleitung zu Hülffe käme.
Gleichwie nun der Nutzen, die Mühe und Ko-
sten, so man auff dergleichen gebrechlicher Leute
Unterweisung und Arbeit verwenden müste, sich
reichlich bezahlen würden; Also ist auch nicht
zu zweiffeln, daß eine iedwede Obrigkeit in ih-
rem Gewissen verbunden sey, dem Müßiggang
und der Betteley abzuhelffen, und ihren Unter-
thanen zu ehrlichen Nahrungs-Mitteln behülff-
lich zu seyn. S. Döhlers Untersuchung des
heut zu Tage überhand nehmenden Geld- und
Nahrungs-Mangels.

§. 28. Bey Betrachtung der Armuth sind
auch noch ferner zu consideriren, die armen
Kinder. Unter diese sind zu zehlen 1. solche,
welche zwar Eltern haben, diese aber Armuths
und beständiger Leibes-Gebrechen wegen sie

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Bettler duldet, ſondern denenſelben an Statt
begehrten Allmoſens Gelegenheit zur Arbeit und
einem ehrlichen Verdienſt giebt, davon ſie noth-
duͤrfftig leben koͤnnen, denn was GOtt und die
Natur in einem Stuͤck verſagt zuhaben ſchei-
nen, haben ſie in andern Sachen reichlich er-
ſetzt, und wird meiſtentheils bey einem gebrech-
lichen Leibe ein ſonderbarer Verſtand und klu-
ges Nachdencken auff ein oder andere Profes-
ſion
gefunden, welcher deſto herrlicher excoli-
ret werden koͤnte, wenn man denſelben durch
gute Anſtalt und Anleitung zu Huͤlffe kaͤme.
Gleichwie nun der Nutzen, die Muͤhe und Ko-
ſten, ſo man auff dergleichen gebrechlicher Leute
Unterweiſung und Arbeit verwenden muͤſte, ſich
reichlich bezahlen wuͤrden; Alſo iſt auch nicht
zu zweiffeln, daß eine iedwede Obrigkeit in ih-
rem Gewiſſen verbunden ſey, dem Muͤßiggang
und der Betteley abzuhelffen, und ihren Unter-
thanen zu ehrlichen Nahrungs-Mitteln behuͤlff-
lich zu ſeyn. S. Doͤhlers Unterſuchung des
heut zu Tage uͤberhand nehmenden Geld- und
Nahrungs-Mangels.

§. 28. Bey Betrachtung der Armuth ſind
auch noch ferner zu conſideriren, die armen
Kinder. Unter dieſe ſind zu zehlen 1. ſolche,
welche zwar Eltern haben, dieſe aber Armuths
und beſtaͤndiger Leibes-Gebrechen wegen ſie

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[1333/1353] Bettler duldet, ſondern denenſelben an Statt begehrten Allmoſens Gelegenheit zur Arbeit und einem ehrlichen Verdienſt giebt, davon ſie noth- duͤrfftig leben koͤnnen, denn was GOtt und die Natur in einem Stuͤck verſagt zuhaben ſchei- nen, haben ſie in andern Sachen reichlich er- ſetzt, und wird meiſtentheils bey einem gebrech- lichen Leibe ein ſonderbarer Verſtand und klu- ges Nachdencken auff ein oder andere Profes- ſion gefunden, welcher deſto herrlicher excoli- ret werden koͤnte, wenn man denſelben durch gute Anſtalt und Anleitung zu Huͤlffe kaͤme. Gleichwie nun der Nutzen, die Muͤhe und Ko- ſten, ſo man auff dergleichen gebrechlicher Leute Unterweiſung und Arbeit verwenden muͤſte, ſich reichlich bezahlen wuͤrden; Alſo iſt auch nicht zu zweiffeln, daß eine iedwede Obrigkeit in ih- rem Gewiſſen verbunden ſey, dem Muͤßiggang und der Betteley abzuhelffen, und ihren Unter- thanen zu ehrlichen Nahrungs-Mitteln behuͤlff- lich zu ſeyn. S. Doͤhlers Unterſuchung des heut zu Tage uͤberhand nehmenden Geld- und Nahrungs-Mangels. §. 28. Bey Betrachtung der Armuth ſind auch noch ferner zu conſideriren, die armen Kinder. Unter dieſe ſind zu zehlen 1. ſolche, welche zwar Eltern haben, dieſe aber Armuths und beſtaͤndiger Leibes-Gebrechen wegen ſie nicht P p p p 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1353>, abgerufen am 03.06.2024.