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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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Garns viel annoch darbey zu verbessern stünde;
Jndessen ist doch der Flachs-Handel so groß,
daß jährlich viel tausend Tonnen Lein-Saat
aus Lief- und Chur-Land nach Teutschland über-
geführet, und hieselbst gesäet werden, welches
so leichte von keiner andern prima materia oder
rohen Waare gesagt werden kan, sintemahl
alle andere Nationen viel zu klug, als daß sie sol-
che denen Teutschen solten zukommen lassen,
gleichwie die Teutschen etwan denen Fremden
thun.

§. 23. Es ist bekandt, wie das gesponnene
Garn bey grossen Partheyen verkaufft, in und
ausser Teutschland verführet und allda verwe-
bet werde, und diß ist eben ein gravamen, wel-
ches man bey dem Teutschen Leinwand-Handel
führen möchte, daß nemlich das Garn aus dem
Lande gelassen und nicht selbst darinnen verar-
beitet wird. Man möchte diesen Garn-Han-
del, in so weit er mit den Ausländern oder auch
selbst von einer teutschen Provintz mit der an-
dern geführet wird, etwas thörichtes nennen,
daß, da man die gröste Arbeit an dem, was zur
Leinen-manufactur erfordert wird, vollbracht,
und den Flachs so weit tractiret, daß ein saube-
res Garn daraus geworden, und nichts mehr
dran fehlet, als daß solches verwebet werde, man
das Weber-Lohn andern gönnet, welche es her-

nach



Garns viel annoch darbey zu verbeſſern ſtuͤnde;
Jndeſſen iſt doch der Flachs-Handel ſo groß,
daß jaͤhrlich viel tauſend Tonnen Lein-Saat
aus Lief- und Chur-Land nach Teutſchland uͤber-
gefuͤhret, und hieſelbſt geſaͤet werden, welches
ſo leichte von keiner andern prima materia oder
rohen Waare geſagt werden kan, ſintemahl
alle andere Nationen viel zu klug, als daß ſie ſol-
che denen Teutſchen ſolten zukommen laſſen,
gleichwie die Teutſchen etwan denen Fremden
thun.

§. 23. Es iſt bekandt, wie das geſponnene
Garn bey groſſen Partheyen verkaufft, in und
auſſer Teutſchland verfuͤhret und allda verwe-
bet werde, und diß iſt eben ein gravamen, wel-
ches man bey dem Teutſchen Leinwand-Handel
fuͤhren moͤchte, daß nemlich das Garn aus dem
Lande gelaſſen und nicht ſelbſt darinnen verar-
beitet wird. Man moͤchte dieſen Garn-Han-
del, in ſo weit er mit den Auslaͤndern oder auch
ſelbſt von einer teutſchen Provintz mit der an-
dern gefuͤhret wird, etwas thoͤrichtes nennen,
daß, da man die groͤſte Arbeit an dem, was zur
Leinen-manufactur erfordert wird, vollbracht,
und den Flachs ſo weit tractiret, daß ein ſaube-
res Garn daraus geworden, und nichts mehr
dran fehlet, als daß ſolches verwebet werde, man
das Weber-Lohn andern goͤnnet, welche es her-

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[1044/1064] Garns viel annoch darbey zu verbeſſern ſtuͤnde; Jndeſſen iſt doch der Flachs-Handel ſo groß, daß jaͤhrlich viel tauſend Tonnen Lein-Saat aus Lief- und Chur-Land nach Teutſchland uͤber- gefuͤhret, und hieſelbſt geſaͤet werden, welches ſo leichte von keiner andern prima materia oder rohen Waare geſagt werden kan, ſintemahl alle andere Nationen viel zu klug, als daß ſie ſol- che denen Teutſchen ſolten zukommen laſſen, gleichwie die Teutſchen etwan denen Fremden thun. §. 23. Es iſt bekandt, wie das geſponnene Garn bey groſſen Partheyen verkaufft, in und auſſer Teutſchland verfuͤhret und allda verwe- bet werde, und diß iſt eben ein gravamen, wel- ches man bey dem Teutſchen Leinwand-Handel fuͤhren moͤchte, daß nemlich das Garn aus dem Lande gelaſſen und nicht ſelbſt darinnen verar- beitet wird. Man moͤchte dieſen Garn-Han- del, in ſo weit er mit den Auslaͤndern oder auch ſelbſt von einer teutſchen Provintz mit der an- dern gefuͤhret wird, etwas thoͤrichtes nennen, daß, da man die groͤſte Arbeit an dem, was zur Leinen-manufactur erfordert wird, vollbracht, und den Flachs ſo weit tractiret, daß ein ſaube- res Garn daraus geworden, und nichts mehr dran fehlet, als daß ſolches verwebet werde, man das Weber-Lohn andern goͤnnet, welche es her- nach

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1044. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1064>, abgerufen am 29.06.2024.