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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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IV. Theil. VIII. Capitul.
Spitzbuben ehrliche Leute. Die vornehmen Schee-
renschleiffer, die Raritäten-Kastenträger und die
Charletans, die man hin und wieder antrifft, erwe-
cken einen angenehmen Lermen, und locken viel Zu-
schauer und Liebhaber an sich.

§. 3. Andere Wirthschafften bestehen in eini-
gen Banden gewisser Professionen oder Handthie-
rungen, die man darzu erwehlet. Also wurde vor
einigen Jahren in Dresden eine wohl inventirte
Wirthschafft aus Wintzern, Schäfern, Müllern
und Gärtnern angestellt, welche die Zunfft der vier
Haupt-Diebe betitult wurde. Manche machen einen
National-Aufzug aus, bey denen die meisten Natio-
nen, in so weit als ihre Art der Kleidungen bekandt
worden, vorkommen. Andere sind noch auf ande-
re Art eingerichtet.

§. 4. Vielmahls werden solche Wirthschafften
bey Anwesenheit frembder Herrschafften ihnen zu
Ehren und zu Gefallen angestellet. Es kan auch
bißweilen bey der Gelegenheit mancher Rang-Di-
sput
vermieden werden. Als der letzt-verstorbene
Czaar zu Moscau Petrus I. sich anno 1698 inco-
gnito
zu Wien aufhielt, so ward ihm zur Lust eine
treffliche Wirthschafft an dem Kayserlichen Hofe
angeordnet, wobey der Kayser und die Kanserin
den Wirth und die Wirthin, der Römische König
einen Persianer, und der Czaar einen Frießländi-
schen Bauer praesentirten. Bey dieser Lustbar-
keit standen der Kayser Leopoldus von Tafel auf,
traten mit einem kostbahren crystallenen Glase voll

Wein

IV. Theil. VIII. Capitul.
Spitzbuben ehrliche Leute. Die vornehmen Schee-
renſchleiffer, die Raritaͤten-Kaſtentraͤger und die
Charletans, die man hin und wieder antrifft, erwe-
cken einen angenehmen Lermen, und locken viel Zu-
ſchauer und Liebhaber an ſich.

§. 3. Andere Wirthſchafften beſtehen in eini-
gen Banden gewiſſer Profeſſionen oder Handthie-
rungen, die man darzu erwehlet. Alſo wurde vor
einigen Jahren in Dresden eine wohl inventirte
Wirthſchafft aus Wintzern, Schaͤfern, Muͤllern
und Gaͤrtnern angeſtellt, welche die Zunfft der vier
Haupt-Diebe betitult wuꝛde. Manche machen einen
National-Aufzug aus, bey denen die meiſten Natio-
nen, in ſo weit als ihre Art der Kleidungen bekandt
worden, vorkommen. Andere ſind noch auf ande-
re Art eingerichtet.

§. 4. Vielmahls werden ſolche Wirthſchafften
bey Anweſenheit frembder Herrſchafften ihnen zu
Ehren und zu Gefallen angeſtellet. Es kan auch
bißweilen bey der Gelegenheit mancher Rang-Di-
ſput
vermieden werden. Als der letzt-verſtorbene
Czaar zu Moſcau Petrus I. ſich anno 1698 inco-
gnito
zu Wien aufhielt, ſo ward ihm zur Luſt eine
treffliche Wirthſchafft an dem Kayſerlichen Hofe
angeordnet, wobey der Kayſer und die Kanſerin
den Wirth und die Wirthin, der Roͤmiſche Koͤnig
einen Perſianer, und der Czaar einen Frießlaͤndi-
ſchen Bauer præſentirten. Bey dieſer Luſtbar-
keit ſtanden der Kayſer Leopoldus von Tafel auf,
traten mit einem koſtbahren cryſtallenen Glaſe voll

Wein
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[826/0850] IV. Theil. VIII. Capitul. Spitzbuben ehrliche Leute. Die vornehmen Schee- renſchleiffer, die Raritaͤten-Kaſtentraͤger und die Charletans, die man hin und wieder antrifft, erwe- cken einen angenehmen Lermen, und locken viel Zu- ſchauer und Liebhaber an ſich. §. 3. Andere Wirthſchafften beſtehen in eini- gen Banden gewiſſer Profeſſionen oder Handthie- rungen, die man darzu erwehlet. Alſo wurde vor einigen Jahren in Dresden eine wohl inventirte Wirthſchafft aus Wintzern, Schaͤfern, Muͤllern und Gaͤrtnern angeſtellt, welche die Zunfft der vier Haupt-Diebe betitult wuꝛde. Manche machen einen National-Aufzug aus, bey denen die meiſten Natio- nen, in ſo weit als ihre Art der Kleidungen bekandt worden, vorkommen. Andere ſind noch auf ande- re Art eingerichtet. §. 4. Vielmahls werden ſolche Wirthſchafften bey Anweſenheit frembder Herrſchafften ihnen zu Ehren und zu Gefallen angeſtellet. Es kan auch bißweilen bey der Gelegenheit mancher Rang-Di- ſput vermieden werden. Als der letzt-verſtorbene Czaar zu Moſcau Petrus I. ſich anno 1698 inco- gnito zu Wien aufhielt, ſo ward ihm zur Luſt eine treffliche Wirthſchafft an dem Kayſerlichen Hofe angeordnet, wobey der Kayſer und die Kanſerin den Wirth und die Wirthin, der Roͤmiſche Koͤnig einen Perſianer, und der Czaar einen Frießlaͤndi- ſchen Bauer præſentirten. Bey dieſer Luſtbar- keit ſtanden der Kayſer Leopoldus von Tafel auf, traten mit einem koſtbahren cryſtallenen Glaſe voll Wein

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 826. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/850>, abgerufen am 22.11.2024.