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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von Opern und Comoedien.
te stossen die Comoedianten und Stock-Narren
nicht aus, wenn sie ein Gelächter machen. Die
Schau-Spiele sind sehr mächtig die Hertzen zu
verkehren, und deswegen muß sie ein weiser Mensch
meyden, weil sie nur erfunden worden sind zu der
Ehre der Heydnischen Götter. Auf den Theatris
schwatzen sie ja in Comoedien von Unzucht und
schändlicher Liebe, in den Tragoedien von der Blut-
Schande und Mordthaten. Die jungen Leute,
die in ihren schlüpfrigen Alter solten gezähmt und
wohl regiert werden, sehen diesen Greueln allemahl
zu, und werden durch solche Bilder zu allen Schan-
den und Lastern unterwiesen.

§. 27. So sehr als nun dergleichen Schau-Spie-
le von einigen alten und neuen Kirchen-Lehrern
herunter gemacht werden, so finden sich auch hin-
gegen wieder sehr viel Verfechter und Vertheidiger
der Opern und Comoedien. Sie schreiben den
grotesquen Actionen auf dem Theatro einen un-
vergleichlichen Nutzen zu; Sie meynen, ihr Haupt-
Endzweck bestünde keinesweges darinnen, daß man
die Gemüther der Menschen bey ihrer Ungezogen-
heit divertiren wolte, gleichwie sich etwan diejeni-
gen, so keinen Verstand von der Sache hätten/
träumen liessen, sondern sie zielten vielmehr directe
dahin, daß man die Laster unartiger Leute vor Au-
gen stellen, und sie gleichsam mit solchen heßlichen
Farben abmahlen wolte, daß sich andere daran
spiegeln, und vor dergleichen hüten lernten. Man
hätte aus der Erfahrung, daß eine so lebendige Vor-

stel-

Von Opern und Comœdien.
te ſtoſſen die Comœdianten und Stock-Narren
nicht aus, wenn ſie ein Gelaͤchter machen. Die
Schau-Spiele ſind ſehr maͤchtig die Hertzen zu
verkehren, und deswegen muß ſie ein weiſer Menſch
meyden, weil ſie nur erfunden worden ſind zu der
Ehre der Heydniſchen Goͤtter. Auf den Theatris
ſchwatzen ſie ja in Comœdien von Unzucht und
ſchaͤndlicher Liebe, in den Tragœdien von der Blut-
Schande und Mordthaten. Die jungen Leute,
die in ihren ſchluͤpfrigen Alter ſolten gezaͤhmt und
wohl regiert werden, ſehen dieſen Greueln allemahl
zu, und werden durch ſolche Bilder zu allen Schan-
den und Laſtern unterwieſen.

§. 27. So ſehr als nun dergleichen Schau-Spie-
le von einigen alten und neuen Kirchen-Lehrern
herunter gemacht werden, ſo finden ſich auch hin-
gegen wieder ſehr viel Verfechter und Vertheidiger
der Opern und Comœdien. Sie ſchreiben den
groteſquen Actionen auf dem Theatro einen un-
vergleichlichen Nutzen zu; Sie meynen, ihr Haupt-
Endzweck beſtuͤnde keinesweges darinnen, daß man
die Gemuͤther der Menſchen bey ihrer Ungezogen-
heit divertiren wolte, gleichwie ſich etwan diejeni-
gen, ſo keinen Verſtand von der Sache haͤtten/
traͤumen lieſſen, ſondern ſie zielten vielmehr directe
dahin, daß man die Laſter unartiger Leute vor Au-
gen ſtellen, und ſie gleichſam mit ſolchen heßlichen
Farben abmahlen wolte, daß ſich andere daran
ſpiegeln, und vor dergleichen huͤten lernten. Man
haͤtte aus der Erfahrung, daß eine ſo lebendige Vor-

ſtel-
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[813/0837] Von Opern und Comœdien. te ſtoſſen die Comœdianten und Stock-Narren nicht aus, wenn ſie ein Gelaͤchter machen. Die Schau-Spiele ſind ſehr maͤchtig die Hertzen zu verkehren, und deswegen muß ſie ein weiſer Menſch meyden, weil ſie nur erfunden worden ſind zu der Ehre der Heydniſchen Goͤtter. Auf den Theatris ſchwatzen ſie ja in Comœdien von Unzucht und ſchaͤndlicher Liebe, in den Tragœdien von der Blut- Schande und Mordthaten. Die jungen Leute, die in ihren ſchluͤpfrigen Alter ſolten gezaͤhmt und wohl regiert werden, ſehen dieſen Greueln allemahl zu, und werden durch ſolche Bilder zu allen Schan- den und Laſtern unterwieſen. §. 27. So ſehr als nun dergleichen Schau-Spie- le von einigen alten und neuen Kirchen-Lehrern herunter gemacht werden, ſo finden ſich auch hin- gegen wieder ſehr viel Verfechter und Vertheidiger der Opern und Comœdien. Sie ſchreiben den groteſquen Actionen auf dem Theatro einen un- vergleichlichen Nutzen zu; Sie meynen, ihr Haupt- Endzweck beſtuͤnde keinesweges darinnen, daß man die Gemuͤther der Menſchen bey ihrer Ungezogen- heit divertiren wolte, gleichwie ſich etwan diejeni- gen, ſo keinen Verſtand von der Sache haͤtten/ traͤumen lieſſen, ſondern ſie zielten vielmehr directe dahin, daß man die Laſter unartiger Leute vor Au- gen ſtellen, und ſie gleichſam mit ſolchen heßlichen Farben abmahlen wolte, daß ſich andere daran ſpiegeln, und vor dergleichen huͤten lernten. Man haͤtte aus der Erfahrung, daß eine ſo lebendige Vor- ſtel-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 813. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/837>, abgerufen am 22.11.2024.