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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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IV. Theil. V. Capitul.
samen oder geschwinden Mouvements, mit einan-
der zu temperiren.

§. 18. Die Schritte und Geberden müssen
hauptsächlich mit dem Character der Personen,
den sie ausdrücken, harmoniren. Bey den En-
treen
der Damen muß die Modestie allenthalben
die Oberhand haben, die Capriolen sind ihnen
nicht anständig, und ihre Sprünge müssen nie-
mahls über das Contretemps schreiten. Sollen
Cavaliers tantzen/ so müssen douce und manier-
liche, bey Bauern tumme und ungeschickte, bey
Klopf-Fechtern freche und freye, bey Soldaten
heroische und kühne Schritte, Minen und Geber-
den, an Händen, Füssen, Augen, Kops und gan-
tzen Leib ausgesonnen werden: Winde müssen
leicht, trunckene Menschen taumelnd, zornige hitzig,
lustige frölich, furchtsame zweifelhafftig, und be-
trübte traurig tantzen; ie natürlicher die Motion
und Gesticulation ist, ie künstlicher und rühmli-
cher wird auch das Ballet seyn.

§. 19. Eine wohl ausgesuchte, und mit der Ma-
terie accordi
rende Music, contribuiret ein vieles
zur Schönheit der Ballette. Sollen Nymphen
oder verliebte Personen ballettiren, so wird eine
douce und anmuthige, bey melancholischen eine
traurige und betrübte, bey desperaten eine furieuse
und rasende, bey tapffern eine heroische, bey Scara-
muzz
en eine poßirliche, bey alten Weibern eine
zerrige und dehnende Air und Melodie erfordert.
Bey einer combattirenden Entree würden sich so

wenig

IV. Theil. V. Capitul.
ſamen oder geſchwinden Mouvements, mit einan-
der zu temperiren.

§. 18. Die Schritte und Geberden muͤſſen
hauptſaͤchlich mit dem Character der Perſonen,
den ſie ausdruͤcken, harmoniren. Bey den En-
treen
der Damen muß die Modeſtie allenthalben
die Oberhand haben, die Capriolen ſind ihnen
nicht anſtaͤndig, und ihre Spruͤnge muͤſſen nie-
mahls uͤber das Contretemps ſchreiten. Sollen
Cavaliers tantzen/ ſo muͤſſen douçe und manier-
liche, bey Bauern tumme und ungeſchickte, bey
Klopf-Fechtern freche und freye, bey Soldaten
heroiſche und kuͤhne Schritte, Minen und Geber-
den, an Haͤnden, Fuͤſſen, Augen, Kopſ und gan-
tzen Leib ausgeſonnen werden: Winde muͤſſen
leicht, trunckene Menſchen taumelnd, zornige hitzig,
luſtige froͤlich, furchtſame zweifelhafftig, und be-
truͤbte traurig tantzen; ie natuͤrlicher die Motion
und Geſticulation iſt, ie kuͤnſtlicher und ruͤhmli-
cher wird auch das Ballet ſeyn.

§. 19. Eine wohl ausgeſuchte, und mit der Ma-
terie accordi
rende Muſic, contribuiret ein vieles
zur Schoͤnheit der Ballette. Sollen Nymphen
oder verliebte Perſonen ballettiren, ſo wird eine
douçe und anmuthige, bey melancholiſchen eine
traurige und betruͤbte, bey deſperaten eine furieuſe
und raſende, bey tapffern eine heroiſche, bey Scara-
muzz
en eine poßirliche, bey alten Weibern eine
zerrige und dehnende Air und Melodie erfordert.
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[794/0818] IV. Theil. V. Capitul. ſamen oder geſchwinden Mouvements, mit einan- der zu temperiren. §. 18. Die Schritte und Geberden muͤſſen hauptſaͤchlich mit dem Character der Perſonen, den ſie ausdruͤcken, harmoniren. Bey den En- treen der Damen muß die Modeſtie allenthalben die Oberhand haben, die Capriolen ſind ihnen nicht anſtaͤndig, und ihre Spruͤnge muͤſſen nie- mahls uͤber das Contretemps ſchreiten. Sollen Cavaliers tantzen/ ſo muͤſſen douçe und manier- liche, bey Bauern tumme und ungeſchickte, bey Klopf-Fechtern freche und freye, bey Soldaten heroiſche und kuͤhne Schritte, Minen und Geber- den, an Haͤnden, Fuͤſſen, Augen, Kopſ und gan- tzen Leib ausgeſonnen werden: Winde muͤſſen leicht, trunckene Menſchen taumelnd, zornige hitzig, luſtige froͤlich, furchtſame zweifelhafftig, und be- truͤbte traurig tantzen; ie natuͤrlicher die Motion und Geſticulation iſt, ie kuͤnſtlicher und ruͤhmli- cher wird auch das Ballet ſeyn. §. 19. Eine wohl ausgeſuchte, und mit der Ma- terie accordirende Muſic, contribuiret ein vieles zur Schoͤnheit der Ballette. Sollen Nymphen oder verliebte Perſonen ballettiren, ſo wird eine douçe und anmuthige, bey melancholiſchen eine traurige und betruͤbte, bey deſperaten eine furieuſe und raſende, bey tapffern eine heroiſche, bey Scara- muzzen eine poßirliche, bey alten Weibern eine zerrige und dehnende Air und Melodie erfordert. Bey einer combattirenden Entree wuͤrden ſich ſo wenig

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 794. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/818>, abgerufen am 23.11.2024.