§. 63. Bey diesem Fall geschehen bißweilen ei- ne lange Zeit vorher gleichsam gewisse Praeludia, die den Weg darzu bähnen. Die Regenten con- certiren ihr Dessein entweder mit einigen grossen Staats-Ministres, oder mit ihren künfftigen Suc- cessoribus, die ihnen denn hierbey kein Hinderniß in Weg legen, sondern sich ihren Entschluß gar wohl gefallen lassen. Bringen sie aber diese Re- solution an die Stände, so ersuchen sie dieselben in einer solennen Deputation auf das allerflehent- lichste, sie nicht zu verlassen, und ihren Schluß hier- innen zu verändern; nicht weniger pflegen andere Puissancen, wenn sie etwas davon erfahren, ihr Vorhaben auf alle Weise ihnen zu widerrathen.
§. 64. Beharren sie aber beständig auf ihren Entschluß, so lassen sie ein Abdanckungs-Diploma abfassen, und exprimiren darinnen die Ursachen/ die sie hierzu bewogen, welche mehrentheils folgen- de sind, als die Schwachheit des Leibes, das hohe Alter, und das Verlangen nach der Ruhe, oder der Eckel zum Jrrdischen, und die Liebe des Himmli- schen. Nicht weniger führen sie in dem Abdan- ckungs-Instrument an, daß sie das Regiment frey- willig, und ohne iemands Anstifften von sich ableg- ten, auch allen Praetensionen auf das Reich vor ietzt und künfftig renuncirten, welche sie zu keiner Zeit, weder durch sich, noch durch andere hervor- suchen wolten.
§. 65. Die sämmtlichen Stände werden durch Deputirte zusammen beruffen, das Abdanckungs-
Diplo-
III. Theil. VI. Capitul.
§. 63. Bey dieſem Fall geſchehen bißweilen ei- ne lange Zeit vorher gleichſam gewiſſe Præludia, die den Weg darzu baͤhnen. Die Regenten con- certiren ihr Deſſein entweder mit einigen groſſen Staats-Miniſtres, oder mit ihren kuͤnfftigen Suc- ceſſoribus, die ihnen denn hierbey kein Hinderniß in Weg legen, ſondern ſich ihren Entſchluß gar wohl gefallen laſſen. Bringen ſie aber dieſe Re- ſolution an die Staͤnde, ſo erſuchen ſie dieſelben in einer ſolennen Deputation auf das allerflehent- lichſte, ſie nicht zu verlaſſen, und ihren Schluß hier- innen zu veraͤndern; nicht weniger pflegen andere Puiſſancen, wenn ſie etwas davon erfahren, ihr Vorhaben auf alle Weiſe ihnen zu widerrathen.
§. 64. Beharren ſie aber beſtaͤndig auf ihren Entſchluß, ſo laſſen ſie ein Abdanckungs-Diploma abfaſſen, und exprimiren darinnen die Urſachen/ die ſie hierzu bewogen, welche mehrentheils folgen- de ſind, als die Schwachheit des Leibes, das hohe Alter, und das Verlangen nach der Ruhe, oder der Eckel zum Jrrdiſchen, und die Liebe des Himmli- ſchen. Nicht weniger fuͤhren ſie in dem Abdan- ckungs-Inſtrument an, daß ſie das Regiment frey- willig, und ohne iemands Anſtifften von ſich ableg- ten, auch allen Prætenſionen auf das Reich vor ietzt und kuͤnfftig renuncirten, welche ſie zu keiner Zeit, weder durch ſich, noch durch andere hervor- ſuchen wolten.
§. 65. Die ſaͤmmtlichen Staͤnde werden durch Deputirte zuſammen beruffen, das Abdanckungs-
Diplo-
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III. Theil. VI. Capitul.
§. 63. Bey dieſem Fall geſchehen bißweilen ei-
ne lange Zeit vorher gleichſam gewiſſe Præludia,
die den Weg darzu baͤhnen. Die Regenten con-
certiren ihr Deſſein entweder mit einigen groſſen
Staats-Miniſtres, oder mit ihren kuͤnfftigen Suc-
ceſſoribus, die ihnen denn hierbey kein Hinderniß
in Weg legen, ſondern ſich ihren Entſchluß gar
wohl gefallen laſſen. Bringen ſie aber dieſe Re-
ſolution an die Staͤnde, ſo erſuchen ſie dieſelben in
einer ſolennen Deputation auf das allerflehent-
lichſte, ſie nicht zu verlaſſen, und ihren Schluß hier-
innen zu veraͤndern; nicht weniger pflegen andere
Puiſſancen, wenn ſie etwas davon erfahren, ihr
Vorhaben auf alle Weiſe ihnen zu widerrathen.
§. 64. Beharren ſie aber beſtaͤndig auf ihren
Entſchluß, ſo laſſen ſie ein Abdanckungs-Diploma
abfaſſen, und exprimiren darinnen die Urſachen/
die ſie hierzu bewogen, welche mehrentheils folgen-
de ſind, als die Schwachheit des Leibes, das hohe
Alter, und das Verlangen nach der Ruhe, oder der
Eckel zum Jrrdiſchen, und die Liebe des Himmli-
ſchen. Nicht weniger fuͤhren ſie in dem Abdan-
ckungs-Inſtrument an, daß ſie das Regiment frey-
willig, und ohne iemands Anſtifften von ſich ableg-
ten, auch allen Prætenſionen auf das Reich vor
ietzt und kuͤnfftig renuncirten, welche ſie zu keiner
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 654. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/678>, abgerufen am 22.11.2024.
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