weilen werden sie mit kostbaren Tapeten behan- gen, bißweilen aber auch zu beyden Seiten mit ei- ner anmuthigen und continuirlich grünenden Allee von Tannen-Bäumen, die mit allerhand Sorten, theils natürlichen, theils gekünstelten Obstes behan- gen, ausgeschmücket. Manchmahl siehet man lauter grünende Schwibbögen, Pyramiden und andere künstlich eingeflochtene Arbeit und Schrifft, nebst viel raren Abbildungen. Es wird auf das schärffste verbothen, daß sich niemand in zerrissenen oder sonst alten und lappichten Kleidern auf der Strasse dürffe sehen lassen.
§. 2. Jn den vorigen Seculis war es denen Lan- des-Fürsten eine angenehme Parade, wenn ihnen eine grosse Menge allerhand Volcks entgegen kam, die vor Freuden jauchzeten und in die Hände schlu- gen, oder wenn die Gassen mit kleinen Knaben und Mädgen besetzt waren, die in weissen Hembden, so mit mancherley bunt-farbigen Bande ausgezieret, grüne Cräntze auf den Häuptern führten, und die Durchlauchtigsten Herrschafften mit einer Choral- Music, die ihren Kräfften und Vermögen propor- tionirt war, beehreten; wie denn nebst viel andern der theure Chur-Fürst zu Sachsen Johann Frie- drich, als er aus seinem Gefängniß wieder zurück kehrete, in Jena Weimar, Coburg und andern Or- ten auf diese Weise beneventirt worden. Heu- tiges Tages würde diese Ceremonie manchen gar spöttisch vorkommen; iedoch lieset man auch in der neuesten Historie, daß anno 1696. bey der solennen
Ein-
III. Theil V. Capitul.
weilen werden ſie mit koſtbaren Tapeten behan- gen, bißweilen aber auch zu beyden Seiten mit ei- ner anmuthigen und continuirlich gruͤnenden Allee von Tannen-Baͤumen, die mit allerhand Sorten, theils natuͤrlichen, theils gekuͤnſtelten Obſtes behan- gen, ausgeſchmuͤcket. Manchmahl ſiehet man lauter gruͤnende Schwibboͤgen, Pyramiden und andere kuͤnſtlich eingeflochtene Arbeit und Schrifft, nebſt viel raren Abbildungen. Es wird auf das ſchaͤrffſte verbothen, daß ſich niemand in zerriſſenen oder ſonſt alten und lappichten Kleidern auf der Straſſe duͤrffe ſehen laſſen.
§. 2. Jn den vorigen Seculis war es denen Lan- des-Fuͤrſten eine angenehme Parade, wenn ihnen eine groſſe Menge allerhand Volcks entgegen kam, die vor Freuden jauchzeten und in die Haͤnde ſchlu- gen, oder wenn die Gaſſen mit kleinen Knaben und Maͤdgen beſetzt waren, die in weiſſen Hembden, ſo mit mancherley bunt-farbigen Bande ausgezieret, gruͤne Craͤntze auf den Haͤuptern fuͤhrten, und die Durchlauchtigſten Herrſchafften mit einer Choral- Muſic, die ihren Kraͤfften und Vermoͤgen propor- tionirt war, beehreten; wie denn nebſt viel andern der theure Chur-Fuͤrſt zu Sachſen Johann Frie- drich, als er aus ſeinem Gefaͤngniß wieder zuruͤck kehrete, in Jena Weimar, Coburg und andern Or- ten auf dieſe Weiſe beneventirt worden. Heu- tiges Tages wuͤrde dieſe Ceremonie manchen gar ſpoͤttiſch vorkommen; iedoch lieſet man auch in der neueſten Hiſtorie, daß anno 1696. bey der ſolennen
Ein-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0634"n="610"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Theil <hirendition="#aq">V.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
weilen werden ſie mit koſtbaren Tapeten behan-<lb/>
gen, bißweilen aber auch zu beyden Seiten mit ei-<lb/>
ner anmuthigen und <hirendition="#aq">continui</hi>rlich gruͤnenden <hirendition="#aq">Allee</hi><lb/>
von Tannen-Baͤumen, die mit allerhand Sorten,<lb/>
theils natuͤrlichen, theils gekuͤnſtelten Obſtes behan-<lb/>
gen, ausgeſchmuͤcket. Manchmahl ſiehet man<lb/>
lauter gruͤnende Schwibboͤgen, Pyramiden und<lb/>
andere kuͤnſtlich eingeflochtene Arbeit und Schrifft,<lb/>
nebſt viel raren Abbildungen. Es wird auf das<lb/>ſchaͤrffſte verbothen, daß ſich niemand in zerriſſenen<lb/>
oder ſonſt alten und lappichten Kleidern auf der<lb/>
Straſſe duͤrffe ſehen laſſen.</p><lb/><p>§. 2. Jn den vorigen <hirendition="#aq">Seculis</hi> war es denen Lan-<lb/>
des-Fuͤrſten eine angenehme <hirendition="#aq">Parade,</hi> wenn ihnen<lb/>
eine groſſe Menge allerhand Volcks entgegen kam,<lb/>
die vor Freuden jauchzeten und in die Haͤnde ſchlu-<lb/>
gen, oder wenn die Gaſſen mit kleinen Knaben und<lb/>
Maͤdgen beſetzt waren, die in weiſſen Hembden, ſo<lb/>
mit mancherley bunt-farbigen Bande ausgezieret,<lb/>
gruͤne Craͤntze auf den Haͤuptern fuͤhrten, und die<lb/>
Durchlauchtigſten Herrſchafften mit einer <hirendition="#aq">Choral-<lb/>
Muſic,</hi> die ihren Kraͤfften und Vermoͤgen <hirendition="#aq">propor-<lb/>
tioni</hi>rt war, beehreten; wie denn nebſt viel andern<lb/>
der theure Chur-Fuͤrſt zu Sachſen Johann Frie-<lb/>
drich, als er aus ſeinem Gefaͤngniß wieder zuruͤck<lb/>
kehrete, in Jena Weimar, Coburg und andern Or-<lb/>
ten auf dieſe Weiſe <hirendition="#aq">beneventi</hi>rt worden. Heu-<lb/>
tiges Tages wuͤrde dieſe <hirendition="#aq">Ceremonie</hi> manchen gar<lb/>ſpoͤttiſch vorkommen; iedoch lieſet man auch in der<lb/>
neueſten Hiſtorie, daß <hirendition="#aq">anno</hi> 1696. bey der <hirendition="#aq">ſolenn</hi>en<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ein-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[610/0634]
III. Theil V. Capitul.
weilen werden ſie mit koſtbaren Tapeten behan-
gen, bißweilen aber auch zu beyden Seiten mit ei-
ner anmuthigen und continuirlich gruͤnenden Allee
von Tannen-Baͤumen, die mit allerhand Sorten,
theils natuͤrlichen, theils gekuͤnſtelten Obſtes behan-
gen, ausgeſchmuͤcket. Manchmahl ſiehet man
lauter gruͤnende Schwibboͤgen, Pyramiden und
andere kuͤnſtlich eingeflochtene Arbeit und Schrifft,
nebſt viel raren Abbildungen. Es wird auf das
ſchaͤrffſte verbothen, daß ſich niemand in zerriſſenen
oder ſonſt alten und lappichten Kleidern auf der
Straſſe duͤrffe ſehen laſſen.
§. 2. Jn den vorigen Seculis war es denen Lan-
des-Fuͤrſten eine angenehme Parade, wenn ihnen
eine groſſe Menge allerhand Volcks entgegen kam,
die vor Freuden jauchzeten und in die Haͤnde ſchlu-
gen, oder wenn die Gaſſen mit kleinen Knaben und
Maͤdgen beſetzt waren, die in weiſſen Hembden, ſo
mit mancherley bunt-farbigen Bande ausgezieret,
gruͤne Craͤntze auf den Haͤuptern fuͤhrten, und die
Durchlauchtigſten Herrſchafften mit einer Choral-
Muſic, die ihren Kraͤfften und Vermoͤgen propor-
tionirt war, beehreten; wie denn nebſt viel andern
der theure Chur-Fuͤrſt zu Sachſen Johann Frie-
drich, als er aus ſeinem Gefaͤngniß wieder zuruͤck
kehrete, in Jena Weimar, Coburg und andern Or-
ten auf dieſe Weiſe beneventirt worden. Heu-
tiges Tages wuͤrde dieſe Ceremonie manchen gar
ſpoͤttiſch vorkommen; iedoch lieſet man auch in der
neueſten Hiſtorie, daß anno 1696. bey der ſolennen
Ein-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/634>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.