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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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III. Theil V. Capitul.
weilen werden sie mit kostbaren Tapeten behan-
gen, bißweilen aber auch zu beyden Seiten mit ei-
ner anmuthigen und continuirlich grünenden Allee
von Tannen-Bäumen, die mit allerhand Sorten,
theils natürlichen, theils gekünstelten Obstes behan-
gen, ausgeschmücket. Manchmahl siehet man
lauter grünende Schwibbögen, Pyramiden und
andere künstlich eingeflochtene Arbeit und Schrifft,
nebst viel raren Abbildungen. Es wird auf das
schärffste verbothen, daß sich niemand in zerrissenen
oder sonst alten und lappichten Kleidern auf der
Strasse dürffe sehen lassen.

§. 2. Jn den vorigen Seculis war es denen Lan-
des-Fürsten eine angenehme Parade, wenn ihnen
eine grosse Menge allerhand Volcks entgegen kam,
die vor Freuden jauchzeten und in die Hände schlu-
gen, oder wenn die Gassen mit kleinen Knaben und
Mädgen besetzt waren, die in weissen Hembden, so
mit mancherley bunt-farbigen Bande ausgezieret,
grüne Cräntze auf den Häuptern führten, und die
Durchlauchtigsten Herrschafften mit einer Choral-
Music,
die ihren Kräfften und Vermögen propor-
tioni
rt war, beehreten; wie denn nebst viel andern
der theure Chur-Fürst zu Sachsen Johann Frie-
drich, als er aus seinem Gefängniß wieder zurück
kehrete, in Jena Weimar, Coburg und andern Or-
ten auf diese Weise beneventirt worden. Heu-
tiges Tages würde diese Ceremonie manchen gar
spöttisch vorkommen; iedoch lieset man auch in der
neuesten Historie, daß anno 1696. bey der solennen

Ein-

III. Theil V. Capitul.
weilen werden ſie mit koſtbaren Tapeten behan-
gen, bißweilen aber auch zu beyden Seiten mit ei-
ner anmuthigen und continuirlich gruͤnenden Allee
von Tannen-Baͤumen, die mit allerhand Sorten,
theils natuͤrlichen, theils gekuͤnſtelten Obſtes behan-
gen, ausgeſchmuͤcket. Manchmahl ſiehet man
lauter gruͤnende Schwibboͤgen, Pyramiden und
andere kuͤnſtlich eingeflochtene Arbeit und Schrifft,
nebſt viel raren Abbildungen. Es wird auf das
ſchaͤrffſte verbothen, daß ſich niemand in zerriſſenen
oder ſonſt alten und lappichten Kleidern auf der
Straſſe duͤrffe ſehen laſſen.

§. 2. Jn den vorigen Seculis war es denen Lan-
des-Fuͤrſten eine angenehme Parade, wenn ihnen
eine groſſe Menge allerhand Volcks entgegen kam,
die vor Freuden jauchzeten und in die Haͤnde ſchlu-
gen, oder wenn die Gaſſen mit kleinen Knaben und
Maͤdgen beſetzt waren, die in weiſſen Hembden, ſo
mit mancherley bunt-farbigen Bande ausgezieret,
gruͤne Craͤntze auf den Haͤuptern fuͤhrten, und die
Durchlauchtigſten Herrſchafften mit einer Choral-
Muſic,
die ihren Kraͤfften und Vermoͤgen propor-
tioni
rt war, beehreten; wie denn nebſt viel andern
der theure Chur-Fuͤrſt zu Sachſen Johann Frie-
drich, als er aus ſeinem Gefaͤngniß wieder zuruͤck
kehrete, in Jena Weimar, Coburg und andern Or-
ten auf dieſe Weiſe beneventirt worden. Heu-
tiges Tages wuͤrde dieſe Ceremonie manchen gar
ſpoͤttiſch vorkommen; iedoch lieſet man auch in der
neueſten Hiſtorie, daß anno 1696. bey der ſolennen

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[610/0634] III. Theil V. Capitul. weilen werden ſie mit koſtbaren Tapeten behan- gen, bißweilen aber auch zu beyden Seiten mit ei- ner anmuthigen und continuirlich gruͤnenden Allee von Tannen-Baͤumen, die mit allerhand Sorten, theils natuͤrlichen, theils gekuͤnſtelten Obſtes behan- gen, ausgeſchmuͤcket. Manchmahl ſiehet man lauter gruͤnende Schwibboͤgen, Pyramiden und andere kuͤnſtlich eingeflochtene Arbeit und Schrifft, nebſt viel raren Abbildungen. Es wird auf das ſchaͤrffſte verbothen, daß ſich niemand in zerriſſenen oder ſonſt alten und lappichten Kleidern auf der Straſſe duͤrffe ſehen laſſen. §. 2. Jn den vorigen Seculis war es denen Lan- des-Fuͤrſten eine angenehme Parade, wenn ihnen eine groſſe Menge allerhand Volcks entgegen kam, die vor Freuden jauchzeten und in die Haͤnde ſchlu- gen, oder wenn die Gaſſen mit kleinen Knaben und Maͤdgen beſetzt waren, die in weiſſen Hembden, ſo mit mancherley bunt-farbigen Bande ausgezieret, gruͤne Craͤntze auf den Haͤuptern fuͤhrten, und die Durchlauchtigſten Herrſchafften mit einer Choral- Muſic, die ihren Kraͤfften und Vermoͤgen propor- tionirt war, beehreten; wie denn nebſt viel andern der theure Chur-Fuͤrſt zu Sachſen Johann Frie- drich, als er aus ſeinem Gefaͤngniß wieder zuruͤck kehrete, in Jena Weimar, Coburg und andern Or- ten auf dieſe Weiſe beneventirt worden. Heu- tiges Tages wuͤrde dieſe Ceremonie manchen gar ſpoͤttiſch vorkommen; iedoch lieſet man auch in der neueſten Hiſtorie, daß anno 1696. bey der ſolennen Ein-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/634>, abgerufen am 21.11.2024.