Privat-Rechten die Vormundschafft aufgetragen wird, theils sind ihnen einige grosse Staats-Mini- stri auf alle Wege dazu behülflich, denn sie profi- tiren dabey, weil manche von ihnen mehr regieren, als die Königlichen oder Fürstlichen Mütter. Biß- weilen werden sie durch einen specialen Consens des Volcks dieser Vormundschafften fähig, da sie sich durch ihre grosse Meriten und Tugenden den Weg dazu bahnen. Es geschicht auch wohl, daß sie durch List das Reich nach und nach an sich ziehen, und die Ministres und Stände gewinnen.
§. 10. Nach der Teutschen Verfassung sind die Vormundschafften der Fürstlichen Mütter eben- falls gegründet. Bißweilen trägt des Römischen Kaysers Majestät die Vormundschafft des Pu- pillen ihnen selbst auf, die Administration des Fürstenthums aber einen von den Hochfürstlichen Agnaten, wie es der Kayser anno 1678 bey dem Hertzogthum Würtenberg thate. Offters werden sie auch in den Fürstlichen Testamenten die der Kayser nachgehends zu confirmiren pflegt, dazu ernennet, und einige geheimbde Räthe ihnen an die Seite gesetzt.
§. 11. Wird ihnen die Vormundschafft und Administration des Fürstenthums selbst aufgetra- gen, so lassen sie in Beyseyn des Erb-Printzens die Fürstlichen Räthe in das Gemach kommen, und tragen ihnen mit nachdrücklichen und wehmüthigen Worten vor, wie Dero Hochseeliger Gemahl ihnen bey der Minderjährigkeit ihres Herrn Sohns
die
III. Theil. I. Capitul.
Privat-Rechten die Vormundſchafft aufgetragen wird, theils ſind ihnen einige groſſe Staats-Mini- ſtri auf alle Wege dazu behuͤlflich, denn ſie profi- tiren dabey, weil manche von ihnen mehr regieren, als die Koͤniglichen oder Fuͤrſtlichen Muͤtter. Biß- weilen werden ſie durch einen ſpecialen Conſens des Volcks dieſer Vormundſchafften faͤhig, da ſie ſich durch ihre groſſe Meriten und Tugenden den Weg dazu bahnen. Es geſchicht auch wohl, daß ſie durch Liſt das Reich nach und nach an ſich ziehen, und die Miniſtres und Staͤnde gewinnen.
§. 10. Nach der Teutſchen Verfaſſung ſind die Vormundſchafften der Fuͤrſtlichen Muͤtter eben- falls gegruͤndet. Bißweilen traͤgt des Roͤmiſchen Kayſers Majeſtaͤt die Vormundſchafft des Pu- pillen ihnen ſelbſt auf, die Adminiſtration des Fuͤrſtenthums aber einen von den Hochfuͤrſtlichen Agnaten, wie es der Kayſer anno 1678 bey dem Hertzogthum Wuͤrtenberg thate. Offters werden ſie auch in den Fuͤrſtlichen Teſtamenten die der Kayſer nachgehends zu confirmiren pflegt, dazu ernennet, und einige geheimbde Raͤthe ihnen an die Seite geſetzt.
§. 11. Wird ihnen die Vormundſchafft und Adminiſtration des Fuͤrſtenthums ſelbſt aufgetra- gen, ſo laſſen ſie in Beyſeyn des Erb-Printzens die Fuͤrſtlichen Raͤthe in das Gemach kommen, und tragen ihnen mit nachdruͤcklichen und wehmuͤthigen Worten vor, wie Dero Hochſeeliger Gemahl ihnen bey der Minderjaͤhrigkeit ihres Herrn Sohns
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III. Theil. I. Capitul.
Privat-Rechten die Vormundſchafft aufgetragen
wird, theils ſind ihnen einige groſſe Staats-Mini-
ſtri auf alle Wege dazu behuͤlflich, denn ſie profi-
tiren dabey, weil manche von ihnen mehr regieren,
als die Koͤniglichen oder Fuͤrſtlichen Muͤtter. Biß-
weilen werden ſie durch einen ſpecialen Conſens
des Volcks dieſer Vormundſchafften faͤhig, da
ſie ſich durch ihre groſſe Meriten und Tugenden
den Weg dazu bahnen. Es geſchicht auch wohl,
daß ſie durch Liſt das Reich nach und nach an ſich
ziehen, und die Miniſtres und Staͤnde gewinnen.
§. 10. Nach der Teutſchen Verfaſſung ſind die
Vormundſchafften der Fuͤrſtlichen Muͤtter eben-
falls gegruͤndet. Bißweilen traͤgt des Roͤmiſchen
Kayſers Majeſtaͤt die Vormundſchafft des Pu-
pillen ihnen ſelbſt auf, die Adminiſtration des
Fuͤrſtenthums aber einen von den Hochfuͤrſtlichen
Agnaten, wie es der Kayſer anno 1678 bey dem
Hertzogthum Wuͤrtenberg thate. Offters werden
ſie auch in den Fuͤrſtlichen Teſtamenten die der
Kayſer nachgehends zu confirmiren pflegt, dazu
ernennet, und einige geheimbde Raͤthe ihnen an die
Seite geſetzt.
§. 11. Wird ihnen die Vormundſchafft und
Adminiſtration des Fuͤrſtenthums ſelbſt aufgetra-
gen, ſo laſſen ſie in Beyſeyn des Erb-Printzens die
Fuͤrſtlichen Raͤthe in das Gemach kommen, und
tragen ihnen mit nachdruͤcklichen und wehmuͤthigen
Worten vor, wie Dero Hochſeeliger Gemahl
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/566>, abgerufen am 22.11.2024.
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