Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Theil. I. Capitul.
sehr geschwächt worden, und mit seinen Untertha-
nen herunter kommen, so muß er auch bißweilen an
diesen oder jenen Ort, zu dieser oder jener Zeit eini-
gen Tort bey dem Range erdulten.

§. 5. Nicht weniger kommt bey dem Rangwe-
sen gar viel mit an auf die Tugenden, Weißheit,
Tapfferkeit, und andere Meriten eines grossen
Herrn, durch welche sich einer in Europa bey allen
Potentzen einen grossen Nahmen und besondern
Ruhm erworben, ingleichen auf das Lustre eines
Hauses, nachdem es sich durch Allianzen, Heyra-
then u. s. w. mit andern mächtigen und ansehnlichen
Puissancen verbunden, auf das besondere Staats-
Interesse, da manches hohes Hauß eines andern
Freundschafft, in Ansehung gegenwärtiger Con-
junctur
en sehr benöthiget, auf die Complaisance,
so ein Regent dem andern, oder dessen Familie,
oder Gesandten und Ministris erzeiget, und andere
dergleichen Umstände.

§. 6. Alles dieses hilfft nun zwar etwas mit-
würcken, daß manches Volck und mancher Regent
geneigter ist, diesen oder jenen grossen Herrn zu
mancher Zeit, und bey mancher Occasion bey dem
Range nachzugeben, inzwischen wird doch hie-
durch dem Range eines gewissen Hauses keine be-
ständige Ziel und Maaße gesetzt, sondern die Prae-
cedenz
wird gemeiniglich durch die Possess und Ob-
servanz
ausgemacht. Die erste und älteste Pos-
session
giebt, nach der Meynung der bewährtesten
Publicisten und Rechts-Lehrer, in dergleichen des

Vor-

II. Theil. I. Capitul.
ſehr geſchwaͤcht worden, und mit ſeinen Untertha-
nen herunter kommen, ſo muß er auch bißweilen an
dieſen oder jenen Ort, zu dieſer oder jener Zeit eini-
gen Tort bey dem Range erdulten.

§. 5. Nicht weniger kommt bey dem Rangwe-
ſen gar viel mit an auf die Tugenden, Weißheit,
Tapfferkeit, und andere Meriten eines groſſen
Herrn, durch welche ſich einer in Europa bey allen
Potentzen einen groſſen Nahmen und beſondern
Ruhm erworben, ingleichen auf das Luſtre eines
Hauſes, nachdem es ſich durch Allianzen, Heyra-
then u. ſ. w. mit andern maͤchtigen und anſehnlichen
Puiſſancen verbunden, auf das beſondere Staats-
Intereſſe, da manches hohes Hauß eines andern
Freundſchafft, in Anſehung gegenwaͤrtiger Con-
junctur
en ſehr benoͤthiget, auf die Complaiſance,
ſo ein Regent dem andern, oder deſſen Familie,
oder Geſandten und Miniſtris erzeiget, und andere
dergleichen Umſtaͤnde.

§. 6. Alles dieſes hilfft nun zwar etwas mit-
wuͤrcken, daß manches Volck und mancher Regent
geneigter iſt, dieſen oder jenen groſſen Herrn zu
mancher Zeit, und bey mancher Occaſion bey dem
Range nachzugeben, inzwiſchen wird doch hie-
durch dem Range eines gewiſſen Hauſes keine be-
ſtaͤndige Ziel und Maaße geſetzt, ſondern die Præ-
cedenz
wird gemeiniglich durch die Poſſeſs und Ob-
ſervanz
ausgemacht. Die erſte und aͤlteſte Pos-
ſeſſion
giebt, nach der Meynung der bewaͤhrteſten
Publiciſten und Rechts-Lehrer, in dergleichen des

Vor-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0366" n="342"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">I.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ehr ge&#x017F;chwa&#x0364;cht worden, und mit &#x017F;einen Untertha-<lb/>
nen herunter kommen, &#x017F;o muß er auch bißweilen an<lb/>
die&#x017F;en oder jenen Ort, zu die&#x017F;er oder jener Zeit eini-<lb/>
gen Tort bey dem Range erdulten.</p><lb/>
          <p>§. 5. Nicht weniger kommt bey dem Rangwe-<lb/>
&#x017F;en gar viel mit an auf die Tugenden, Weißheit,<lb/>
Tapfferkeit, und andere <hi rendition="#aq">Merit</hi>en eines gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Herrn, durch welche &#x017F;ich einer in Europa bey allen<lb/>
Potentzen einen gro&#x017F;&#x017F;en Nahmen und be&#x017F;ondern<lb/>
Ruhm erworben, ingleichen auf das <hi rendition="#aq">Lu&#x017F;tre</hi> eines<lb/>
Hau&#x017F;es, nachdem es &#x017F;ich durch <hi rendition="#aq">Allianz</hi>en, Heyra-<lb/>
then u. &#x017F;. w. mit andern ma&#x0364;chtigen und an&#x017F;ehnlichen<lb/><hi rendition="#aq">Pui&#x017F;&#x017F;anc</hi>en verbunden, auf das be&#x017F;ondere Staats-<lb/><hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;e,</hi> da manches hohes Hauß eines andern<lb/>
Freund&#x017F;chafft, in An&#x017F;ehung gegenwa&#x0364;rtiger <hi rendition="#aq">Con-<lb/>
junctur</hi>en &#x017F;ehr beno&#x0364;thiget, auf die <hi rendition="#aq">Complai&#x017F;ance,</hi><lb/>
&#x017F;o ein Regent dem andern, oder de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Familie,</hi><lb/>
oder Ge&#x017F;andten und <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;tris</hi> erzeiget, und andere<lb/>
dergleichen Um&#x017F;ta&#x0364;nde.</p><lb/>
          <p>§. 6. Alles die&#x017F;es hilfft nun zwar etwas mit-<lb/>
wu&#x0364;rcken, daß manches Volck und mancher Regent<lb/>
geneigter i&#x017F;t, die&#x017F;en oder jenen gro&#x017F;&#x017F;en Herrn zu<lb/>
mancher Zeit, und bey mancher <hi rendition="#aq">Occa&#x017F;ion</hi> bey dem<lb/>
Range nachzugeben, inzwi&#x017F;chen wird doch hie-<lb/>
durch dem Range eines gewi&#x017F;&#x017F;en Hau&#x017F;es keine be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndige Ziel und Maaße ge&#x017F;etzt, &#x017F;ondern die <hi rendition="#aq">Præ-<lb/>
cedenz</hi> wird gemeiniglich durch die <hi rendition="#aq">Po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;s</hi> und <hi rendition="#aq">Ob-<lb/>
&#x017F;ervanz</hi> ausgemacht. Die er&#x017F;te und a&#x0364;lte&#x017F;te <hi rendition="#aq">Pos-<lb/>
&#x017F;e&#x017F;&#x017F;ion</hi> giebt, nach der Meynung der bewa&#x0364;hrte&#x017F;ten<lb/><hi rendition="#aq">Publici</hi>&#x017F;ten und Rechts-Lehrer, in dergleichen des<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Vor-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0366] II. Theil. I. Capitul. ſehr geſchwaͤcht worden, und mit ſeinen Untertha- nen herunter kommen, ſo muß er auch bißweilen an dieſen oder jenen Ort, zu dieſer oder jener Zeit eini- gen Tort bey dem Range erdulten. §. 5. Nicht weniger kommt bey dem Rangwe- ſen gar viel mit an auf die Tugenden, Weißheit, Tapfferkeit, und andere Meriten eines groſſen Herrn, durch welche ſich einer in Europa bey allen Potentzen einen groſſen Nahmen und beſondern Ruhm erworben, ingleichen auf das Luſtre eines Hauſes, nachdem es ſich durch Allianzen, Heyra- then u. ſ. w. mit andern maͤchtigen und anſehnlichen Puiſſancen verbunden, auf das beſondere Staats- Intereſſe, da manches hohes Hauß eines andern Freundſchafft, in Anſehung gegenwaͤrtiger Con- juncturen ſehr benoͤthiget, auf die Complaiſance, ſo ein Regent dem andern, oder deſſen Familie, oder Geſandten und Miniſtris erzeiget, und andere dergleichen Umſtaͤnde. §. 6. Alles dieſes hilfft nun zwar etwas mit- wuͤrcken, daß manches Volck und mancher Regent geneigter iſt, dieſen oder jenen groſſen Herrn zu mancher Zeit, und bey mancher Occaſion bey dem Range nachzugeben, inzwiſchen wird doch hie- durch dem Range eines gewiſſen Hauſes keine be- ſtaͤndige Ziel und Maaße geſetzt, ſondern die Præ- cedenz wird gemeiniglich durch die Poſſeſs und Ob- ſervanz ausgemacht. Die erſte und aͤlteſte Pos- ſeſſion giebt, nach der Meynung der bewaͤhrteſten Publiciſten und Rechts-Lehrer, in dergleichen des Vor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/366
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/366>, abgerufen am 17.05.2024.