Medicis noch von andern recht deutlich gesagt und entdeckt, sondern können die Schmeicheley vertra- gen, biß ihnen die Seele von dem Cörper getrennet wird, andere aber sind bey ihren Tode gantz getrost, und befehlen den Medicis an, wo sie ihren nahen Todt nicht selbst bey sich fühlen, daß sie ihnen die wahre Beschaffenheit ihrer Kranckheit entdecken sollen. Also sagte der theure Churfürst zu Sach- sen Johann Fridrich kurtz vor seinem Ende wieder die Medicos; Jsts gefährlich, so sagt mirs, denn ich fürchte mich GOtt Lob vor dem Tode gar nicht. S. den wahrhafften Bericht von Churfürstens Jo- hann Fridrichs Absterben in den Bustis Electorum Saxoniae des Hrn. M. Hausens p. 184.
§. 9. Mehrentheils können die Hochfürstlichen sterbenden Persohnen auf ihren Sterbe-Betten das Weinen so wenig vertragen, als andere, und sprechen nicht selten, denen die sie hinter sich lassen vor ihrem Ende selbst den Trost zu. Als die Ge- mahlin des Churfürstens zu Sachsen Christiani I. weinete, so tröstete sie der gottseelige Churfürst: Ach was weinest du, was bist du für eine Christin, du verlierest mich ja nicht, sondern ich entferne mich nur eine Zeitlang von dir, gönnest du mir die See- ligkeit nicht.
§. 10. Sie nehmen bißweilen von ihrer gantzen Familie, von ihrer Hofstatt, von denen Ministris und Bedienten, auch wohl von denen anwesenden vornehmsten Reichs- und Land-Ständen bewegli- chen Abschied, sie erkennen und beweinen ihre Feh-
ler,
I. Theil. XVI. Capitul.
Medicis noch von andern recht deutlich geſagt und entdeckt, ſondern koͤnnen die Schmeicheley vertra- gen, biß ihnen die Seele von dem Coͤrper getrennet wird, andere aber ſind bey ihren Tode gantz getroſt, und befehlen den Medicis an, wo ſie ihren nahen Todt nicht ſelbſt bey ſich fuͤhlen, daß ſie ihnen die wahre Beſchaffenheit ihrer Kranckheit entdecken ſollen. Alſo ſagte der theure Churfuͤrſt zu Sach- ſen Johann Fridrich kurtz vor ſeinem Ende wieder die Medicos; Jſts gefaͤhrlich, ſo ſagt mirs, denn ich fuͤrchte mich GOtt Lob vor dem Tode gar nicht. S. den wahrhafften Bericht von Churfuͤrſtens Jo- hann Fridrichs Abſterben in den Buſtis Electorum Saxoniæ des Hrn. M. Hauſens p. 184.
§. 9. Mehrentheils koͤnnen die Hochfuͤrſtlichen ſterbenden Perſohnen auf ihren Sterbe-Betten das Weinen ſo wenig vertragen, als andere, und ſprechen nicht ſelten, denen die ſie hinter ſich laſſen vor ihrem Ende ſelbſt den Troſt zu. Als die Ge- mahlin des Churfuͤrſtens zu Sachſen Chriſtiani I. weinete, ſo troͤſtete ſie der gottſeelige Churfuͤrſt: Ach was weineſt du, was biſt du fuͤr eine Chriſtin, du verliereſt mich ja nicht, ſondern ich entferne mich nur eine Zeitlang von dir, goͤnneſt du mir die See- ligkeit nicht.
§. 10. Sie nehmen bißweilen von ihrer gantzen Familie, von ihrer Hofſtatt, von denen Miniſtris und Bedienten, auch wohl von denen anweſenden vornehmſten Reichs- und Land-Staͤnden bewegli- chen Abſchied, ſie erkennen und beweinen ihre Feh-
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I. Theil. XVI. Capitul.
Medicis noch von andern recht deutlich geſagt und
entdeckt, ſondern koͤnnen die Schmeicheley vertra-
gen, biß ihnen die Seele von dem Coͤrper getrennet
wird, andere aber ſind bey ihren Tode gantz getroſt,
und befehlen den Medicis an, wo ſie ihren nahen
Todt nicht ſelbſt bey ſich fuͤhlen, daß ſie ihnen die
wahre Beſchaffenheit ihrer Kranckheit entdecken
ſollen. Alſo ſagte der theure Churfuͤrſt zu Sach-
ſen Johann Fridrich kurtz vor ſeinem Ende wieder
die Medicos; Jſts gefaͤhrlich, ſo ſagt mirs, denn
ich fuͤrchte mich GOtt Lob vor dem Tode gar nicht.
S. den wahrhafften Bericht von Churfuͤrſtens Jo-
hann Fridrichs Abſterben in den Buſtis Electorum
Saxoniæ des Hrn. M. Hauſens p. 184.
§. 9. Mehrentheils koͤnnen die Hochfuͤrſtlichen
ſterbenden Perſohnen auf ihren Sterbe-Betten
das Weinen ſo wenig vertragen, als andere, und
ſprechen nicht ſelten, denen die ſie hinter ſich laſſen
vor ihrem Ende ſelbſt den Troſt zu. Als die Ge-
mahlin des Churfuͤrſtens zu Sachſen Chriſtiani I.
weinete, ſo troͤſtete ſie der gottſeelige Churfuͤrſt:
Ach was weineſt du, was biſt du fuͤr eine Chriſtin,
du verliereſt mich ja nicht, ſondern ich entferne mich
nur eine Zeitlang von dir, goͤnneſt du mir die See-
ligkeit nicht.
§. 10. Sie nehmen bißweilen von ihrer gantzen
Familie, von ihrer Hofſtatt, von denen Miniſtris
und Bedienten, auch wohl von denen anweſenden
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/300>, abgerufen am 22.11.2024.
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