äusserliches Zeichen, so in die Sinnen fällt, sich ge- wisser Pflichten erinnern sollen. Man hat aber nachgehends das Hauptwerck vergessen, und bloß das Nebenwerck behalten; man siehet auf das Zei- chen, und weiß doch nicht was dadurch angedeutet werden soll. Diese oder jene Handlung ist nun einmahl so mode, sie ist von alten Zeiten her biß auf die jetzigen so beobachtet worden, und also macht man sie mit, sie mag bedeuten was sie will.
§. 4. Viel Ceremonien sind nach der Beschaf- fenheit der damahligen Zeiten mit gutem Grunde angeordnet worden, die aber bey der gegenwärti- gen Verfassung eines Landes oder Republic, weil die raison davon gantz und gar wegfält, in der That vor einfältig und unvernünfftig anzusehen. Es ge- het damit, wie mit der application mancher Römi- schen Gesetze in Teutschland. Viel Römische Ge- setze sind höchst vernünfftig in Absicht auf die Rö- mische Verfassung, schicken sich aber im geringsten nicht vor unsere ietzige Beschaffenheit in Teutsch- land.
§. 5. Manche Ceremonien sind auch nach ih- rem Ursprunge lächerlich, die Gelegenheit dazu ist wunder seltzam und bißweilen nicht allzu rühmlich/ und wenn ein Geschichtschreiber dieselbige entdecken wolte und könte, so würde er sich bey manchen so we- nig merita machen, als sich einer um ein adelich Ge- schlecht verdient machen würde, wenn er der Welt public machte, warum und bey was vor Gelegen- heit sie dieses oder jenes Stück in ihre Wappen be- kommen hätten.
§. 6.
A 2
Von dem Staats-Ceremoniel uͤberhaupt.
aͤuſſerliches Zeichen, ſo in die Sinnen faͤllt, ſich ge- wiſſer Pflichten erinnern ſollen. Man hat aber nachgehends das Hauptwerck vergeſſen, und bloß das Nebenwerck behalten; man ſiehet auf das Zei- chen, und weiß doch nicht was dadurch angedeutet werden ſoll. Dieſe oder jene Handlung iſt nun einmahl ſo mode, ſie iſt von alten Zeiten her biß auf die jetzigen ſo beobachtet worden, und alſo macht man ſie mit, ſie mag bedeuten was ſie will.
§. 4. Viel Ceremonien ſind nach der Beſchaf- fenheit der damahligen Zeiten mit gutem Grunde angeordnet worden, die aber bey der gegenwaͤrti- gen Verfaſſung eines Landes oder Republic, weil die raiſon davon gantz und gar wegfaͤlt, in der That vor einfaͤltig und unvernuͤnfftig anzuſehen. Es ge- het damit, wie mit der application mancher Roͤmi- ſchen Geſetze in Teutſchland. Viel Roͤmiſche Ge- ſetze ſind hoͤchſt vernuͤnfftig in Abſicht auf die Roͤ- miſche Verfaſſung, ſchicken ſich aber im geringſten nicht vor unſere ietzige Beſchaffenheit in Teutſch- land.
§. 5. Manche Ceremonien ſind auch nach ih- rem Urſprunge laͤcherlich, die Gelegenheit dazu iſt wunder ſeltzam und bißweilen nicht allzu ruͤhmlich/ und wenn ein Geſchichtſchreiber dieſelbige entdecken wolte und koͤnte, ſo wuͤꝛde er ſich bey manchen ſo we- nig merita machen, als ſich einer um ein adelich Ge- ſchlecht verdient machen wuͤrde, wenn er der Welt public machte, warum und bey was vor Gelegen- heit ſie dieſes oder jenes Stuͤck in ihre Wappen be- kommen haͤtten.
§. 6.
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Von dem Staats-Ceremoniel uͤberhaupt.
aͤuſſerliches Zeichen, ſo in die Sinnen faͤllt, ſich ge-
wiſſer Pflichten erinnern ſollen. Man hat aber
nachgehends das Hauptwerck vergeſſen, und bloß
das Nebenwerck behalten; man ſiehet auf das Zei-
chen, und weiß doch nicht was dadurch angedeutet
werden ſoll. Dieſe oder jene Handlung iſt nun
einmahl ſo mode, ſie iſt von alten Zeiten her biß auf
die jetzigen ſo beobachtet worden, und alſo macht
man ſie mit, ſie mag bedeuten was ſie will.
§. 4. Viel Ceremonien ſind nach der Beſchaf-
fenheit der damahligen Zeiten mit gutem Grunde
angeordnet worden, die aber bey der gegenwaͤrti-
gen Verfaſſung eines Landes oder Republic, weil
die raiſon davon gantz und gar wegfaͤlt, in der That
vor einfaͤltig und unvernuͤnfftig anzuſehen. Es ge-
het damit, wie mit der application mancher Roͤmi-
ſchen Geſetze in Teutſchland. Viel Roͤmiſche Ge-
ſetze ſind hoͤchſt vernuͤnfftig in Abſicht auf die Roͤ-
miſche Verfaſſung, ſchicken ſich aber im geringſten
nicht vor unſere ietzige Beſchaffenheit in Teutſch-
land.
§. 5. Manche Ceremonien ſind auch nach ih-
rem Urſprunge laͤcherlich, die Gelegenheit dazu iſt
wunder ſeltzam und bißweilen nicht allzu ruͤhmlich/
und wenn ein Geſchichtſchreiber dieſelbige entdecken
wolte und koͤnte, ſo wuͤꝛde er ſich bey manchen ſo we-
nig merita machen, als ſich einer um ein adelich Ge-
ſchlecht verdient machen wuͤrde, wenn er der Welt
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heit ſie dieſes oder jenes Stuͤck in ihre Wappen be-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/27>, abgerufen am 25.11.2024.
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