nebst andern mit aufgehabenen Händen noch für dem Tisch stehen und bethen müssen.
§. 24. Die Reisen in fremde Länder, wenn sie mit guter Precaution, und unter der Direction ei- nes christlichen, tugendhafften und welt-klugen Hofmeisters geschehen, contribuiren gar vieles, um einen Fürsten qualificirter und vollkommener zu machen; hingegen ist es aber auch gewiß ge- nug, daß sie manchmahl einem Printzen nicht al- lein gar keinen Nutzen zuwege bringen, sondern auch manchen jungen Herrn mehr schädlich, als nützlich sind. Fürst Johann Ludwig zu Anhalt ge- dachte einstens, daß er nicht wüste warum man die edle Zeit mit dem guten Gelde durch die Reisen nach Franckreich so verwitterte, und offt nicht mehr als etwan ein paar Französische Täntze, oder die Fähigkeit auf einigen abgerichteten und sich selbst exercirenden Pferden zu reiten, mit heraus ge- bracht, oder wohl gar bloß eine Mode mit den Schneidern abgesehen hätte, da wir doch in Teutschland in Wissenschafften und Exercitien die geschicktesten Köpffe und Meister hätten, und also nicht erst nach Franckreich reisen dürfften. S. Beck- mans Anhält. Geschichte V. Th. p. 446.
§. 25. Die Hoch-Fürstlichen Printzen reisen bißweilen öffentlich nach ihrem ihnen angebohrnen Stande, meistentheils aber incognito als Grafen und Barons, theils zur Erspahrung der Unkosten, theils auch einigen verdrüßlichen Rang-Ceremo- niellen und Streitigkeiten zu entgehen. Unter die-
sem
O 2
Von Auferziehung der Fuͤrſtl. Printzen.
nebſt andern mit aufgehabenen Haͤnden noch fuͤr dem Tiſch ſtehen und bethen muͤſſen.
§. 24. Die Reiſen in fremde Laͤnder, wenn ſie mit guter Precaution, und unter der Direction ei- nes chriſtlichen, tugendhafften und welt-klugen Hofmeiſters geſchehen, contribuiren gar vieles, um einen Fuͤrſten qualificirter und vollkommener zu machen; hingegen iſt es aber auch gewiß ge- nug, daß ſie manchmahl einem Printzen nicht al- lein gar keinen Nutzen zuwege bringen, ſondern auch manchen jungen Herrn mehr ſchaͤdlich, als nuͤtzlich ſind. Fuͤrſt Johann Ludwig zu Anhalt ge- dachte einſtens, daß er nicht wuͤſte warum man die edle Zeit mit dem guten Gelde durch die Reiſen nach Franckreich ſo verwitterte, und offt nicht mehr als etwan ein paar Franzoͤſiſche Taͤntze, oder die Faͤhigkeit auf einigen abgerichteten und ſich ſelbſt exercirenden Pferden zu reiten, mit heraus ge- bracht, oder wohl gar bloß eine Mode mit den Schneidern abgeſehen haͤtte, da wir doch in Teutſchland in Wiſſenſchafften und Exercitien die geſchickteſten Koͤpffe und Meiſter haͤtten, und alſo nicht erſt nach Franckreich reiſen duͤrfften. S. Beck- mans Anhaͤlt. Geſchichte V. Th. p. 446.
§. 25. Die Hoch-Fuͤrſtlichen Printzen reiſen bißweilen oͤffentlich nach ihrem ihnen angebohrnen Stande, meiſtentheils aber incognito als Grafen und Barons, theils zur Erſpahrung der Unkoſten, theils auch einigen verdruͤßlichen Rang-Ceremo- niellen und Streitigkeiten zu entgehen. Unter die-
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Von Auferziehung der Fuͤrſtl. Printzen.
nebſt andern mit aufgehabenen Haͤnden noch fuͤr
dem Tiſch ſtehen und bethen muͤſſen.
§. 24. Die Reiſen in fremde Laͤnder, wenn ſie
mit guter Precaution, und unter der Direction ei-
nes chriſtlichen, tugendhafften und welt-klugen
Hofmeiſters geſchehen, contribuiren gar vieles,
um einen Fuͤrſten qualificirter und vollkommener
zu machen; hingegen iſt es aber auch gewiß ge-
nug, daß ſie manchmahl einem Printzen nicht al-
lein gar keinen Nutzen zuwege bringen, ſondern
auch manchen jungen Herrn mehr ſchaͤdlich, als
nuͤtzlich ſind. Fuͤrſt Johann Ludwig zu Anhalt ge-
dachte einſtens, daß er nicht wuͤſte warum man die
edle Zeit mit dem guten Gelde durch die Reiſen
nach Franckreich ſo verwitterte, und offt nicht mehr
als etwan ein paar Franzoͤſiſche Taͤntze, oder die
Faͤhigkeit auf einigen abgerichteten und ſich ſelbſt
exercirenden Pferden zu reiten, mit heraus ge-
bracht, oder wohl gar bloß eine Mode mit den
Schneidern abgeſehen haͤtte, da wir doch in
Teutſchland in Wiſſenſchafften und Exercitien die
geſchickteſten Koͤpffe und Meiſter haͤtten, und alſo
nicht erſt nach Franckreich reiſen duͤrfften. S. Beck-
mans Anhaͤlt. Geſchichte V. Th. p. 446.
§. 25. Die Hoch-Fuͤrſtlichen Printzen reiſen
bißweilen oͤffentlich nach ihrem ihnen angebohrnen
Stande, meiſtentheils aber incognito als Grafen
und Barons, theils zur Erſpahrung der Unkoſten,
theils auch einigen verdruͤßlichen Rang-Ceremo-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/235>, abgerufen am 21.11.2024.
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